Wer möchte ihn nicht missen, den Duft von frischem Kaffee am Morgen? Kaffee weckt die Lebensgeister, er schenkt kleine Auszeiten im Alltag. Entsprechend groß ist das Entsetzen, wenn die Kaffeebüchse im Büro oder zu Hause leer ist, weil niemand daran gedacht hat, Nachschub zu kaufen. All das macht den Kaffee zu einer Art Grundnahrungsmittel, unverzichtbar und selbstverständlich zugleich.
Dabei wird leicht vergessen, dass das nicht immer so war. Der Ursprung der Pflanze wird in Äthiopien und anderen afrikanischen Ländern verortet. Im arabischen Raum hatte sich das Getränk längst etabliert, bevor es im 18. Jahrhundert auch nach Europa gelangte und erste Kaffeehäuser eröffneten, von Venedig bis London.
Kaffee kam, wie viele andere Güter, erst durch die Kolonialisierung auf die Märkte in Europa, der Sklavenhandel spielte dabei eine entscheidende Rolle. Anfangs waren sie noch Luxusprodukte und vor allem dem Adel vorbehalten. Doch mit dem sich verbreitenden Anbau in Südamerika, Asien und Afrika wurde auch Kaffee bald zur Massenware – und einem gefragten Handelsgut. Schon Friedrich der Große erkannte, dass sich damit ein gutes Geschäft machen lässt. Erst erhob er eine Luxussteuer, später verfügte er, dass nur staatliche Röstereien die grünen Bohnen verarbeiten dürfen.
Heute kommen die Bohnen aus aller Welt. Und Verbraucher haben sich daran gewöhnt, dass sie allseits verfügbar und oft sehr günstig zu haben sind. Eine Garantie, dass das in Zukunft so bleiben wird, gibt es freilich nicht. Verbraucher spüren das bereits, die Kaffeepreise haben zuletzt deutlich angezogen. Händler und Röster warnen, dass Kaffee auf lange Sicht knapper und teurer werden wird.

Lebensmittel:Warum Kaffee und Schokolade immer teurer werden
Die Rohstoffe Kaffee und Kakao kosten so viel wie noch nie und eine Besserung ist nicht in Sicht. Schuld daran sind nicht nur Spekulanten. Die eigentliche Ursache liegt tiefer – und wird alle Verbraucher treffen.
Weitere Indizien liefert der Blick an die Rohstoffbörsen: Die steigenden Notierungen an den Rohstoffbörsen und leere Warenlager zeigen, dass ein tiefgreifender Wandel bereits im Gange ist. Allein im vergangenen Jahr stiegen die Kurse der wichtigsten Kaffeesorte Arabica um fast 70 Prozent. Seit Anfang 2025 kam noch einmal ein Plus von 25 Prozent dazu. Ähnliches gilt auch für andere Produkte wie Kakao und die daraus hergestellte Schokolade.
Nahrungsmittel aus fernen Ländern gehören zur alltäglichen Ernährung. Doch ihre Produktion steht immer mehr unter Druck, und das gleich von mehreren Seiten. Was heute noch wie selbstverständlich auf dem Esstisch steht, könnte wieder zu dem Luxusprodukt werden, das es ursprünglich einmal war.
Warum ist das so? Die Antwort erscheint auf den ersten Blick simpel: Die Nachfrage übersteigt zunehmend das Angebot, weil immer mehr Menschen ihren Teil abhaben wollen. Gemeint sind damit Konsumenten in China, Indien und weiteren Ländern, in denen der Wohlstand wächst. Die ganze Welt giert nach exotischen Früchten und anderen kulinarischen Schätzen, und immer mehr Menschen können sich das auch leisten. Aber das ist nur ein Teil der Erklärung.
Die Grenzen des Planeten werden ignoriert
Das Angebot und die Frage des Preises sind eng verknüpft mit der Größe des Planeten. Dieser wird nicht größer, indem man seine Grenzen und die Klimakrise ignoriert, wie neuerdings von US-Präsident Donald Trump gewünscht. Seit 3. Mai leben etwa die Deutschen sozusagen auf Pump, schon jetzt ist die Menge an natürlichen Ressourcen verbraucht, die ökologisch gesehen für das ganze Jahr zur Verfügung steht. Das geht auf Kosten jener Länder, etwa Indonesien oder Ghana, die deutlich weniger beanspruchen. Wären alle Nationen so verschwenderisch wie die deutsche, würden wir jährlich drei Erden verbrauchen. Die Produktion von Kaffee, Kakao und Co. ist örtlich begrenzt. Die Pflanzen gedeihen nur unter bestimmten klimatischen Bedingungen. Kaffeepflanzen brauchen ein konstantes Klima, zu viel Hitze wie auch Frost schaden ihnen, deshalb werden sie vor allem in Äquatornähe angebaut. Kakao hingegen wächst nur in tropischen Regionen. Und diese stehen durch die Klimakrise und das Abholzen von Regenwäldern besonders unter Druck. Extreme Wetterphänomene wie Trockenheit, Überflutungen und Stürme nehmen stark zu und dezimieren die Ernten. Hinzu kommt die wachsende Konkurrenz um tropische Anbauflächen, auf denen zum Beispiel auch weltweit gefragtes Palmöl erzeugt wird – ein wichtiger und billiger Bestandteil in beliebten Produkten wie Nutella.
Selbst die Banane, eine der beliebtesten Obstsorten und eine der ältesten Kulturpflanzen, steht vor einer ungewissen Zukunft. Die ersten Früchte kamen Ende des 19. Jahrhunderts mit Kühlschiffen in Norddeutschland an. Später unterbanden die Nationalsozialisten den Import, die Deutschen sollten heimische Äpfel essen. Doch das vergrößerte die Sehnsucht nach der verbotenen Frucht nur. Nach dem Zweiten Weltkrieg schoss die Nachfrage steil nach oben.
Heute ist Deutschland einer der größten Abnehmer von Bananen in der Europäischen Union, 1,36 Millionen Tonnen wurden im vergangenen Jahr eingeführt. Deutsche Lebensmittelhändler liefern sich regelmäßig Preisschlachten um die gelbe Frucht. Die drückten den Kilopreis innerhalb der vergangenen Monate sogar zeitweise unter die Ein-Euro-Marke. Ein Preis, der keinesfalls angemessen ist, wie der Blick in die Anbauregionen deutlich macht.
Die Banane wurde in den vergangenen Jahrzehnten buchstäblich in die Sackgasse gezüchtet. Obwohl es insgesamt um die tausend Bananensorten geben soll, konzentriert sich der Massenanbau auf eine einzige Sorte: die Cavendish-Banane. Sie wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts in den Gewächshäusern eines britischen Adeligen gezüchtet. Was heute auf den Plantagen rund um den Globus wächst, sind Klone dieser Pflanze, also genetisch identische Kopien, was eine Weiterzucht unmöglich macht. Hinzu kommt: Bananenpflanzen benötigen viele Nährstoffe zum Wachsen. Böden werden so stark ausgelaugt, dass in der Regel nach 20 Jahren Plantagen auf andere Flächen verlegt werden müssen.
Nur rächt sich der Ansatz, auf Monokultur statt auf Sortenvielfalt zu setzen. Schädlinge und Pilzerkrankungen haben sich unter diesen Bedingungen stark ausgebreitet. Künftige Bananenernten sind mehr denn je gefährdet. Züchter versuchen unter Hochdruck, auch mithilfe von Gentechnik, widerstandsfähige Bananensorten zu züchten. Doch schnelle Lösungen sind derzeit eher nicht in Sicht. Für Verbraucher bedeutet das, Niedrigpreise für Bananen sind keinesfalls gesichert.
Nachhaltigkeit ist kein Firlefanz, sondern ökonomisch notwendig
Im Kampf gegen die multiplen Krisen hilft nur eines: ein sorgsamer Umgang mit Böden, Wasser und sozialverträgliche Anbaubedingungen. Denn es sind nach wie vor Kleinbauern, die einen Großteil der weltweiten Kaffee- und Kakaoproduktion liefern. Sie sind zugleich das schwächste Glied in der Lieferkette. Sie sind nicht nur Wetterextremen ausgeliefert, sondern oft genug auch von willkürlichen staatlichen Übergriffen und politischen Unruhen bedroht, im schlimmsten Fall droht die Vertreibung.
Nachhaltigkeit muss daher auch weiterhin Priorität haben. Doch genau das steht plötzlich infrage. Das zeigt auch eine aktuelle Umfrage des Zentrums für nachhaltige Unternehmensführung und der Lebensmittel Zeitung. Zwar ist Nachhaltigkeit im Handel weiterhin wichtig, doch sie wird zunehmend als Belastung gesehen. 70 Prozent der befragten Hersteller begründen dies mit geringer Zahlungsbereitschaft der Kunden, bei den Händlern sind es 58 Prozent. Das von der deutschen Politik gerade beerdigte Lieferkettengesetz wird von vielen bejubelt.
Die Botschaft, die zwischen den Zeilen deutlich zu lesen ist: Nachhaltigkeit ist verzichtbar, wenn die Zeiten schwierig werden. Wenn das mal kein Fehler ist!
Mit einer Vogel-Strauß-Taktik à la Trump verschwinden all diese Probleme nicht einfach. Im Gegenteil: Werden ökologische und soziale Ziele für nachrangig erachtet oder ganz aufgegeben, steht auch das bereits Erreichte zur Disposition. Mit der Folge, dass sich die Verhältnisse in den Anbaugebieten rund um den Globus drastisch verschlechtern. Hinzu kommt der wachsende Protektionismus, verursacht durch die America-First-Politik, die den Welthandel zunehmend belastet. Noch sind Lebensmittel wie Kaffee, Kakao oder Bananen nicht von horrenden Zöllen bedroht, aber das kann sich schnell ändern, wie die Erfahrung der zurückliegenden Wochen zeigt.
Tatsache ist: Der Druck kommt von allen Seiten und er wird stärker. Produkte wie Kaffee, Kakao und Bananen sind auch ein Spiegel des Zustands der Welt. Die Klimakrise zeigt sich immer härter, in ihrem Gefolge mehren sich politische Verwerfungen, Krieg und Vertreibung.
Deutsche Verbraucher profitieren beim Einkaufen von Frieden und freiem Welthandel, doch beides ist in Gefahr. Und das hat auch Folgen für den Speiseplan. Es könnte sich schon bald zeigen, dass die scheinbar grenzenlose und günstige Verfügbarkeit von Lebensmitteln, die aus anderen Regionen der Welt kommen, kein garantierter Dauerzustand ist. Am Ende ist es immer der Preis, der die Nachfrage regelt, und was in vergangenen Zeiten einmal als Luxus galt, könnte es auch wieder werden.
Doch Konsumenten haben mit ihren Kaufentscheidungen durchaus Einfluss darauf, wie sich die Dinge in den Produktionsländern entwickeln – und können damit auf lange Sicht auch sich selbst helfen. Ein großer Teil der Hersteller hat in den vergangenen Jahren viel getan, um Lieferketten nachhaltiger und transparent zu machen. Wer das beim Einkauf honoriert, trägt dazu bei, diese Unternehmen mit ihren Zielen auf Kurs zu halten. Damit sind nicht alle Probleme gelöst, doch das ist ein wichtiges Signal der Vernunft. Denn Nachhaltigkeit ist keinesfalls verzichtbarer Firlefanz, sondern auf lange Sicht eine ökonomische Notwendigkeit.