Juristische Folgen:Siemens droht Millionenklage wegen BenQ-Mobile-Pleite

Neuer Ärger für Siemens: Neben der Korruptionsaffäre und dem Streit über den Stellenabbau könnten nun auch noch juristische Konsequenzen wegen der Pleite seiner ehemaligen Handy-Sparte BenQ-Mobile folgen.

Markus Balser

Neben der milliardenschweren Korruptionsaffäre und dem Stellenstreit droht dem Technologiekonzern Siemens nun auch noch Ärger wegen der Pleite seiner ehemaligen Handysparte BenQ Mobile. Insolvenzverwalter Prager plant juristische Schritte gegen den Konzern.

Eine "umfangreiche Klage" sei in Vorbereitung, geht aus einem Schreiben Pragers an das Amtsgericht in München hervor, das der SZ vorliegt. Den Angaben zufolge geht es um eine dreistellige Millionensumme.

Prager hatte die Forderungen gegen Siemens in einem früheren Insolvenzgutachten auf etwa hundert Millionen Euro beziffert und erklärt, es seien im Zusammenhang mit dem Ausgliederungsvertrag an den taiwanesischen Konzern BenQ eine Reihe von Bewertungsfragen offen.

"Wir untersuchen auch den Zeitraum vor Mai"

Die Gespräche zwischen Prager und dem Konzern über eine außergerichtliche Lösung waren nach SZ-Informationen zuletzt ins Stocken geraten. Eine Sprecherin Pragers wollte sich zur Höhe der Forderungen nicht äußern. Siemens hatte den verlustreichen Bereich 2005 mit Millionenmitgift an den BenQ-Konzern verschenkt. Das Vorgehen des Konzerns war damals hart kritisiert worden.

Nach SZ-Informationen fördert Pragers Aufarbeitung der Pleite einen brisanten Verdacht zu Tage. Nach monatelanger Prüfung geht der Verwalter davon aus, dass der letzte deutsche Handyhersteller bereits fünf Monate vor dem offiziellen Insolvenzantrag zahlungsunfähig gewesen sei.

"Ich bin nach eingehender Untersuchung sicher, dass BenQ Mobile mindestens schon am 1. Mai zahlungsunfähig war", sagte Prager der SZ. "Unsere Unterlagen sprechen eine deutliche Sprache. Wir haben viele Argumente auf unserer Seite." Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung könnten damit neue Nahrung erhalten.

Möglicherweise reiche der Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit sogar noch weiter zurück, sagt Prager. "Wir untersuchen auch den Zeitraum vor Mai", bestätigte er der SZ. Die Pleite war bereits Ende 2006 ins Visier der Münchner Staatsanwaltschaft geraten. Dabei ging es um den Verdacht der verspäteten Insolvenzantragstellung und verschiedene Bankrottdelikte.

Die Fahnder wollten klären, ob frühere Manager bereits Wochen vor der Pleite von gravierenden Finanzproblemen erfahren und die Zahlungsschwierigkeiten verschwiegen haben. Nach SZ-Informationen verfolgt die Staatsanwaltschaft die Untersuchung Pragers und will für die eigenen Ermittlungen auch die Erkenntnisse des Insolvenzverwalters nutzen. Die ehemalige BenQ-Mobile-Führung war am Freitag für einen Kommentar nicht zu erreichen.

Eine frühere Pleite könnte auch finanzielle Konsequenzen für die ehemalige Konzernmutter BenQ haben. Denn bislang fordert Prager wegen fragwürdiger Zahlungsströme 108 Millionen Euro von dem Konzern aus Taiphe. Je nach Zeitpunkt der Pleite könnte die Forderung auf mehr als eine halbe Milliarde Euro steigen, hieß es am Freitag weiter.

Die Pleite von BenQ Mobile gilt als eine der größten in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Mehr als 3000 Beschäftigte verloren nach der Insolvenz im Jahr 2006 ihren Arbeitsplatz. Der Schuldenberg des Geschäfts ist riesig: Gläubiger fordern insgesamt etwa 1,2 Milliarden Euro.

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