Süddeutsche Zeitung

Juncker über Griechenland:"Varoufakis hilft dem Prozess nicht"

  • EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker übt Kritik am griechischen Finanzminister. Varoufakis' Agieren sei in den Verhandlungen mit den Kreditgebern nicht hilfreich.
  • Varoufakis bringt in Athen neue Wege ins Spiel, Gelder einzunehmen. So will er Inhaber von Schwarzgeldkonten mit einem Straferlass locken.
  • Seine Idee, Abhebungen an Geldautomaten kostenpflichtig zu machen, nimmt er kurz darauf aber wieder zurück.

Kritik aus Brüssel

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kritisiert die Rolle des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis im Schuldenstreit. "Er hilft dem Prozess nicht", sagte Juncker der Nachrichtenagentur MNSI. "Varoufakis ist der Finanzminister eines Landes, das großen Problemen gegenübersteht. Er macht nicht den Eindruck, als ob er das wüsste."

Mehr Vertrauen setzt Juncker in den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras. "Ich finde ihn sehr sympathisch, sehr konstruktiv - und ich habe eine sehr freundschaftliche Beziehung zu ihm." Tsipras' linke Syriza bezeichnete der Kommissionspräsident als "keine normale Partei". Dieser traue er nicht, da es innerhalb von Syriza einen ganzen Mix an unterschiedlichen Tendenzen gebe.

Straferlass für Besitzer von Schwarzgeld angekündigt

In Athen erklärte Varoufakis gegenüber Journalisten, dass Griechenland Inhaber von Schwarzgeldkonten mit einem Straferlass locken wolle. Wer das Geld noch anmelde, könne es retten, betonte der Finanzminister. Geld von Auslandskonten soll einmalig mit 15 Prozent, Geld von Inlandskonten mit 30 Prozent besteuert werden. Varoufakis kündigte eine baldige Entscheidung der Regierung an.

Zudem gab der Finanzminister weitere Pläne bekannt, um die leeren Staatskassen zu füllen. So könnten Besitzer von neuen, umweltfreundlichen Autos, die bislang von der Steuer ausgenommen waren, zur Kasse gebeten werden. Die Ankündigung einer kleinen Gebühr für Abhebungen von Geldautomaten nahm das Finanzministerium nach kurzer Zeit wieder zurück. Athen lehne dies ab, hieß es nun in einer Mitteilung.

Varoufakis lehnt harte Sparziele ab

Varoufakis zufolge kann die Regierung die geplanten Reformen nur bei einem Verzicht auf harte Sparmaßnahmen durchziehen. Bestimmte Vorhaben könnten nicht erreicht werden, wenn die geforderten "unerträglich hohen" Ziele für einen Primärüberschuss - der Staatshaushalt ohne Zinskosten - bestehen blieben, schrieb Varoufakis in einem Gastbeitrag für die italienische Tageszeitung Il Sole 24 Ore. "Unsere Regierung kann und wird nicht ein Heilverfahren über fünf Jahre akzeptieren, das sich als schlimmer als die Krankheit erwiesen hat." Dem Vertreter der Euro-Zone zufolge würden die Geldgeber auch einen Primärüberschuss von 1 bis 1,5 Prozent akzeptieren, wenn die Regierung in Athen zu mehr Anstrengungen bereit sei, um dieses Ziel zu erreichen.

Das hoch verschuldete Griechenland ist auf neue Kredite angewiesen, da es weitgehend vom Finanzmarkt abgeschnitten ist. Geldgeber wie der Internationale Währungsfonds verlangen im Gegenzug für Geld Reformen.

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