Süddeutsche Zeitung

John Cryan:Deutsche-Bank-Chef attackiert Niedrigzinspolitik der EZB

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Die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) richtet nach Ansicht von Deutsche-Bank-Chef John Cryan inzwischen mehr Schaden an, als sie nutzt. Die EZB habe zwar in der Finanz- und Staatsschuldenkrise viel dafür getan, Europa zu stabilisieren. "Inzwischen aber wirkt die Geldpolitik den Zielen entgegen, die Wirtschaft zu stärken und das europäische Bankensystem sicherer zu machen", schreibt Cryan in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt.

Der Zinsüberschuss beispielsweise, eine wichtige Ertragssäule der Banken, sei über die gesamte Eurozone hinweg seit 2009 um sieben Prozent geschrumpft. "Nicht Geld aufnehmen, sondern Geld vorhalten kostet Zinsen. Sicherheit wird damit bestraft", so Cryan.

Der Deutsche-Bank-Chef fordert EZB-Präsident Mario Draghi zu einem Kurswechsel und einem Ausstieg aus den Minuszinsen auf. Es könne nicht sein, dass die Finanzaufseher höhere Sicherheitspolster von den Banken forderten, für diese zusätzlichen Reserven dann aber Strafzinsen verlangten.

Cryan ist bei Weitem nicht der erste Kritiker

Die EZB hatte den Leitzins, also den Zins, zu dem Geschäftsbanken kurzfristig Geld von der Zentralbank aufnehmen können, im März auf null gesenkt. Die Zentralbank will mit dieser Maßnahme für mehr Investitionen und mehr Inflation sorgen - ein Ziel, das sie bislang jedoch nicht hat erreichen können.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat bereits vor Monaten ein absehbares Ende der Niedrigzinspolitik gefordert. "Für Deutschland ist eine lange Phase niedriger oder negativer Zinsen keine vernünftige Situation", sagte er.

Ein weiterer Vorwurf an Mario Draghi lautet, dass er mit seiner Geldpolitik die deutschen Sparer enteigne. Diese Kritik wusste der EZB-Chef jedoch zu kontern. Die Anleger hätten es "mit ihren Anlage-Entscheidungen auch selbst in der Hand, wie hoch ihre Erträge ausfallen, auch in Zeiten niedriger Zinsen", sagte er Ende April. Man dürfe sein Geld halt nicht nur auf dem Sparbuch parken.

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