Süddeutsche Zeitung

Corona-Krise:Weniger Arbeitslose trotz Schließungen

Der Arbeitsmarkt zeigt sich immun gegen den anhaltenden Lockdown. Viele Firmen stellen wieder mehr Leute ein - und im Sommer dürfte die Wirtschaft kräftig wachsen.

Von Alexander Hagelüken

Trotz der anhaltenden Schließung von Restaurants und Geschäften sinkt die Arbeitslosigkeit in Deutschland weiter. Im April waren 56 000 Bürger weniger ohne Job als noch im Monat zuvor. Sobald das Wetter besser wird, stellen die Firmen traditionell mehr Leute ein. Dieser Trend bestätigt sich auch in der dritten Welle der Pandemie. "Durch die Frühjahrsbelebung entwickelt sich der Arbeitsmarkt solide", sagte der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele. "Die anhaltenden Einschränkungen in vielen Bereichen bremsen die Erholung zwar, führen aber insgesamt zu keinen neuen Belastungen."

Wenn man den Frühjahrseffekt herausrechnet, ist die Zahl der Arbeitslosen nur ganz leicht gestiegen. Auch die Kurzarbeit nahm zuletzt ab. Die Unternehmen nutzen sie allerdings nach wie vor in großem Umfang, um Personal trotz schlechterer Geschäfte zu halten und Kosten zu sparen. Nach den zuletzt verfügbaren Daten zahlte die Bundesagentur im Februar für 3,3 Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld. Das waren halb so viele wie direkt nach dem Ausbruch der Pandemie vor einem Jahr. Insgesamt waren im April knapp 2,8 Millionen Bundesbürger auf Jobsuche. Damit hat die Pandemie die Zahl der Arbeitslosen um eine halbe Million erhöht.

Entscheidend für die Jobaussichten ist die weitere Entwicklung der Pandemie und der Wirtschaft. Hinsichtlich der Konjunktur mehrt sich der Optimismus. Während die meisten Dienstleister und die Gastronomie noch unter den Schließungen leiden, macht die Industrie schon wieder gute Exportgeschäfte. Und ab dem Sommer rechnen Forscher dank der Impfungen mit viel Konsum in der ganzen Bundesrepublik.

Fünf führende Konjunkturinstitute erwarten, dass die deutsche Wirtschaft nach dem Corona-Schock in diesem Jahr wieder stark wächst - um 3,7 Prozent. So ein Wachstum erreichte die Bundesrepublik seit der Wiedervereinigung bisher nur zwei Mal. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat seine Prognose für 2021 gerade nach oben korrigiert. "Dieses Jahr ist das Jahr, in dem wir die Trendwende endgültig schaffen", sagte Altmaier. Auch für 2022 geht er von einem starken Wachstum von 3,6 Prozent aus.

Für den Arbeitsmarkt erwartet das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dass bis Ende des Jahres nur ein Bruchteil der Corona-Verluste aufgeholt werden kann. Die Zahl der Arbeitslosen werde um insgesamt 100 000 sinken, so der wissenschaftliche Arm der Bundesagentur für Arbeit. 2020 war die Zahl der Stellensucher durch den Wirtschaftseinbruch um etwa eine halbe Million gestiegen. Neben den Dienstleistern haben auch viele Industrieunternehmen Jobs abgebaut. Hier kam zur Corona-Krise hinzu, dass die Industrie mitten in einem Strukturwandel hin zu Digitalisierung und umweltfreundlicheren Fahrzeugen steckt.

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