Jobgarantie:Alles eingetütet

German Vice Chancellor and Economy Minister Gabriel listens to Russian President Putin during their meeting at the Novo-Ogaryovo state residence outside Moscow

Sigmar Gabriel ist einer von mehreren, die sagen, sie hätten die Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann gerettet.

(Foto: Reuters)

Die Arbeitnehmer von Kaiser's Tengelmann können aufatmen: Nach zwei Jahren der Ungewissheit beginnen jetzt fünf Jahre Jobgarantie.

Von Michael Kläsgen

Mehr als zwei Jahre lang beharkten sich Edeka und Rewe. An diesem Donnerstag legten die Lebensmittelkonzerne ihren Streit um die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann endgültig bei. Sie unterzeichneten die Verträge über die Aufteilung der Filialen. Rewe zog daraufhin die Beschwerde gegen die Ministererlaubnis zurück. Damit hatte der Konzern die Fusion von Edeka und Tengelmann blockiert. Jetzt kann sie vollzogen werden, jetzt greift die Aufteilung der Filialen.

Edeka übernimmt etwa 80 Prozent von Kaiser's Tengelmann. Dazu gehören 338 Filialen in Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen, die Zentrale in Mülheim, die Regionalverwaltungen in Viersen und München, drei Lagerstandorte, zwei Fleischwerke von Birkenhof in Viersen und Donauwörth, der Ladenbauer Ligneus, die Tengelmann E-Stores und der Online-Händler Bringmeister. Rewe erhält 62 Filialen in Berlin und je zwei in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Rewe-Chef Alain Caparros sagte, unter das Dach von Rewe kämen 3100 Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann. Am 1. Januar 2017 soll die Übernahme vollzogen werden. In den Monaten danach werden die Supermärkte nach und nach in Filialen von Edeka oder Rewe umbenannt.

Rewe lässt sich seine Beschwerde nun faktisch in Form von Filialen "abkaufen"

Für die etwa 15 000 Beschäftigten von Kaiser's Tengelmann bedeutet die Einigung eine fünfjährige Arbeitsplatzgarantie. All jene Mitarbeiter, deren Filiale nach Ablauf der Frist an selbständige Händler gehen, genießen einen Schutz von zwei weiteren Jahren. Vor allem die Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen reagierten erleichtert. Dort befinden sich die am wenigsten wettbewerbsfähigen Supermärkte. An den Läden in Bayern waren mehrere Unternehmen interessiert, unter anderem der Mittelständler Tegut, der zum Schweizer Migros-Konzern gehört.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), die Gewerkschaft Verdi, Rewe und Edeka begrüßten den Erhalt der Arbeitsplätze und schickten vorweihnachtliche Grüße an die Beschäftigen. Alle reklamierten jeweils für sich, für den Arbeitsplatzerhalt verantwortlich zu sein.

Gabriel hatte die Jobgarantie in seiner im März 2016 erteilten Ministererlaubnis zur Voraussetzung für die Fusion gemacht. Rewe hatte dagegen geklagt und lässt sich seine Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf nun faktisch in Form von Filialen "abkaufen".

2015 hatte das Bundeskartellamt sowohl die Komplett-Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka als auch durch Rewe abgelehnt. Die Wettbewerbshüter hatten damals entschieden, dass Edeka aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nur 139 Filialen von Kaiser's Tengelmann übernehmen dürfte. Das Amt hätte es bis zuletzt bevorzugt, wenn mehrere Kaufinteressenten zum Zuge gekommen wären. Die Ministererlaubnis verhinderte das.

Die nunmehr entschiedene Aufteilung der Filialen genehmigte das Kartellamt umgehend, wenn auch zähneknirschend. Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt versteckte seine Kritik an dem Deal nicht. Aus wettbewerblicher Sicht sei es "nicht erfreulich", dass alle Filialen nun zunächst an Edeka gehen, sagte er. Die Weitergabe an Rewe würde unter den Bedingungen der Ministererlaubnis aber am Ende "sogar zu einer relativen Wettbewerbsverbesserung" führen. Deswegen die Genehmigung.

Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub teilte mit, niemand habe sich bei Unterzeichnung des Vertrages mit Edeka im Oktober 2014 "annähernd vorstellen können, dass dieser Weg so lange dauern würde". Tengelmann zählte noch in den 1990er Jahren zu den größten Lebensmittelkonzernen Deutschlands. Doch als Haub 2000 das Unternehmen von seinem Vater übernahm, begann er sich sukzessive davon zu trennen. Um den Verkauf an Edeka durchzusetzen und gleichzeitig Rewe zu befrieden, bedurfte es am Ende sogar der Vermittlung von Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Viel Aufwand für am Ende nur noch 404 Filialen.

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