Heide (dpa/tmn) - Berufsberater müssen stets den Durchblick behalten, wenn es um Berufe, Studiengänge oder Weiterbildungen geht. Doch das ist nicht die einzige Herausforderung.
Jörg Stelzer ist Berufsberater bei der Agentur für Arbeit. Im Job-Protokoll erzählt er, worauf es in seinem Beruf ankommt, warum Empathie so wichtig ist - und wie er seinen eigenen Job gefunden hat.
Mein Weg in den Beruf: Ich selbst bin ein gutes Beispiel dafür, wie man die Berufswahl nicht betreiben sollte. Ich hatte einen ganz naiven Berufswunsch, ich wollte Jet-Pilot werden. Wie bei den meisten anderen Bewerbern auch, reichte es aber aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Piloten. Ich habe dann vier Jahre als Panzeraufklärer bei der Bundeswehr gearbeitet, in der Annahme nach diesen vier Jahren zu wissen, was ich beruflich machen wollen würde. Natürlich war dem nicht so.
Nach drei Jahren als Soldat ging ich das erste Mal zur Berufsberatung und lernte das Berufsbild dort kennen. Die Verwaltung ist gar nicht unbedingt meins, aber als Berufsberater andere Menschen darüber zu informieren, welche Berufe es gibt und wie man sie ergreifen kann, das klang interessant.
Ich habe dann die Zusage für ein Studium zu allgemeinen Verwaltungstätigkeiten in der, damals noch, Bundesanstalt für Arbeit bekommen. Nach und nach konnte ich mich weiterbilden, war zuerst Sachbearbeiter, dann Arbeitsvermittler. Jetzt bin ich Berufsberater.
Die Ausbildung:
Heute führt der Weg in den Beruf regulär über das duale Studium „Beratung für Bildung, Beruf und Beschäftigung“ an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit. Danach ist man noch nicht Berufsberater, sondern bewährt sich erst in der Praxis, beispielsweise in der Arbeitsvermittlung.
Wir sind aber auch grundsätzlich für Quereinsteiger offen und es gibt Kollegen, die sich als Berufsberater selbstständig gemacht haben. Es ist keine geschützte Berufsbezeichnung, wenngleich es in Deutschland nichts vergleichbar Professionelles im Bereich Berufsberatung gibt, wie die spezialisierten Berufsberater der Agentur für Arbeit.
Die Aufgaben:
Informieren und beraten sind die Kernaufgaben eines Berufsberaters. Man unterscheidet zwischen der Berufsberatung vor dem Erwerbsleben und der Berufsberatung für Beschäftigte.
Ich habe lange als Berufsberater für Jugendliche gearbeitet, die noch in der Schule sind und über die Schwelle ins Berufsleben müssen. Ich informiere darüber, welche Berufe es überhaupt gibt, berate die Jugendlichen im persönlichen Gespräch, welcher Beruf ganz individuell zu ihnen passt und vermittle Ausbildungsstellen. Als Berufsberater gehe ich aber auch in die Schulen, um wirklich jeden zu erreichen.
Inzwischen berate ich Erwachsene, die oft schon eine Ausbildung haben. Dabei geht es um Themen wie berufliche Neuausrichtung oder die Frage, was eine Weiterbildung kostet und welche Möglichkeiten der Finanzierung es gibt. Weiterhin mache ich berufliche Orientierung und erzähle beispielsweise Migranten und Migrantinnen an Volkshochschulen über das Arbeits- und Ausbildungssystem in Deutschland.
Schöne und weniger schöne Seiten:
Für eine Tätigkeit in einer Behörde habe ich einen bunten Strauß an Aufgaben. Und die Arbeit mit den Menschen ist das, was mich jeden Tag aufs Neue motiviert. Ich finde es ist eine wichtige Arbeit. Ich wusste, dass ich den Jugendlichen etwas Gutes tue, wenn sie besser vorbereitet ins Berufsleben starten. Bei der Arbeit mit den Erwachsenen sind die Rückmeldungen noch deutlich klarer. Zur Arbeit mit Papieren und Dokumentationen muss ich mich hingegen zwingen, aber auch das ist wichtig.
Man sollte aber wissen, dass Wochenendarbeit, zum Beispiel auf Messen, und Beratungsgespräche am Abend durchaus dazu gehören. Ich erinnere mich an viele Sprechstunden in kalten Klassenzimmern auf kleinen Holzstühlen. Die Rahmenbedingungen waren nicht immer kommod.
Die Herausforderungen:
Der Beruf ist fachlich sehr komplex. Die Bandbreite an Wissen zu haben, verschiedene Fördertöpfe und Studienangebote zu kennen, und dabei immer up to date zu sein, das ist wirklich eine Herausforderung.
Eine noch größere Herausforderung sind die Menschen, mit denen man arbeitet. Sie können dich positiv und manchmal auch negativ überraschen. Die wichtigste Fähigkeit eines Berufsberaters ist Empathie. Auch Kommunikationsfähigkeit, ein gewisses Maß an Analysefähigkeit und strukturiertes Arbeiten gehören dazu.
Der Verdienst:
Während des Studiums liegt der Verdienst bei monatlich 1670 Euro brutto. Mit absolviertem Studium erhält man als Einstiegsgehalt, etwa im Bereich Arbeitsvermittlung, 3469 Euro im Monat. Der Bruttoverdienst von ausgebildeten Berufsberatern liegt bei bis zu 5400 Euro im Monat.
Die Aussichten:
Wenn es allein um die Informationen geht, kann ich mir gut vorstellen, dass eine künstliche Intelligenz dem Berufsberater in ein paar Jahren überlegen sein könnte. In Bezug auf die Beratung denke ich aber, dass es gute Zukunftsaussichten für Berufsberater gibt.
Die Arbeitswelt ist sehr dynamisch geworden, es gibt ständig extreme Veränderungen. Politische Vorgaben, demografischer Wandel, Energiekrise - da bewegt sich sehr viel. Und der Bedarf an beruflicher Orientierung ist dementsprechend hoch. Deshalb sehe ich in der Berufsberatung mittel- und langfristig ganz klar einen Personalbedarf.
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