Es erinnert ein wenig an den Flugwettbewerb im Mai 1927, bei dem Charles Lindbergh als erster Pilot allein den Atlantik überquerte. Nur ist nun, knapp 100 Jahre später, nicht Paris das Ziel, sondern ein privater Flug in den suborbitalen Weltraum. Dem britischen Milliardär Richard Branson, 70, gelang der bereits vor etwas mehr als einer Woche, als er mit fünf weiteren Astronauten seiner Firma Virgin Galactic eine Höhe von 86 Kilometern erreichte.
Amazon-Gründer Jeff Bezos, 57, hat am Dienstag nun aber noch ein paar Kilometer draufgelegt und ist mit der Kapsel seiner Space-Firma Blue Origin rund vier Minuten lang etwa 107 Kilometer über der Erde geschwebt. Da die Grenze zum All für die US-Raumfahrtbehörde Nasa bei 80,5 Kilometern liegt, der Luftfahrtverband FAI aber die 100-Kilometer-Grenze festgelegt hat, wollte Bezos auf jeden Fall so hoch fliegen, damit seine Kunden das begehrte Astronautenabzeichen bekommen.
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Während Branson mit einem Trägerflugzeug vom Spaceport America in der Wüste von New Mexico aus abhob, ist Bezos kurz nach acht Uhr Ortszeit nördlich der Ortschaft Van Horn in der Wüste von Westtexas mit einem ebenfalls wiederverwendbaren Raumschiff gestartet. "Zünden wir die Kerze an", sagte Blue-Origin-Managerin Ariane Cornell in Anlehnung an einen Spruch des ersten US-Astronauten Alan Shepard bei seinem Start 1961. Die Rakete beschleunigte auf etwa 3600 Kilometer pro Stunde, bevor die Kapsel auf 75 Kilometern Höhe abgetrennt wurde und voll automatisch weiterflog. Zwischenzeitlich landete auch der Booster. Nach gut zehn Minuten war der Flug vorbei, die Kapsel schwebte an drei Fallschirmen auf den Wüstenboden.
Der "beste Tag aller Zeiten"
An Bord waren auch Bezos' 53-jähriger Bruder Mark, die 82-jährige Pilotin Wally Funk und der Niederländer Oliver Daemen. Der 18-Jährige ersetzt den unbekannten Gewinner einer Auktion, der für 28 Millionen Dollar einen Platz in der Kapsel ersteigert hatte - nun aber aus Termingründen erst bei einem späteren Flug dabei ist.
Allein diese Passagierliste sicherte Bezos, trotz des etwas späteren Starts, gleich mehrere Premieren: Daemen war der erste zahlende Passagier eines suborbitalen Fluges überhaupt - und ist nun zugleich der bisher jüngste Mensch im All. Wally Funk, die Bezos zum Flug eingeladen hatte, ist außerdem die älteste Raumfahrerin der Geschichte. Sie gehörte schon in den Sechzigerjahren zu den sogenannten "Mercury 13", einer Gruppe von Frauen, die die Nasa für einen möglichen Weltraumeinsatz im Mercury-Programm ausgewählt hatte, für das aber letztlich nur Männer fliegen durften. Darunter war auch John Glenn, der 1962 als erster Amerikaner die Erde umkreiste und 1998 nochmal mit 77 Jahren für ein paar Tage mit dem Space Shuttle ins All flog. Seitdem war er der älteste Astronaut gewesen.
Überhaupt scheint Bezos einen Spleen für geschichtsträchtige Symbole zu haben: Er wählte den 20. Juli als Startdatum, genau 52 Jahre nach der ersten bemannten Mondlandung von Apollo 11, und taufte seine Rakete nach Alan Shepard, der 1961 auch nur für 15 Minuten auf einem suborbitalen Flug unterwegs war.
Es sei der "beste Tag aller Zeiten", war nach der Landung von der Crew zu vernehmen, bevor alle vier Neu-Astronauten bester Laune aus der Kapsel stiegen. Die Schwerelosigkeit sei eine "sehr angenehme Erfahrung" gewesen und der Blick auf die Erde "das tiefgründigste", sagte Bezos später zur Presse. Was viele eher schlecht bezahlte Mitarbeiter seines Internet-Kaufhauses wohl als Sarkasmus sehen dürften: Er bedankte sich auch bei Mitarbeitern und Kunden von Amazon - "denn Ihr habt für das alles bezahlt".
Das Interesse am Weltraumtourismus scheint groß
Nun will Blue Origin im Herbst zwei weitere Flüge mit zahlenden Passagieren starten. Das Interesse für den Weltraumtourismus scheint groß: Firmenchef Bob Smith sprach von 7500 Interessenten aus 150 Ländern bei der Auktion. Virgin Galactic, die Firma von Richard Branson, hat nach eigenen Angaben bereits 600 Reservierungen. Der Flugpreis dürfte nach Branchenschätzungen bei 250 000 Dollar aufwärts liegen - pro Ticket.
Analysten erwarten bis 2030 einen Markt von mehreren Milliarden Dollar, von dem Branson und Bezos möglichst viel abschöpfen wollen. Kritiker werfen ihnen deshalb vor, ohne Rücksicht auf das Klima und weitgehend ohne wissenschaftliche Forschungsinteressen sehr viel Geld zu verschwenden.