Japan: Folgen des Bebens:Schockwellen für die Weltwirtschaft

Japan steht vor einer riesigen Herausforderung. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Erde kam gerade aus der Krise, die Wirtschaft sprang an - nun braucht es Geld für den Wiederaufbau: Dem hochverschuldeten Land droht Stillstand, der der ganzen Welt schaden kann.

Markus Balser

Abgeschaltete Atomkraftwerke, brennende Ölraffinerien und Stahlwerke, Millionen Menschen ohne Strom, geschlossene Fabriken, Häfen und Banken: Der Tsunami im Nordosten Japans hat die Wirtschaft des Landes am Freitag fast vollständig lahmgelegt. Nach dem schwersten Erdbeben in der Geschichte Japans warnen Forscher und Analysten bereits vor den Folgen der Katastrophe weit über Japan hinaus.

Denn neue Schockwellen könnten auch die fragile Weltwirtschaft treffen und die Erholung von der globalen Finanzkrise gefährden. Schließlich zählt Japan zu den wichtigsten Wirtschaftsnationen und ist als eines der bedeutendsten Exportländer besonders eng mit der Weltwirtschaft verzahnt.

Bis 2009 rangierte das Land mit seinen fast 130 Millionen Bürgern hinter den USA auf Rang zwei der größten Volkswirtschaften. Im Krisenjahr 2009 erwirtschaftete Japan noch immer gut acht Prozent des Welteinkommens. Erst im vergangenen Jahr wurde das Land von China überholt. Zwar traf das Beben mit dem Nordosten Japans vor allem eine Region mit vergleichsweise geringem wirtschaftlichen Gewicht.

Doch die Produktionsausfälle wirkten sich auf das ganze Land aus. Allein der Elektronikkonzern Sony schloss am Freitag sechs Fabriken. Der weltweit größte Autohersteller Toyota machte drei Fabriken dicht und auch die Wettbewerber Honda und Nissan hielten die Bänder an. Der Flughafen in Tokio, der wichtigste im Land, wurde geschlossen, ebenso wie die Häfen. Sie wurden von neuen Tsunami-Wellen bedroht.

Ähnlich wie in Deutschland hat die Automobilindustrie in Japan Gewicht: Toyota, Honda und Nissan mischen auf den Weltmärkten weit vorn mit. Daneben halten japanische Unternehmen starke Positionen im Maschinenbau, der Elektronik und in der chemischen Produktion. Und nicht zuletzt gilt das Land für Hightech-Branchen wie die Chipindustrie, die mit Zulieferern in der gesamten Welt zusammenarbeitet, als wichtige Schaltstelle.

Die Ausfälle für die Weltwirtschaft seien derzeit noch nicht zu beziffern, sagten Analysten. Schon jetzt fürchten sie, dass die Wirtschaftsleistung Japans infolge des Bebens nochmals einen leichten Dämpfer erhält. Für das Land wäre das ein herber Rückschlag - ausgerechnet jetzt, da es sich von der globalen Finanzkrise erholt. Die japanische Wirtschaftsleistung war um fünf Prozent eingebrochen, so stark hatte die Krise kein zweites Industrieland getroffen. Erst langsam kam das hoch verschuldete Land in den vergangenen Monaten wieder auf die Beine.

Der japanische Finanzminister Yoshihiko Noda signalisierte trotz der hohen Verschuldung des Landes seine Handlungsbereitschaft. Die Schulden dürften die Regierung nicht davon abhalten, die Folgen des Erdbebens auch mit finanziellen Hilfen aufzufangen. Japan hat mit etwa 225 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einen der höchsten Schuldenstände der Welt.

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