Süddeutsche Zeitung

Jahresbilanz:So dramatisch ist der Verlust der Deutschen Bank

  • Die Deutsche Bank macht 2015 mit 6,7 Milliarden Euro den größten Verlust ihrer Unternehmensgeschichte.
  • Der Aktienkurs der Bank stürzt am Donnerstag zwischenzeitlich um mehr als sieben Prozent ab.

Von Meike Schreiber und Vivien Timmler

Mit einem Gewinn hatte für das abgelaufene Jahr niemand mehr bei der Deutschen Bank gerechnet - weder Analysten, noch der neue Vorstandschef John Cryan selbst. Schließlich hatte der Brite die Bilanz bereits im dritten Quartal um vermeintliche Altlasten bereinigt und fast sechs Milliarden Euro auf Firmenwerte - unter anderem die Tochter Postbank - abgeschrieben. Vor Steuern hatten die Analysten für 2015 daher mit einem Minus von ungefähr 3,6 Milliarden Euro kalkuliert. Das wäre fast so viel gewesen wie im Jahr der Lehman-Pleite 2008. Aber eben nur fast.

Minus 6,7 Milliarden Euro nach Steuern werden nun aber laut den vorläufigen Zahlen für 2015 verbucht. Der Aktienkurs der Bank stürzte am Donnerstag daraufhin zwischenzeitlich um mehr als sieben Prozent ab. Es ist erst das zweite Mal in ihrer Geschichte, dass das Finanzinstitut einen Verlust verzeichnet. Das erste Mal geschah das im Jahr 2008 mit minus 3,9 Milliarden Euro, im Jahr der Lehman-Pleite. In den folgenden Jahren bis 2014 hatte die Bank wieder Gewinne melden können.

Als Grund für den hohen Verlust 2015 führt die Deutsche Bank die vielen noch ungelösten Rechtsstreitigkeiten an. Zudem baut Vorstandschef John Cryan die Bank um und streicht allein in Deutschland rund 4000 Jobs, zumeist im Privatkundengeschäft. Dafür musste sie im vierten Quartal rund eine Milliarde Euro zurückstellen. Wie so viele neue Vorstandschefs versucht damit auch Cryan alle Verluste gleich zu Beginn zu verbuchen, um später, so die Hoffnung, von der Erholung profitieren zu können.

Neue Kapitalerhöhung befürchtet

Die vorläufigen Zahlen kamen an der Börse nicht gut an: Die Aktien von Deutschlands größtem Geldhaus fielen zwischenzeitlich um mehr als sieben Prozent. Sie notierten damit so niedrig wie zuletzt im Krisenjahr 2009. Viele Investoren fürchten sich offenbar davor, dass Cryan das Kapital der Bank erneut über die Ausgabe neuer Aktien stärken könnte. Das würde den Wert der Anteile der Altaktionäre verwässern. Die vorläufigen Zahlen von Mittwochabend untermauerten diese Sorge nun mehr denn je. "Wenn das Umfeld schwierig bleibt, könnten die Sorgen um die Kapitalbasis wieder kommen und sogar zunehmen", schrieben die Analysten der Bank Exane BNP.

Der Brite Cryan führt die Bank seit Juli 2015 und hat von seinem Vorgänger Anshu Jain ein schweres Erbe übernommen. Der frühere Vorstandschef hat seinem Nachfolger vor allem einen Berg ungelöster Rechtsstreitigkeiten hinterlassen, die insbesondere aus Jains Zeit als Investmentbankchef stammen. Bislang haben diese Auseinandersetzungen die Bank zwölf Milliarden Euro gekostet. Viel Geld, das an anderer Stelle fehlt, um das Unternehmen wieder auf Augenhöhe zu bringen, vor allem mit den US-Konkurrenten.

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