Internationaler Währungsfonds:Wie die Vereinigten Staaten der Weltwirtschaft zusetzen

BLG-Autoterminal - Export

Autoterminal in Bremerhaven: Der für 2020 für Deutschland vorausgesagte Wachstumsschub hat wohl nur dann eine Chance, wenn die Handelskonflikte gelöst werden.

(Foto: Ingo Wagner/dpa)
  • Sowohl für 2019 als auch für 2020 fällt das globale Wachstum nochmals um 0,1 Prozentpunkte geringer aus als im April gedacht, schreibt der Internationale Währungsfonds.
  • Unter den vier größten Volkswirtschaften der Euro-Zone ist die deutsche die einzige, deren Wachstumsprognose erneut gesenkt wurde - zusätzlich zu den teilweise drastischen Korrekturen der vergangenen Monate.
  • Neue Wachstumsregionen sind Spanien und Frankreich.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Nein, die Kombattanten haben nicht auf die Warnung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gehört. Im April hatte der Washingtoner Fonds noch prognostiziert, dass im zweiten Halbjahr 2019 das weltweite Wirtschaftswachstum wieder kräftig anziehe - sofern diverse Hitzköpfe, insbesondere aus den USA, China und Großbritannien bis dahin auf Streit, Beleidigungen und Sanktionen verzichteten. Der Appell verhallte ungehört, nun muss der IWF erneut seine Wachstumsprognose nach unten korrigieren. "Das globale Wachstum bleibt gedämpft", schreibt der Fonds in seinem am Dienstag veröffentlichten Konjunkturbericht. Sowohl für 2019 als auch für 2020 fällt das globale Wachstum nochmals um 0,1 Prozentpunkte geringer aus als im April gedacht.

Auch wenn es nur eine vergleichsweise geringe Korrektur nach unten ist, manifestiert sie doch den bestehenden Abwärtstrend. Der IWF hat zum vierten Mal binnen eines Jahres seine Wachstumsvoraussage revidiert. Und für die Bundesrepublik gibt es noch eine schlechte Nachricht obendrauf: Unter den vier größten Volkswirtschaften der Euro-Zone ist die deutsche die einzige, deren Wachstumsprognose für 2019 um 0,1 Prozentpunkte gesenkt wurde, zusätzlich zu den teilweise drastischen Korrekturen der vergangenen Monate.

Boom in Spanien

Neue Wachstumsregionen sind Spanien mit einem Plus von 2,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und Frankreich mit 1,7 Prozent Plus. Wie bitter die Nachricht für die deutsche Volkswirtschaft ist, macht der Vergleich mit den Vorjahreswerten deutlich. Vor einem Jahr noch hatten Ökonomen der Bundesrepublik vorausgesagt, das Bruttoinlandsprodukt werde 2019 um 2,1 Prozent steigen. In der aktualisierten Schätzung vom Dienstag sind es noch 0,7 Prozent. Konkret bedeutet dies, dass Bund, Länder und Gemeinden in diesem Jahr mit etwa 52 Milliarden Euro weniger auskommen müssen als ursprünglich kalkuliert. Bundesfinanzminister Olaf Scholz will trotzdem an der schwarzen Null, also dem ausgeglichenen Haushalt ohne zusätzliche Schulden festhalten.

Die Aussichten für 2020 sind für Deutschland mit 1,7 Prozent zwar durchaus erfreulich, aber mit einer klaren Warnung verbunden. "Der für 2020 vorausgesagte Wachstumsschub ist unsicher", schreibt der IWF. Man müsse bestehende Handelskonflikte lösen und miteinander Abkommen vereinbaren, an die sich alle Partner hielten. Der IWF macht erneut deutlich, wo er die Ursachen für die konjunkturelle Delle sieht: im Handelsstreit zwischen den USA und China sowie den daraus resultierenden Folgewirkungen. "Die Stimmungen an den Börsen und in der Wirtschaftswelt sind seit Anfang 2018 durch andauernde US-Zölle, Vergeltungsschläge der Handelspartner und Unsicherheiten wegen des Brexit hin- und hergeschwankt", schreibt der IWF.

Kritik an Trump

Indirekt vergleicht er die USA mit einem globalen Handelssheriff: Washington habe trotz der Warnungen weiter Zölle gegen chinesische Waren verhängt; China habe dies mit Zuschlägen auf US-Importe vergolten. Eine weitere Eskalation sei durch Gespräche der beiden Staaten auf dem Treffen der G20 im Juni in Japan vorerst abgewendet worden. Zudem verunsicherten die USA mit Sanktionsdrohungen gegen weltweite Technologie-Exporte, der Brexit sorge für Unsicherheit, die geopolitischen Spannungen für steigende Energiepreise.

Der IWF wiederholt praktisch seine Warnungen der vergangenen zwei Jahre. US-Präsident Donald Trump hat sich bisher nicht dafür interessiert. Nichts spricht dafür, dass er seine Haltung ändert; im Gegenteil. Während China und andere asiatische Staaten wegen des Streits deutlich verlieren, legen die USA zu; 2019 soll das BIP um 2,6 Prozent steigen, das sind 0,3 Prozentpunkte mehr als im April erwartet.

Die Euro-Zone legt weniger zu; nach 1,3 Prozent in diesem Jahr soll es 2020 ein Plus von 1,6 Prozent geben. Die deutsche Volkswirtschaft schwächelt wegen der schwächeren Nachfrage aus dem Ausland und geringeren Investitionen. Frankreich profitiert nach Ansicht der Ökonomen von den angestoßenen Reformen und den abgeklungenen Protesten der Gelbwesten. In Spanien zahlen sich die hohen Investitionen aus. Italien bleibt unsicher, das Wachstum kommt 2019 praktisch zum Erliegen. Der IWF weist ausdrücklich darauf hin, dass die Voraussage für 2020 davon abhängt, dass die externe Nachfrage anzieht sowie sich zugleich temporäre Einflüsse wie die Geldwestenproteste und die Flaute bei den Zulassungen deutscher Autos weiter abschwächen.

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