Süddeutsche Zeitung

IWF-Chefin Lagarde in Davos:"Wir dürfen uns nicht ausruhen"

IWF-Chefin Lagarde ruft auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos dazu auf, nicht nachzulassen, um die Weltwirtschaft in Balance zu bringen. "Wir haben den Kollaps aufgehalten. Wir sollten den Rückfall vermeiden. Wir dürfen uns nicht ausruhen." Nach der Wachstumsprognose des IWF steht der Euro-Zone auch 2013 eine Rezession bevor.

Von Caspar Busse und Lutz Knappmann, Davos

Morgens um halb Neun ist die Welt für Christine Lagarde noch in Ordnung. Beim Frühstück in ihrem Hotel, hoch oben auf der Schatzalp, fällt ihr Blick auf die verschneiten Schweizer Berge und den klaren, wolkenlosen Himmel über Davos. Ein seltener Moment der Ruhe. Dann muss die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) wieder runter ins Tal, in den Trubel des Weltwirtschaftsforums. Zurück in die Realität von Schuldenkrise und Konjunkturschwäche, Jugendarbeitslosigkeit und erbitterten Debatten über die Regulierung der Finanzmärkte.

Seit ihrem Amtsantritt 2011 gehört die Französin zu den größten Verfechtern grundlegender und dauerhafter Reformen, um die Weltwirtschaft in Balance zu bringen. "Wir haben den Kollaps aufgehalten. Wir sollten den Rückfall vermeiden. Wir dürfen uns nicht ausruhen", sagt Lagarde auch an diesem Tag. Ihre Rede am Abend im Davoser Kongresszentrum ist ein großer Appell, nicht nachzulassen - unterfüttert von der jüngsten Wachstumsprognose des IWF.

Die Zahlen fallen schlechter aus als bislang. Statt minimalem Wachstum steht der Euro-Zone demnach auch 2013 eine Rezession bevor. Erst 2014 erwarten die IWF-Ökonomen die Trendwende. Global rechnen sie für dieses Jahr mit 3,5 Prozent Wachstum, die aufstrebenden Ökonomien wie China und Indien tragen dazu mit 5,5 Prozent aber den wichtigsten Anteil bei. Doch mit Zahlen hält sich Lagarde in Davos nur kurz auf. Stattdessen skizziert sie eine "neue globale Wirtschaft", die stärker getrieben sein werde von den aufstrebenden Ökonomien in Asien, Lateinamerika oder Afrika - und von einer neuen, jungen Generation, für die eine globale Wirtschaft viel selbstverständlicher sei.

Klimawandel, soziale Ungleichheit

Trotz der herrschenden wirtschaftlichen Verwerfungen in Europa und den USA gibt sich die IWF-Chefin betont optimistisch. "Wenn wir weitermachen, das Momentum nutzen, dann werden wir die Krise überwinden", sagt sie. Natürlich gehöre dazu, die Finanzmärkte neu zu strukturieren. "Das muss höchste Priorität haben." Ist aber nach Lagardes Ansicht nur ein Teil der Aufgabe. Es geht ihr um die großen Zusammenhänge, den Klimawandel, soziale Ungleichheit.

Der italienische Ministerpräsidenten Mario Monti verteidigte kämpferisch seinen Reformkurs. "Italien hat sich geändert und ist ein anderes Land als es vor zwölf Monaten war", so Monti, der sich in einem Monat Wahlen stellen muss. Der ehemalige EU-Kommissar hielt streckenweise eine Wahlkampfrede, stellte seine Erfolge heraus. Die Zeit sei sehr, sehr hart gewesen, sagte Monti. Aber die Reformen würden greifen, auch die Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung zeigten Erfolge. "Es muss noch mehr getan werden, aber der Fortschritt ist nicht zu leugnen", meinte Monti.

Der Kampf gegen Schattenwirtschaft und Korruption werde geführt, nach Ansicht Montis ein Haupthindernis für mehr Investitionen aus dem Ausland. Zudem steige langsam die Wettbewerbsfähigkeit seines Landes. Zwei bis drei Jahre würde es noch dauern, bis sich nachhaltige Erfolge einstellen. Hart ins Gericht ging Monti mit seinem britischen Kollegen David Cameron. Er begrüße die geplante Volksabstimmung, denn: "Europa braucht keine widerwilligen Europäer, Europa braucht nur willige Europäer."

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SZ vom 24.01.2013/fzg
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