Italien-Wahl und der Finanzmarkt:Berlusconi steht für hohe Zinsen

Die Abstimmung in Italien war auch eine über die Zukunft der Euro-Zone. Weil Berlusconi wieder mitmischt, sind an den Finanzmärkten starke Turbulenzen zu erwarten. Selbst wenn er keine Machtposition erhält, bleibt die Lage kritisch.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Wahlen sollen ja über die Zukunft eines Landes entscheiden, aber beim Votum in Italien geht es auch um die Zukunft der Euro-Zone. Mischt Silvio Berlusconi künftig wieder mit oder nicht? Das war lange die Frage. Wenn ja, dann wäre es an den Finanzmärkten zu starken Turbulenzen gekommen. Ein Indiz dafür gab es bereits am Montag. Als in Umfragen nach Schließung der Wahllokale ruchbar wurde, Berlusconi könnte im Senat die Nase vorn haben, purzelten die Aktienkurse - und auch der Euro gab nach.

Ganz anders die Situation wenige Stunden zuvor: Berlusconi schien aus dem Rennen zu sein, und sofort schlug das für Italien wichtigste Finanzbarometer positiv aus. Die Zinsen für italienische Staatsanleihen sanken. Ohne Berlusconi gilt Italien als deutlich kreditwürdiger. Einen zehn Jahre laufenden Staatskredit für den italienischen Schatzminister gab es zu dieser Stunde am Montag für 4,25 Prozent - statt 4,45 Prozent am Freitag.

Italiens Schulden belaufen sich auf zwei Billionen Euro, da spart man viel, wenn der Zins auch nur um 0,2 Prozentpunkte sinkt. Bliebe Berlusconi draußen, dann würde das Votum der Italiener ihnen selbst in ihrer Rolle als Steuerzahler viel Geld einsparen. Die Staatsverschuldung käme fortan billiger, und der italienische Aktienmarkt könnte seine Erholung fortsetzen.

In den vergangenen Wochen hatten die Finanzmärkte das Schreckensszenario "Berlusconi" rauf und runter diskutiert. Eine Wahl des umstrittenen Unternehmens würde sehr wahrscheinlich zu einem erneuten Ausbruch der Schuldenkrise in der Euro-Zone führen, mit all den schlimmen Begleiterscheinungen, denen man seit 2009 ausgesetzt war: steigende Kreditzinsen in allen schwachen Euro-Staaten, was die Finanzlage dort verschlechtern würde.

Italien ist nicht wettbewerbsfähig genug

Ein Teufelskreis, der noch vergangenen Sommer zu Debatten über ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone geführt hatte. Erst als die Europäische Zentralbank (EZB) Ende Juli 2012 einsprang, der Euro-Rettungsfonds ESM seine Arbeit aufnahm und der Aufbau einer Europäischen Bankenaufsicht beschlossen wurde, entspannte sich die Situation.

Auch wenn Berlusconi keine Machtposition erhält, bleibt die Lage kritisch. Italien ist nicht wettbewerbsfähig genug, denn die Lohnstückkosten sind selbst in den Jahren der Krise weiter gestiegen. Die Liberalisierung des Arbeitsmarkts steht immer noch aus, der Regierung Monti fehlte die Kraft, obwohl es Hilfe von außen gab.

Die EZB hat in den vergangenen Jahren italienische Staatsanleihen im Wert von knapp 100 Milliarden Euro gekauft. Gleichzeitig steht das Versprechen von EZB-Chef Mario Draghi, alles zu tun, um den Euro zu retten. Dazu würden weitere Anleihekäufe gehören, finanziert von der Notenpresse.

Doch wenn die EZB Italiens Staatsfinanzen weiterhin stabilisiert, erlahmt dort der Reformdruck, weil man sich an Unterstützung gewöhnt. Deshalb fordert Draghi politische Gegenleistungen. Es geht um die Liberalisierung geschlossener Märkte und um die Aufweichung des Kündigungsschutzes.

Im Sommer 2011 war es, da hat der damalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet zusammen mit seinem damals schon designierten Nachfolger Draghi den mittlerweile legendären Brief nach Rom geschrieben. Darin forderten die beiden Zentralbanker den damaligen Regierungschef Berlusconi ultimativ auf, all die wichtigen Reformen endlich umzusetzen - sonst würde die EZB die Hilfen stoppen. Jetzt merkt man, wie schwierig es ist, Italien auf Wachstumskurs zu trimmen - selbst ohne Berlusconi.

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