Italien:Kein Wachstum, viele Schulden

Wlochy Liguria Genua ulica Via XX Settembre widok w kierunku placu Piazza de Ferrari Italy

Von dem "neuen Wirtschaftsboom", den Wirtschaftsminister Luigi Di Maio zu Jahresbeginn prophezeite, ist nichts zu sehen. (Szene aus Genua, Via XX Settembre)

(Foto: imago/BE&W)
  • Die italienische Regierung hat ihren Wählern trotz hoher Staatsschulden teure Wahlversprechen gemacht.
  • Statt dem versprochenen Wirtschaftsboom wird das Wachstum wohl bei null Prozent liegen, die OECD rechnet sogar mit minus 0,2 Prozent.
  • Die Ausgabenwut bremsen nur zwei Parteilose. Premier Conte und Finanzminister Giovanni Tria.

Von Andrea Bachstein

"Sicher ist aber, dass das Defizit nicht unter zwei Prozent liegen kann", sagte Vize-Premier und Lega-Chef Matteo Salvini diese Woche in Rom, als er den Etat 2020 ankündigte. Dabei ist Italien gerade im letzten Moment einem Defizitverfahren aus Brüssel entgangen, das Milliardenstrafen wegen Überschreitens der Neuverschuldungsgrenze von 1,6 Prozent bedeutet hätte. Die Mahnung der EU hatte der Rechtspopulist Salvini zwar als "Brieflein aus Brüssel" abgetan, am Ende aber präsentierte die Regierung von Premier Giuseppe Conte einen korrigierten Haushalt, der neue Schulden 2019 auf 2,04 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) begrenzt.

Geht es nach Salvini, wird es keine großen Einsparungen geben, um die gigantischen Staatsschulden des Landes einzuhegen - 132 Prozent der Wirtschaftskraft, nur Griechenland liegt in der EU darüber. 132 Prozent sind mehr als das Doppelte der 60 Prozent, die es nach EU-Regeln sein sollen, mit etwa 2,3 Billionen Euro steht Italien in den Miesen. Zugleich steht die Regierung mit ihren teuren Wahlversprechen tief in der Schuld der Wähler. Steuersenkungen, Flat Tax für kleine Unternehmen, "Bürgerlohn" - eine Sozialhilfe für die Schwächsten - und anderes mehr.

Die Populisten der Fünf Sterne und die der Lega streiten in der Koalition um fast alles, die Ausgabenwut aber bremsen vor allem zwei Parteilose. Premier Conte und Finanzminister Giovanni Tria, ein anerkannter Ökonom, der als einer der Vernünftigen im Kabinett gilt. Weshalb er in der Schusslinie beider Regierungspartner steht, die EU hofft auf sein Standvermögen. Tria hat sich etwa strikt gewehrt gegen die kürzlich von Salvini stark propagierte Idee, "Mini-Bots" einzuführen, Kleinststaatsanleihen, um dem Volk doch weiterhin Geschenke machen zu können und laufende Ausgaben zu finanzieren. Für 50 oder 100 Euro sollte jeder Staatstitel kaufen können und so für Liquidität sorgen. Dass dieser Taschenspielertrick, der sogar zu einer Art Parallelwährung werden könnte, nun erst mal tot ist, liegt auch an Warnrufen vieler, etwa des Arbeitgeberverbands Confindustria und vor allem von EZB-Präsident Mario Draghi.

Es gibt auch positive Nachrichten, bei Arbeitslosigkeit und Export

Zum Schuldenabbau bräuchte es Wachstum und harte Kürzungen. Letztere aber wären das Gegenteil populistischer Politik. Und Wachstum? Der durch keinerlei Kompetenz glänzende Wirtschaftsminister Luigi Di Maio, Kopf der Cinque Stelle, prophezeite zu Jahresbeginn den "neuen Wirtschaftsboom", 1,5 Prozent Wachstum erhoffte die Regierung zunächst. Jetzt ist klar, es liegt bei null. Die OECD rechnet sogar mit minus 0,2 Prozent. Der Schuldendienst wird zudem teurer, Italien muss für seine Staatstitel mehr Zinsen zahlen als unter der reformbemühten Vorgängerregierung, auch wenn der Satz derzeit sinkt.

Es gibt aber auch dies: Die Arbeitslosigkeit sank ein wenig auf 9,7 Prozent. Italien legte 2018 beim Export zu und hat in der Handelsbilanz ein Plus von fast 46 Milliarden. Es ist drittstärkster Exporteur der EU und zweitstärkster Industriegüterproduzent. Als Griechenland in der Schuldenkrise taumelte, unkten einige, nun stürze auch Italien bald und alle mit ihm. Aber dazu hat es zu viel auf der Habenseite, und im Zweifel gilt: too big to fail. Eine Staatspleite Italiens kann sich keiner leisten, das Desaster wäre zu groß.

Zur SZ-Startseite
Foto IPP Gioia Botteghi Roma 05 05 2019 trasmissione Mezz ora in più puntata speciale sulle elezi

Regierungskrise
:Wie es jetzt in Italien weitergeht

Seit Monaten streiten sich Politiker der Koalition in Rom. Nun fordert der rechte Innenminister Salvini Neuwahlen. Die würde er wohl gewinnen - doch da gibt es eine Unsicherheit.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: