IT-Messe Cebit 2014:Big Data klingt zu sehr nach Big Brother

CeBIT 2014

Das Motto der Cebit ist "Datability". Darin enthalten sind die englischen Begriffe responsibility (Verantwortung) und sustainability (Nachhaltigkeit)

(Foto: dpa)

Die Hoffnungen der IT-Industrie auf das Geschäft mit großen Datenmengen sind gewaltig. Doch Sicherheitsbedenken lassen viele Kunden bei "Big Data" zögern. Die diesjährige Cebit steht deshalb unter dem Motto "Datability". Viele Aussteller betonen Datenschutz und Verantwortungsbewusstsein.

Von Varinia Bernau, Hannover

Watson, der schlaue Computer, den der Technologiekonzern IBM entwickelt hat, kann binnen kürzester Zeit enorme Datenmengen durchforsten - und so Fragen beantworten, die den Menschen schlichtweg überfordern. In New York unterstützt Watson bereits Ärzte bei der Therapie von Krebspatienten; in Singapur hilft er Bankberatern. Und gerade nimmt IBM eine Milliarde Dollar in die Hand, um Start-ups zu fördern, die weitere Ideen haben, wie man aus Watsons Talent ein gutes Geschäft machen kann.

So vielfältig die Szenarien, so groß die Hoffnung auf das Geschäft der Zukunft: Der Branchenverband Bitkom schätzt, dass der Markt für Datenanalyse in Deutschland in diesem Jahr um 60 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro wächst. Bis zum Jahr 2016 sollen sich die Erlöse auf 13,6 Milliarden Euro nochmals verdoppeln.

So gut wie der Tante-Emma-Laden

Davon will nicht nur IBM profitieren. Neben dem US-Konzern kommen mehr als 3000 andere Unternehmen in dieser Woche zur Cebit nach Hannover, um zu diskutieren, wie sie die riesigen Datenmengen in einer immer stärker vernetzten Welt sinnvoll nutzen können.

Reinhard Clemens, im Vorstand der Deutschen Telekom für Geschäftskunden verantwortlich, spricht gern davon, dass die Technik Großhändlern die Chance gibt, ihre Kunden wieder so gut zu betreuen wie einst der Tante-Emma-Laden. Er selbst sei als Kind bei solch einem kleinen Krämer auf dem Weg zur Schule vorbeigeradelt. Und der Händler wusste, dass er bei Regen kein Gebäck für ihn bereit halten musste, weil Clemens dann den Bus nahm. Derzeit baut der Manager seinen Bereich um. Technologien, die Händlern oder auch anderen Unternehmen ermöglichen, ihr Geschäft besser zu steuern, sind dabei ein wesentlicher Baustein, um vor allem den Mittelstand zu gewinnen.

Manchmal weiß der Händler aber auch mehr als der Kunde selbst: In den USA sorgte der Fall eines Vaters für Aufregung, der sich empörte, dass ein Händler seiner Tochter Werbung für Babykleidung zuschickte. Er wusste noch nicht, dass seine Tochter schwanger war, der Händler hingegen schon. Deshalb hat die Cebit sich das Motto "Datability" gegeben. Das Kunstwort ergänzt die Daten um die Endungen der englischen Begriffe responsibility und sustainability. Daten, so das Versprechen, sollen also nicht nur gesammelt, sondern auch verantwortungsvoll und nachhaltig genutzt werden. Big Data, das klang zu sehr nach Big Brother. Danach, dass Algorithmen die Macht übernehmen. Danach, dass Geheimdienste die Menschen ausspionieren.

Secusmart arbeitet mit Vodafone zusammen

Auch Sicherheitslösungen sind deshalb auf der Cebit zu sehen. Wenn auch weniger für den Privat- als für den Geschäftsmann. So tut sich die Softwarefirma Secusmart, die kürzlich bereits die Kanzlerin mit einem abhörsicheren Smartphone ausgestattet hat, mit dem britischen Mobilfunkkonzern Vodafone zusammen. Gemeinsam bietet sie eine App an, die auf allen verbreiteten Smartphones läuft und Gespräche verschlüsseln soll. Auch Metadaten wie die Nummer des Anrufers sind vor einem illegalen Abgreifen geschützt, die Behörden hätten gemäß der rechtlichen Vorgaben aber nach wie vor Zugriff auf die vorgeschriebenen Informationen.

Die deutschen Manager sind überzeugt, dass sich die IT-Industrie der USA ohnehin an die Auswertung der enormen Datenmengen macht. Aber auch davon, dass nach den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden bei vielen das Vertrauen erschüttert ist. Das Geschäft wollen sie den Konzernen auf der anderen Seite des Atlantiks nicht allein überlassen - und versuchen deshalb, mit einem besseren Datenschutz zu punkten.

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