Israel:Nur für besondere Touristen

Daily Life In Bethlehem

Im Stadtzentrum von Bethlehem: wo sich sonst Touristen drängen, herrscht derzeit gespenstische Ruhe.

(Foto: Artur Widak/Getty Images)

Israel hat wegen des Coronavirus besonders strenge Einreiseregeln erlassen. Die gesamte Reisebranche liegt darnieder. Nun will das Land seine Grenzen langsam wieder öffnen - aber nicht für alle.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Jerusalem

Es sind Bilder, die sich einprägen: Die Gassen in der Altstadt von Jerusalem sind fast menschenleer, viele der Geschäfte haben ihre Tore verriegelt. In der Grabeskirche, die seit drei Wochen wieder geöffnet ist, sind die Mönche unter sich. Die Geburtskirche im elf Kilometer entfernten Bethlehem hat man als Besucher für sich alleine. Taxifahrer erzählen, dass sie drei Monate lang keinen einzigen Fahrgast gehabt haben.

Nach Rekordbuchungen folgt der Totalausfall

Israel war eines der ersten Länder außerhalb Asiens, das Anfang März wegen des Coronavirus die Grenzen für Ausländer dicht gemacht hat. Einreisen dürfen nur Israelis und Ausländer, die ihren Lebensmittelpunkt in dem Land haben - und auch dann nur, wenn von den israelischen Behörden vorab grünes Licht für die Einreise gegeben wird. Die Genehmigung muss für einen bestimmten Flug mindestens zwei Wochen vor dem geplanten Abflug eingeholt werden. Nach der Landung muss man sich für zwei Wochen in häusliche Quarantäne begeben.

Durch diese erschwerten Einreisebedingungen ist der Tourismus, der Monat für Monat Rekordzahlen verbucht hat, im Heiligen Land komplett zusammengebrochen. Im Vorjahr ist die Zahl der ausländischen Besucher noch um elf Prozent auf 4,55 Millionen gestiegen. Die Einnahmen schnellten um 55 Prozent auf sechs Milliarden Euro in die Höhe. Gäste aus Deutschland machten die viertgrößte Gruppe aus hinter den USA, Frankreich und Russland - ein Zuwachs um elf Prozent.

Von solchen Zahlen kann man in diesem Jahr nur träumen, zumal kein Ende der Lockerungen der Einreisebestimmungen in Sicht ist. Da die Zahl der Neuinfizierten seit zwei Wochen in Israel wieder stark ansteigt, wurden geplante Erleichterungen noch einmal hinausgeschoben. Hoffnungen auf eine Änderung der Restriktionen mit 1. Juli haben sich nun endgültig zerschlagen: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nannte bei einem Gespräch mit dem griechischen Amtskollegen Kyriakos Mitsotakis am Mittwoch in Jerusalem als "Zieldatum" den 1. August. Ab dann sollen Reisen zumindest zwischen Israel und Griechenland sowie Zypern möglich sein. Auch die Verpflichtung zur zweiwöchigen Quarantäne soll dann entfallen.

Mit zwanzig Ländern, die als so genannte "grüne Länder" gelten, weil sie niedrige Infektionszahlen haben, verhandelt Israel prioritär bilaterale Abkommen zur Erleichterung der Einreise. Zu dieser Gruppe gehören Österreich und die Schweiz. Deutschland gehört zur Gruppe der "gelben Länder", mit denen ebenfalls über Reiseerleichterungen gesprochen wird. Diskutiert wird, ob auf die Quarantäneregelung verzichtet wird, wenn ein negativer Coronatest vorgewiesen wird. Vor allem Reiseveranstalter drängen auf eine rasche Öffnung. Als Vorbild gilt in Israel der Wiener Flughafen, wo von Montag bis Freitag Coronatests absolviert werden können und bei einem negativen Ergebnis die Quarantänepflicht aufgehoben wird.

Der Staat könnte wieder zum Aktionär von El Al werden

Die ausbleibenden Touristen führen dazu, dass viele Hotels erst gar nicht geöffnet oder nach dem jüdischen Feiertag Schavuot Ende Mai wieder geschlossen haben. Auch große Hotels wie das King David oder das Dan Panorama in Jerusalem empfangen gar keine Gäste. Für die Tourismusindustrie, die rund drei Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt und für rund 80 000 Arbeitnehmer Jobs bietet, hat die Regierung Anfang Juni Hilfen im Umfang von 85 Millionen Dollar versprochen.

Weitaus mehr Mittel braucht die israelische Fluglinie El Al. Die Schulden belaufen sich auf insgesamt zwei Milliarden Dollar. Bis zumindest Ende Juli bleiben die Maschinen am Boden. Nach wochenlangem Tauziehen hat das Finanzministerium ein Rettungspaket angeboten, über dessen Annahme das Unternehmen derzeit berät. Die Fluglinie soll einen zu 75 Prozent vom Staat garantierten Kredit in Höhe von 250 Millionen Dollar bekommen. Zudem ist eine Kapitalerhöhung von 150 Millionen geplant.

Im Zuge dessen könnte der Staat wieder zum Aktionär von El Al werden - ausgerechnet unter Netanjahu, der vor fünfzehn Jahren die Privatisierung angestoßen hatte. Laut dem Vorschlag könnte der Staat durch die Kapitalerhöhung am Ende 61 Prozent der Anteile an El Al halten. In dem Fall würde ein Kommissär die Beteiligung treuhänderisch verwalten. Nach drei bis fünf Jahren soll die Fluglinie erneut privatisiert werden. 2004 hatte der Staat seine Beteiligung an der wichtigsten nationalen Fluglinie abgestoßen. Größter Aktionär ist derzeit das private Luftfahrtunternehmen Knafaim Holdings mit 37,3 Prozent der Anteile.

Das Management muss außerdem eine Umstrukturierung vornehmen. Ein Drittel der insgesamt 6000 Angestellten, die seit Anfang März freigestellt sind, soll reduziert werden. Außerdem bekommen die verbleibenden Mitarbeiter fünf Jahre lang keine Freiflüge mehr, die Löhne der Besserverdienenden, des Managements und des Aufsichtsrates werden gekürzt und Dividendenzahlungen ausgesetzt. Auch wenn Israel seine Grenzen wieder öffnet, ist noch nicht sichergestellt, dass dann Touristen auch mit El Al ins Land kommen.

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