Süddeutsche Zeitung

Konsum:Achtung, Alkohol

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Irland ist weltweit das erste Land, das per Gesetz Warnhinweise auf alkoholischen Getränken einführt. Die Hersteller sind empört - und rufen nach Hilfe aus Brüssel.

Von Alexander Mühlauer, London

Immer wenn es regnet, und das kommt in Dublin ziemlich oft vor, ist es im "Ferryman" schon am frühen Nachmittag nicht ganz leicht, einen Tisch zu bekommen. Das "Ferryman" ist ein Pub mit einer knallroten Tür, direkt am Fluss Liffey, und einem Tresen, an dem ein Guinness nach dem anderen gezapft wird. Wenn man Glück hat, packt jemand eine Geige aus und fängt an zu spielen.

Das, was im "Ferryman" passiert, gehört für viele in Irland zu den angenehmen Seiten des Alltags. Nicht wenige sehen darin sogar einen bedeutenden Teil der irischen Kultur. Mit Freunden ins Pub gehen, ein paar Pints trinken und zur Musik klatschen, das ist etwas, das sie nicht missen wollen. Doch nun sehen so manche diese Kultur bedroht. Und zwar nicht nur im Pub.

Glaubt man der Regierung in Dublin, wird Irland das erste Land der Welt, in dem die Hersteller von alkoholischen Getränken verpflichtet werden, die Konsumenten vor eben diesen mit entsprechenden Hinweisen zu warnen. Gesundheitsminister Stephen Donnelly hat das neue Gesetz bereits unterzeichnet, 2026 soll es in Kraft treten. So haben die Firmen noch Zeit, sich darauf vorzubereiten. "Dieses Gesetz soll uns allen ein besseres Verständnis des Alkoholgehalts und der mit dem Alkoholkonsum verbundenen Gesundheitsrisiken vermitteln", sagte Donnelly. Die Verbraucher sollten damit "eine fundierte Entscheidung über den eigenen Alkoholkonsum treffen".

Wie die Warnhinweise genau aussehen sollen, ist noch nicht ganz klar. Nur so viel: Verbraucher sollen vor Gesundheitsrisiken wie Lebererkrankungen oder Krebs gewarnt werden. Auf den Flaschen oder Dosen müssen die Konsumenten zusätzlich über den Kaloriengehalt, den enthaltenen Alkohol und die Risiken von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft informiert werden.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) begrüßte das irische Gesetz und bestätigte dessen Einzigartigkeit. Mit den neuen Vorschriften werde Irland das erste Land mit einer umfassenden Gesundheitskennzeichnung auf allen alkoholischen Produkten sein, heißt es in einer Stellungnahme. Bislang gebe es nur in Südkorea Krebswarnungen auf den Verpackungen alkoholhaltiger Getränke.

Laut WHO war allein in der EU ein leichter bis mäßiger Alkoholkonsum für fast 23 000 Krebsfälle im Jahr 2017 verantwortlich. Fast die Hälfte davon waren Brustkrebserkrankungen. Eine Umfrage der irischen Regierung zeigt, wie wenig die Menschen darüber wissen. So war 79 Prozent der Befragten nicht bekannt, dass Brustkrebs eine Folge von Alkoholkonsum sein kann.

Vor allem aus Südeuropa gab es bereits Kritik

Während die Irish Cancer Society das neue Gesetz aus Dublin als "bahnbrechend" bezeichnete, gibt es auch allerlei Kritik. Die Lobbygruppe Spirits Europe, die Hersteller alkoholischer Getränke wie Diageo und Bacardi vertritt, hat die EU-Kommission aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland einzuleiten. "Die Maßnahmen bergen die Gefahr einer Fragmentierung des Binnenmarktes, da sie von den harmonisierten Kennzeichnungsvorschriften der EU abweichen", heißt es in einer Mitteilung. Dem schließt sich auch der europäische Wein-Lobbyverband CEEV an.

Bereits im Januar, als die Pläne der irischen Regierung bekannt wurden, gab es vor allem aus südeuropäischen Ländern massive Kritik. Der italienische Botschafter in Irland, Ruggero Corrias, erklärte im irischen Rundfunk seine Sicht der Dinge: "An den Warnhinweisen ist nichts auszusetzen. Der Punkt ist, dass die Warnungen verhältnismäßig sein sollten." Wenn es um Wein gehe, sei die Behauptung, dass Alkoholkonsum zu Lebererkrankungen führe, "total unverhältnismäßig".

In Irland wird eher mehr Bier als Wein getrunken, dennoch dürften dort viele Menschen dem Botschafter zustimmen. Wie in Italien gibt es auch in Irland Verfechter einer gewissen Trinkkultur, die so schnell keine Ruhe geben dürften. Man findet sie in Pubs wie dem "Ferryman" in Dublin. Nicht nur, aber besonders dann, wenn es draußen mal wieder regnet.

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