Sanktionen:Trump trifft Iran dort, wo es weh tut

Sanktionen: Eines hat Iran in großen Mengen: Öl. Wegen der US-Sanktionen wird es das Land nun erneut schwerer haben, den Rohstoff in die Welt zu exportieren.

Eines hat Iran in großen Mengen: Öl. Wegen der US-Sanktionen wird es das Land nun erneut schwerer haben, den Rohstoff in die Welt zu exportieren.

(Foto: AFP)
  • Die US-Regierung hat am Montag ihre Wirtschaftssanktionen gegen Iran wieder in Kraft gesetzt. Sie treffen vor allem die Ölindustrie des Landes.
  • Irans Präsident Rohani sprach von einem "Wirtschaftskrieg" gegen sein Land. Iran werde die "illegalen und ungerechten Sanktionen mit Stolz umgehen".
  • Acht Länder sollen vorerst weiter Geschäfte mit Iran machen dürfen: China, Indien, Südkorea, die Türkei, Italien, Japan, Griechenland und Taiwan

Von Cerstin Gammelin, Berlin, und Paul-Anton Krüger

Irans Präsident Hassan Rohani hat seine Wahl im Jahr 2013 dem Versprechen zu verdanken, er werde den Atomstreit beilegen und Iran von den Sanktionen befreien. Er setzte Verhandlungen mit dem Erzfeind USA gegen massiven Widerstand der Konservativen durch - und muss sich jetzt vorhalten lassen, er habe sich von Amerikanern täuschen lassen. Noch einmal kann er sich das nicht erlauben, und so schlägt er gegenüber US-Präsident Donald Trump harte Töne an.

Die Sanktionen, die Washington am Montagmorgen wieder in Kraft gesetzt hat, geißelte Rohani in einer Fernsehansprache als "Wirtschaftskrieg". Iran werde die "illegalen und ungerechten Sanktionen mit Stolz umgehen, weil sie gegen internationale Regeln verstoßen", sagte er. Die Strafen richten sich gegen die Ölindustrie und die Zentralbank der Islamischen Republik, aber auch gegen die zivile Luftfahrt und die Handelsflotte, die für die Ölexporte des Landes bedeutend ist. Neue Verhandlungen mit den USA machte Rohani davon abhängig, dass die andere Seite ihre Verpflichtungen einhalte - gemeint ist damit das Atomabkommen.

Trump hatte am Freitag gesagt, er sei offen, einen umfassenden Deal zu schließen, wenn damit Iran "für immer der Weg zu Atomwaffen versperrt wird und die gesamte Bandbreite des schädlichen Verhaltens" im Nahen Osten beendet werde. Trump hatte an dem Abkommen vor allem kritisiert, dass die Beschränkungen für die Urananreicherung zwischen den Jahren 2025 und 2030 sukzessive auslaufen und Irans Rolle in Syrien, Libanon, Jemen und im Irak ausgeklammert blieb. Die Befürworter des Abkommens halten dem entgegen, dass das Verhandlungsmandat des UN-Sicherheitsrats nur den Atomstreit umfasst habe und strenge Inspektionen auch nach dem Ende der Laufzeit sicherstellen, dass Iran nicht nach Atomwaffen greifen kann.

In Teheran haben Äußerungen von US-Sicherheitsberater John Bolton und ein zwölf Punkte umfassender Forderungskatalog von Außenminister Mike Pompeo die Wahrnehmung bestärkt, dass die USA auf eine Destabilisierung Irans durch wirtschaftlichen Druck hinarbeiten, die letztlich auf einen Regimewechsel ziele. Irans Währung, der Rial, hat seit April 70 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Dollar eingebüßt, die Inflation erreicht 16 Prozent.

Sanktionen waren nach Einschätzung westlicher Diplomaten zwar maßgeblich dafür, dass Iran sich 2013 auf ernsthafte Verhandlungen einließ. Sie gelten in der internationalen Politik als Mittel, um eine Verhaltensänderung zu bewirken. Allerdings war der Druck auch mit einem konkreten Angebot für Gegenleistungen verbunden. Die Forderungen der Trump-Regierung sind so weitgehend, dass europäische Diplomaten von einer "Kapitulationsaufforderung auf voller Breite" sprachen, die für Iran unannehmbar sei. Sanktionen bleiben dann aber immer noch ein Mittel, um die politischen und wirtschaftlichen Kosten der Gegenseite hochzutreiben, so die Strafen gegen Russland wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim.

Die EU versucht, den Handel mit Iran fortzuführen

Allerdings beruhte der Effekt der Sanktionen gegen Iran 2013 wesentlich darauf, dass sie abgestimmt waren zwischen den USA und Europa, das nach der Islamischen Revolution 1979 weiter enge Handelsbeziehungen mit Iran pflegte. Heute arbeitet Europa daran, Zahlungskanäle zu schaffen, die es Iran erlauben sollen, weiter Öl zu verkaufen und Handel zu treiben - eine spezielle Zweckgesellschaft soll das leisten.

Iran führte zu Spitzenzeiten im April 2,8 Millionen Barrel Rohöl und Kondensate aus; Öl und petrochemische Produkte brachten dem Land im Ende März abgelaufenen Haushaltsjahr nach offiziellen Angaben Einnahmen von 70 Milliarden Euro, etwa 70 Prozent aller iranischen Ausfuhren und auch des Budgets. Die längerfristige Kapazität schätzen Branchenexperten auf etwa 2,2 Millionen Barrel. Seit Trump am 8. Mai das Atomabkommen gekündigt hat, sind die Ausfuhren auf geschätzt 1,8 Millionen Barrel gefallen. Ein Teil der Verluste machen aber die gestiegenen Preise wett.

Hatte Trump ursprünglich gefordert, alle Länder müssten ihre Einfuhren bis zu diesem Montag auf null zurückfahren, kündigte Pompeo nun an, dass acht Länder Ausnahmegenehmigungen erhalten: China, Indien, Südkorea, die Türkei, Italien, Japan, Griechenland und Taiwan - die sechs erstgenannten sind der Reihenfolge nach die wichtigsten Kunden Irans. Die Ausnahmen sind auf 180 Tage befristet und stehen unter der Bedingung, dass die Länder ihre Importe bereits reduziert haben und dies auch weiter tun. Iran wertet die Ausnahmen aber als Erfolg und Beleg dafür, dass Saudi-Arabien und andere Produzenten den iranischen Marktanteil nicht ersetzen können. Die Ölpreise waren Anfang Oktober auf 85 Dollar gestiegen, das erhöhte den Druck auf Washington. Nachdem sich die Ausnahmen abgezeichnet hatten, sank der Preis am Montag wieder auf 73 Dollar.

Umfangreiche Entschädigungen für Unternehmen schließt die Bundesregierung aus

Wie erfolgreich die EU in ihrem Versuch sein kann, weiter Handel zu ermöglichen, ist noch offen. Die genauen Auswirkungen der Sanktionen auf deutsche Unternehmen in Iran könnten noch nicht genau eingeschätzt werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Er schloss noch einmal aus, dass deutsche Unternehmen, die wegen der US-Sanktionen ihr Geschäft in Iran beenden müssen, umfänglich entschädigt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe dies bereits erklärt. In Einzelfällen sei aber Unterstützung für betroffene Unternehmen denkbar. Man könne prüfen, "ob es für kleine und mittlere Unternehmen" Vergünstigungen geben werde.

Die Bundesregierung prüfe weiter die wirtschaftliche Basis, auf der Firmen geschützt werden können. Sie sei weiterhin überzeugt, "dass wir weiter legale Geschäftsbeziehungen mit dem Iran ermöglichen sollten". Das Bundeswirtschaftsministerium teilte mit, man befinde sich "in Gesprächen" mit den betroffenen Unternehmen. Die extra dafür eingerichtete Hotline sei weiter geschaltet.

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