Handelspolitik:Wie du mir, so ich dir

Handelspolitik: Diese Brücke in Kroatien wurde von der EU bezahlt und von einem chinesischen Unternehmen gebaut.

Diese Brücke in Kroatien wurde von der EU bezahlt und von einem chinesischen Unternehmen gebaut.

(Foto: Elvis Barukcic/AFP)

Staaten wie China sperren EU-Konzerne von Ausschreibungen aus. Künftig darf es die EU-Kommission chinesischen Anbietern mit gleicher Münze heimzahlen. Doch es gibt Zweifel, was das bringen soll.

Von Björn Finke, Brüssel

Das neue Gesetz sei "keine Lex China", sagt Bernd Lange (SPD), der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament. Dennoch ist klar, dass China Hauptadressat dieser heiklen EU-Verordnung ist: Künftig kann die EU-Kommission erzwingen, dass Mitgliedstaaten Konzerne aus einem bestimmten Land bei öffentlichen Ausschreibungen benachteiligen. Zum Beispiel, wenn eine Regierung Brücken oder Tunnel bauen lässt. Ziel dieses "Instruments für das internationale Beschaffungswesen", so der Name, ist aber nicht Abschottung. Vielmehr soll die Brüsseler Behörde mit diesem Druckmittel ausländische Märkte aufbrechen.

Die Kommission legte einen ersten Gesetzentwurf bereits 2012 vor, allerdings ging es wegen Bedenken mancher EU-Regierungen, etwa der deutschen, lange nicht voran. Doch am Montagabend einigten sich nun Europaparlament und Ministerrat, das Gremium der Mitgliedstaaten, auf einen Kompromiss. Damit kann die Verordnung noch in diesem Jahr in Kraft treten. China droht daher bald Ärger: Das Land schließt europäische Unternehmen bei staatlichen Ausschreibungen aus. Umgekehrt ist die EU bislang sehr offen für die Beteiligung nichteuropäischer Firmen an solchen Bieterverfahren. Das neue Instrument sieht vor, dass die Kommission Verhandlungen mit solch protektionistischen Regierungen beginnt, um die Benachteiligung zu beenden.

Dabei kann die Kommission drohen, dass andernfalls Konzerne aus dem Übeltäterland - zum Beispiel China - in der EU künftig ebenfalls bei staatlichen Ausschreibungen diskriminiert werden: ganz nach dem Motto "Wie du mir, so ich dir". Die Behörden der Mitgliedstaaten müssten chinesische Offerten dann mit einem Malus versehen, etwa das Gebot so behandeln, als sei der geforderte Preis doppelt so hoch.

Wird sich China beeindrucken lassen?

Die Kommission kann sogar verlangen, dass Bieter aus China komplett ausgeschlossen werden. Bei dieser härtesten Vergeltungsaktion muss aber eine qualifizierte Mehrheit der EU-Regierungen zustimmen, also ungefähr zwei Drittel der Länder. Geht es dagegen nur um einen Malus, können die Hauptstädte de facto nichts gegen die Anweisungen aus Brüssel tun.

Handelspolitik: U-Bahn im schwedischen Stockholm: Beim Ausbau kam der chinesische Tunnelbauer CRTG zum Zuge, während Peking zugleich EU-Konzerne von Ausschreibungen verbannt.

U-Bahn im schwedischen Stockholm: Beim Ausbau kam der chinesische Tunnelbauer CRTG zum Zuge, während Peking zugleich EU-Konzerne von Ausschreibungen verbannt.

(Foto: Jessica Gow/dpa)

Die große Frage ist jedoch, ob solche Strafen wirklich dazu führen werden, dass China seine Ausschreibungen für Europäer öffnet. Falls nein, würde das Instrument EU-Märkte gegen den asiatischen Rivalen abschotten, ohne dass sich in China die Dinge zum Guten ändern. Der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer, Vorsitzender der China-Delegation des Parlaments, sagt, er glaube nicht, dass Peking wegen des EU-Gesetzes eine Wende hinlege, "aber wir können dann wenigstens für eine defensive Reziprozität sorgen" - sprich: Chinas Konzerne genauso schlecht behandeln, wie Europäer es in China erleiden.

Daniel Caspary war für die Verordnung als Berichterstatter im Europäischen Parlament verantwortlich. Der CDU-Abgeordnete gibt sich einen Hauch zuversichtlicher als Bütikofer und sagt, er habe "am Ende eine gewisse Resthoffnung, dass dieses Instrument uns vielleicht nicht im Großen und Ganzen, aber doch in dem ein oder anderen Sektor in China weiterhelfen kann".

Die Regel könnte Steuerzahler belasten

Die Einschränkungen der Kommission gelten nur für Ausschreibungen mit einem Wert von mindestens fünf Millionen Euro beim Kauf von Dienstleistungen und Gütern, etwa Computern. Bei Bauprojekten liegt die Grenze bei 15 Millionen Euro. Dies soll bürokratische Lasten verringern, hat allerdings nach Schätzung von Caspary zur Folge, dass immer noch "gut neunzig Prozent" der für ausländische Konzerne interessanten Vorhaben erfasst werden.

In den Verhandlungen mit dem Ministerrat setzte das Parlament durch, dass es kaum weitere Ausnahmen gibt. So wollten sich die EU-Regierungen das Recht sichern, das Instrument nicht anwenden zu müssen, wenn die Diskriminierung bestimmter Bieter die Preise und damit die Kosten für die Steuerzahler kräftig hochtreiben würde. Diese Klausel findet sich nicht mehr im vereinbarten Kompromiss. Die EU-Regierungen hätten "versucht, aus dem Instrument einen Schweizer Käse mit ganz vielen Löchern zu machen", klagt der SPD-Handelspolitiker Lange. Dies habe das Parlament verhindert.

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