Investorenberater:Stimmgewaltig

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Auch in Deutschland sorgten die Empfehlungen der Spezialisten für einigen Wirbel bei den Aktionärstreffen - zum Ärger vieler Konzernchefs. Ein Überblick.

Von Victor Gojdka, München

Stimmrechtsberater empfehlen großen Investoren, wie sie auf Hauptversammlungen abstimmen sollen: Ob der Aufsichtsrat entlastet werden kann, ob Kandidaten Ämter häufen und sich zu viel zumuten. Vor allem die beiden Anbieter ISS und Glass Lewis bestimmen das Geschäft mit den Empfehlungen. Im Vorfeld von Hauptversammlungen sorgen sie immer wieder für Aufregung. Eine Übersicht über besonders aufsehenerregende Fälle.

Deutsche Börse

Für viele Anleger war der ehemalige Börsenchef Carsten Kengeter ein Ärgernis geworden. Die Fusion mit der Londoner Börse LSE? Gescheitert. Dazu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Kengeter wegen des Verdachts auf Insiderhandel. Kengeter hatte im Herbst 2017 seinen Posten geräumt. "Angesichts der Schwere der Anschuldigungen und Entwicklungen in dem Fall in der zweiten Jahreshälfte 2017 empfehlen wir, dieses Mal gegen eine Entlastung von Kengeter zu stimmen", hieß es im Papier des Stimmberaters ISS. Auch Glass Lewis empfahl, den ehemaligen Vorstandschef nicht zu entlasten.

SAP

Im vergangenen Jahr legten sich die Stimmrechtsberater mit SAP-Chef Bill McDermott an. Insbesondere das Vergütungssystem für das Top-Management wurde kritisiert. Bei SAP sei die maximal mögliche Vergütung unangemessen hoch, gab der kleinere Stimmrechtsberater Hermes EOS zu Protokoll. Auch ISS empfahl seinen Kunden deswegen, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten.

Norma

Im beschaulichen Maintal ging es in diesem Mai hoch her: Bei der Hauptversammlung des Verbindungstechnik-Produzenten Norma wählten die Aktionäre Aufsichtsratschef Stefan Wolf ab. Denn Wolf war nicht nur Norma-Chefkontrolleur, sondern auch Vorstandschef beim Autozulieferer Elring Klinger. Für den Stimmrechtsberater ISS offenbar eine ungute Doppelfunktion.

Münchener Rück

Bei der Hauptversammlung 2017 legte sich Aufsichtsratschef Bernd Pischetsrieder ins Zeug: Das Vergütungssystem für die Manager sei "für das Geschäftsmodell richtig", die Boni orientierten sich an langfristigen Zielen. Stimmrechtsberater hatten zuvor allerdings empfohlen, das Vergütungsmodell abzulehnen. Fast zwei Drittel der Aktionäre folgten dieser Empfehlung. Eine "Aktionärsrebellion", wie später Kommentatoren schrieben.

Deutsche Bank

Diese Meldung sorgte im April dieses Jahres für Aufsehen: Der Stimmberater Ivox Glass Lewis empfehle, den Aufsichtsratschef der Bank, Paul Achleitner, nicht zu entlasten. Ivox kritisierte, die Bank habe in sechs Jahren drei Mal den Vorstandschef ausgewechselt. Da stelle sich die Frage, wie gut Achleitner mit der Vorstandsspitze zusammenarbeite. Der größte Stimmrechtsberater ISS stellte sich zwar auf Achleitners Seite, sprach jedoch von einer "letzten Chance" für ihn.

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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