Investoren buhlen um insolvente Drogeriekette:Was von Schlecker übrigbleibt

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Wer soll Schlecker übernehmen, nachdem zehntausend Arbeitnehmerinnen entlassen wurden? Der Firmenname dürfte bald Geschichte sein, wenn sich kein Investor findet. Sechs Unternehmen sind ernsthaft interessiert. Doch Fachleute bezweifeln, dass die Drogeriekette überhaupt saniert werden kann.

Max Hägler

Nun also hat die nächste Phase im Schlecker-Drama begonnen. Erst die Pleite im Januar, dann das Schließen von 2200 Filialen als vorläufige Reanimationsmaßnahme sowie der erfolglose politische Kampf gegen die sofortige Arbeitslosigkeit von mehr als 10.000 Schleckerfrauen. Jetzt geht es darum, wer die geschrumpfte Drogerie-Kette mit ihren 3200 verbliebenen Filialen künftig führen wird. Findet sich niemand, dürfte der Firmenname Schlecker in Deutschland bald Geschichte sein. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz will die Immobilien und Warenbestände bis Mitte Mai verkaufen. Die Rede ist von einem Mindestgebot von 100 Millionen Euro.

Zwei Finanzinvestoren bestätigten ihr Interesse: die deutsche Droege-Gruppe und die tschechische Investmentgesellschaft Penta, die beide über ein Milliardenvermögen verfügen. Zudem soll je ein Finanzinvestor aus den USA und aus Spanien Interesse an Schlecker haben.

Dem Investment- und Beratungsunternehmen Droege mit Sitz in Düsseldorf gehört der IT-Dienstleister Actebis und die österreichische Zeitarbeits-Firma Trenkwalder. Allerdings soll Droege zu wenig geboten haben und deswegen nicht in der engeren Auswahl sein, berichten die Stuttgarter Nachrichten. Tatsächlich fehlt Droege wohl in der Liste der sechs spannendsten Interessenten, die das Bankhaus Rothschild erstellt hat.

Ein Vertreter der Investmentgruppe Penta sagte der SZ, man habe vor einer Woche ein "ernst gemeintes und ziemlich detailliertes Angebot" eingereicht. "Wir wären ein guter Partner für Schlecker", warb ein Sprecher. Penta hat den einstigen Staatskonzern Ostslowakische Eisenwerke (VSZ) erfolgreich saniert, ist aber derzeit auch wegen einer möglichen Verwicklung in eine Korruptionsaffäre in den Schlagzeilen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Prag wartet nun auf eine Einladung des Insolvenzverwalters und der beauftragten Bank Rothschild zu detaillierten Gesprächen und einer genauen Buchprüfung.

Lars und Meike, die Kinder von Firmengründer Anton Schlecker, würden indes gerne an dem Unternehmen ihres Vaters beteiligt bleiben, das einst Marktführer war. Ihr Trumpf: Sie sind Eigentümer der Schlecker-Logistikfirma und damit Gläubiger. Wenn die Schlecker-Kinder sich am neuen Schlecker beteiligen und im Gegenzug auf ihre Forderungen verzichten würden, profitierten der Insolvenzverwalter und die übrigen Gläubiger davon.

Die meisten Deutschen würden Schlecker nicht vermissen

"Aller Voraussicht nach wird das höchste Kaufpreisangebot den Zuschlag erhalten", sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters. Dabei ist fraglich, ob sich der Verwalter letztlich wirklich in der komfortablen Situation wiederfindet, unter verschiedenen Angeboten das beste aussieben zu können. Womöglich geht es in den kommenden Wochen eher darum, dass nach den eingehenden Buchprüfungen wenigstens einer im Rennen bleibt.

"Ich bezweifle, dass Schlecker trotz der Filialschließungen und Stellenstreichungen ertragreich ist", sagte etwa Jörg Funder der SZ. Der Direktor des Instituts für Internationales Handelsmanagement an der Hochschule Worms, der eingehende praktische Handelserfahrung besitzt, kommt zu einem harten Urteil: "Ich glaube nicht, dass es letztlich einen Käufer gibt."

Die Einschätzung, dass Schlecker trotz der Schließungen operativ immer noch Verluste schreibt, passt zu den Verhandlungen, die Insolvenzverwalter Geiwitz seit dieser Woche mit den Arbeitnehmern führt: Er fordert einen Sparbeitrag auch von den verbliebenen 13.500 Mitarbeitern, berichten Teilnehmer. Allerdings hätten die Gespräche bisher keinen Erfolg gehabt.

Es sei möglich, aber herausfordernd, bei Schlecker Geld zu verdienen, sagt Funder: Die Kosten könnten kaum noch gesenkt werden; für schwarze Zahlen könnten nur steigende Umsätze sorgen - also wieder mehr Kunden, die mehr einkaufen. Ein schwieriges Unterfangen, da einer Emnid-Umfrage im Auftrag des Focus zufolge fast drei Viertel der Deutschen Schlecker "nicht vermissen" würden. Neben dem Ausgang der Gehaltsverhandlungen blicken die Insolvenzverwalter auch gespannt auf die Amtsgerichte: Die Frage ist, wie viele der Schlecker-Frauen gegen ihre Kündigung klagen werden. 8860 haben sich mittlerweile deutschlandweit arbeitslos gemeldet, teilte die Arbeitsagentur mit.

Sollten mehrere Tausend von ihnen versuchen sich einzuklagen, dann dürfte eine Investorenlösung sehr unwahrscheinlich werden: Die möglicherweise wieder zu zahlenden Löhne oder hohen Abfindungen würde sich wohl keiner leisten wollen.

Zu Beginn der vierten Aprilwoche wird die Zahl der Klägerinnen feststehen. Dann wird klar sein, ob Schlecker eine Chance zum Überleben hat.

© SZ vom 07.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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