Internet-Telefonie:Wenn die Nummern knapp werden

Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation geht gegen Anbieter von Internet-Telefonie vor. Ihre Begründung: Eine Rufnummern-Misere in Deutschland.

Die Kunden sind verunsichert, die Unternehmen empört. Die Anbieter dürfen von diesem Freitag an Telefonnummern nur noch lokal entsprechend der Ortsvorwahl vergeben, hat die Regulierungsbehörde in Bonn verfügt.

Internet-Telefonie: Der Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommuni-kation und Post, Matthias Kurth.

Der Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommuni-kation und Post, Matthias Kurth.

(Foto: Foto: dpa)

Die Internet-Telefonanbieter sehen dadurch mangels Alternativen ihr gesamtes Geschäft massiv behindert und vermuten staatlichen Protektionismus zu Gunsten der Deutschen Telekom.

Rufnummern-Knappheit

Die Regulierungsbehörde begründet ihren Schritt, von dem manches betroffene Unternehmen zuerst aus der Zeitung erfuhr, mit der Gefahr einer Rufnummern-Knappheit in Deutschland.

Sollten die Internet-Telefongesellschaften ihre bundesweite Nummernvergabe aus nur wenigen Ortsnetzen schöpfen, könnten die Nummern dort eines Tages ausgehen.

"Die Behörde verbietet, ohne Alternativen bereitzustellen. Sie hat die Rufnummern-Misere durch Untätigkeit selbst verursacht", erwidert Thilo Salmon, Geschäftsführer des Düsseldorfer Internet-Telefondienstes sipgate.

Für eine bundesweite Rufnummern-Zuteilung verlange die Bonner Behörde 2,5 Millionen Euro Verwaltungsgebühren - in England und Österreich sei dies umsonst. Schlimmer noch: Reinen Internet-Telefonanbietern teile die Behörde gar keine Nummern zu.

Vorwurf der Marktbehinderung

Die Regulierungsbehörde weist den Vorwurf einer Marktbehinderung weit von sich: "Wir wollen nichts gegen den Markt machen. Wegen des Nummernproblems mussten wir aber schnell einschreiten", sagt deren Sprecher Rudolf Boll.

Den Ausweg sehen die Regulierer in einer eigenen Rufnummerngasse für Internet-Telefonie, die die Vorwahl 032 bekommen soll. "Wir reden seit einem Jahr über Rufnummern und es gibt sie immer noch nicht", entgegnet Salmon.

Eine eigene Vorwahl könnte sich zudem als Reinfall entpuppen: Für die klassischen Telefongesellschaften wäre es damit möglich, für die Durchleitung der ungeliebten, neuen Konkurrenz Preise zu verlangen, die den Telefonierern via Internet jeden Spaß an der neuen Technik verderben.

"Die Kunden wollen ihre alten Telefonnummern zum neuen Anbieter mitnehmen. Das wäre verbraucherfreundlich und es würde auch kein Nummern-Engpass entstehen."

Zum Schutz der Telekom

Auch Freenet-Chef Eckard Spoerr, wie sipgate einer der großen Internet-Telefonanbieter, geht mit der Staatsaufsicht für die Telekommunikation hart ins Gericht: Die Behörde schütze die Telekom, behindere Innovationen und verlange nun sogar von den Unternehmen, ihre Angebote binnen weniger Tage vom Markt zu nehmen.

Spoerr und Salmon vermissen auch in einer weiteren entscheidenden Frage beim Regulierer jede Freude am Wettbewerb: So sei die Behörde bislang nicht dagegen eingeschritten, dass die Telekom ihren schnellen DSL-Datenverkehr mit dem Telefonanschluss koppelt.

Wettbewerbswidrige Kopplung

"Aus unserer Sicht ist die Kopplung wettbewerbswidrig und ein Verstoß gegen das Telekommunikationsgesetz", sagt Salmon. In Norwegen etwa sei die Trennung vollzogen und die Internet-Telefonie boomt.

In Japan telefonierten schon mehrere Millionen Menschen via Internet und in den USA Hunderttausende. Für kommenden Montag hat der Chef der Regulierungsbehörde, Matthias Kurth, in Bonn eine Grundsatzrede in Aussicht gestellt.

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