Wenn der Partner schnarcht, hilft manchmal ein kleiner Knuff in die Seite. Oder ein Doppelbett für 4000 Dollar: Dessen Sensoren-Matratze identifiziert den sägenden Störenfried und hebt automatisch sein Kopfteil an, um ihm besseres Durchatmen zu ermöglichen. Liegetests auf dem "360 Smart Bed" der Firma Sleep Number waren auf der CES in Las Vegas nicht nur deshalb beliebt, weil die weltgrößte Elektronikmesse mit ihren Tausenden Ständen und Geräten eine ermüdende Veranstaltung ist: Das Bett ist auch ein guter Gradmesser für die fortschreitenden Entwicklung im Zusammenspiel von Sensoren, Software und Hardware.
Matratzen, die mittels biometrischer Sensoren die Schlafqualität messen, gibt es bereits länger. Im Falle des "360" befinden sich Druck- und Vibrationssensoren an den Luftkammern der Matratze. Eine Software wertet die Daten aber nicht nur zur Schlaf-Optimierung aus, sondern nutzt sie auch für Anpassungen: Die Kammern pumpen Luft ein oder ab, um das Liegen bequemer zu machen. Nebenbei kann das Bett auf Wunsch das Licht anschalten, sobald man nachts aufsteht.
Messungen um der Messung Willen
"Nett, aber noch unnötig", lautet häufig das Urteil über solche Neuheiten. Diese Skepsis hat sich die Branche selber zuzuschreiben: Lange glaubte sie, der Einbau von Sensoren und das Ausliefern der gemessenen Ergebnisse genüge, um Kunden einen Mehrwert vorzugaukeln. Doch nicht nur das schwache Marktwachstum von Smartwatches und Fitness-Trackern zeigt, dass das Versprechen auf Selbstoptimierung alleine für einen Kauf nicht ausreicht.
Natürlich gab es sie auch auf der CES 2017, die Messungen um der Messung Willen: Eine ganze Palette von Aktivitäts-Halsbändern für Hunde zum Beispiel, oder eine Pfanne mit Temperatur-Sensor, die "Spitzenköche und Gesundheitsberater mit Heim-Köchen in Verbindung bringt". Häufig blieb der unmittelbare Nutzen sehr speziell: Welcher Laie wird ein Spektralmessgerät in seinem Rotwein-Glas versenken?
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Für unterschiedliche Sportarten gibt es spezielle Versionen von Airbags
Zugleich werden die Anwendungen interessanter, wenn sie konkrete Probleme lösen: Gleich mehrere Anbieter zeigten Körper-Airbags für Motorrad-, Ski- oder Fahrradfahrer. Die Schutzwesten blasen sich selbst auf, sobald die Sensoren dem eingebauten Mini-Computer eine Sturzbewegung mitteilen. "Allerdings fällt ein Skifahrer anders als ein Radfahrer stürzt, es müssen andere Körperstellen geschützt werden", erzählte ein Mitarbeiter des Herstellers InMotion, weshalb für jeden Aktivität eine andere Weste nötig sei. Mit einem Preis von 1200 Euro handelt es sich derzeit allerdings sowieso noch um ein Luxus-Kleidungsstück.
Ohnehin bleiben Kunden mit prallem Geldbeutel die Zielgruppe für die interessantesten Anwendungen. Carnival Corp, das größte Kreuzfahrtunternehmen der Welt, stellte auf der CES ein vernetztes System vor, das von Herbst an auf dem Schiff Regal Princess eingeführt wird. Mehr als 7000 Sensoren sollen den Komfort der Passagiere verbessern: Die erhalten eine App und ein kleines Medaillon, das sie mit sich herumtragen.
Sensoren erkennen über das münzgroße Stück Technik den Gast, der so ohne Schlüssel die Kabinentür öffnen oder nur durch seine Anwesenheit die Rechnung bezahlen kann. Mitarbeiter auf dem Schiff erhalten auf ihrem Tablet-Computer Infos, mit wem sie es gerade zu tun haben, sobald sich ein Passagier nähert. "Wir wollen mehr über unsere Gäste lernen", erzählte Vorstandsmitglied Michael G. Jungen der New York Times. Denn mit dem Komfort geben die gläsernen Seefahrer auch ihre Vorlieben und Verhalten preis.
Solche Ideen werfen Datenschutz-Fragen auf, von denen viele ohnehin über der vernetzten Dauervermessung der Welt schweben. "Das Internet der Dinge ist tot", verkündete jüngst bereits das Magazin Wired angesichts zahlreicher Sicherheitslücken und Hacker-Angriffe auf vernetzte Geräte. Auf der CES beteuerten die Hersteller unaufhörlich, Sicherheitsfragen bei Heimprodukten so ernst zu nehmen, als handele es sich um die Fabrikanlage eines Geschäftskunden.
Ein wirklich smarter Einsatz von Sensoren könnte ohnehin darin bestehen, nicht einfach nur ununterbrochen Informationen an eine private Datenbank zu funken, sondern intelligente Anwendungen für die Allgemeinheit zu schaffen. Auf der CES waren mehrere Luftqualitäts-Messgeräte zu sehen, ob als faustgroßes Rucksack-Anhängsel oder Smartphone-Aufsatz. Sie messen neben der Temperatur auch Luftverschmutzung und Ozongehalt und können einige Chemikalien identifizieren.
Die Daten zur Luftqualität fließen aber auch in offizielle Messportale ein. Das bedeutet wiederum, das die Informationen über die Abgasbelastung vor Ort auch für all jene besser werden, die sich per App oder Internet informieren wollen. Solche Projekte deuten darauf hin, wie unterschiedliche Informationen künftig in Echtzeit zwischen verschiedenen Anwendungen hin- und herfließen könnten. In diesem Zusammenhang sind auch die Erwartungen an den nächste Mobilfunk-Standard 5G hoch. Qualcomm-Chef Stephen Mollenkopf ließ sich schon jetzt zur Prognose hinreißen, dass "5G eine Wirkung haben wird, die wir mit der Einführung der Elektrizität vergleichen können."
Die Frage nach der Batterielaufzeit ist vielen Anbietern unangenehm
Drei Eigenschaften spielen für Sensoren und vernetzte Geräte eine entscheidende Rolle: 5G senkt die Latenzzeit bei der Datenübertragung auf bis zu einer Millisekunde, das ist ein Bruchteil des heutigen 4G-Netzwerks. Das wichtig, wenn Geräte außerhalb von Wlan-Verbindungen zuverlässig Daten in Echtzeit austauschen müssen.
Selbstfahrende Autos beispielsweise erkennen derzeit Ampeln über optische Sensoren. Künftig würde ihnen auch die Ampel selber mitteilen können, ob sie gerade auf rot oder grün steht. Die erweiterte Bandbreite von 5G sorgt auch dafür, dass es nicht zu voll in den Leitungen wird, wenn Milliarden von Gadgets und Messgeräten vernetzt sind. Dass das künftige Netz weniger Energie für die Datenübertragung benötigt, begünstigt den Einsatz von Sensoren ebenfalls.
Die Fragen nach der Batterielaufzeit neuer Sensor-Geräte waren vielen Anbietern auf der CES sichtlich unangenehm: Immer noch müssen regelmäßige Steckdosen-Stopps eingeplant werden. Ein banaler, aber wichtiger Grund dafür, dass Kunden sich für die neue Technologie noch nicht so richtig erwärmen können.