Wenn jemand PC sagt, meint er meist nicht die ollen Kisten, die man untern Schreibtisch stellt, obwohl sie ja Desktop heißen. Gemeint sind Laptops. Auch im Büro hat mittlerweile fast jeder einen, weil man den auch mit nach Hause oder auf Reisen nehmen kann. Über die vergangenen Jahre sind sie Generation für Generation schneller und trotzdem leichter geworden, aber das ging eher langsam, und wer es besonders leicht und klein haben wollte, musste entweder Unsummen zahlen oder Kompromisse bei der Leistungsfähigkeit eingehen. Das wird sich nun ändern. Neue Chips ermöglichen sehr flache, leichte und flotte Laptops zu einigermaßen erschwinglichen Preisen. Und nicht bloß das: Intel, der diesen Markt lange Jahre dominierte, ist schwer in Gefahr, seine beherrschende Stellung zu verlieren.
So sieht es zumindest Cristiano Amon, Chef des US-Chipherstellers Qualcomm. Die Firma war bisher eher Insidern bekannt, lieferte das Innenleben für Smartphones und Tablets, auch Autohersteller kaufen dort ein. Doch nun, nach jahrelanger Entwicklungsarbeit zusammen mit Softwarehersteller Microsoft, hat Qualcomm Chips für Laptops vorgestellt, die es aufnehmen können mit denen von Intel oder deren kleineren Konkurrenten AMD. Und Amon wittert ein Milliardengeschäft.
Im Grunde macht Qualcomm eigentlich das, was Apple schon länger tut: Auf der Grundlage von Designs der britischen Chipschmiede ARM entwickeln sie neue Chips, die wegen des andersartigen Designs weniger Strom brauchen, aber dennoch eine hohe Rechenleistung haben. Kaum jemand ist dafür besser aufgestellt als Qualcomm, die für viele Smartphone-Hersteller seit vielen Jahren Chips bauen, die genau diese Merkmale aufweisen – bisher allerdings auf etwas niedrigerem Leistungsniveau.
Aber Windows ist nicht Apple. Apple kann es sich leisten, seinen Kunden und den Entwicklern von Software zu sagen, dass man den Chiphersteller wechsle und dass alte Software daher nicht mehr oder nur noch mit einem (möglicherweise langsamen) Übersetzer funktionieren werde. Und Apple stellt auch die Geräte selber her. In der Windows-Welt dagegen gibt es ein weitverzweigtes Netzwerk aus Zulieferern und Geräteherstellern und dazu noch Microsoft, das mit Windows viel Kontrolle ausüben kann.
Wie viel, das zeigt sich derzeit exemplarisch. Microsoft, das lange mit Intel in einer engen Allianz zusammenarbeitete, baut in Qualcomm einen potenten Konkurrenten auf, der Intel, wohl nicht verdrängen wird, aber doch beträchtliche Marktanteile beanspruchen könnte.
Auch Intel hat einen neuen Chip vorgestellt
Und die Gerätehersteller? Wie sich auf der Ifa zeigt, bei der viele von ihnen vertreten sind, sitzen sie ein wenig zwischen den Stühlen. Sie müssen ja mit allen zusammenarbeiten. In dem harten Konkurrenzkampf und bei geringen Margen sind sie auf gute und vor allem frühzeitige Kooperation mit Chipherstellern und mit Microsoft angewiesen. Sonst geht es ihnen wie Huawei, das aus geopolitischen Gründen Googles Mobilbetriebssystem Android nicht mehr verwenden und nun aus dessen freier Version etwas Eigenes entwickeln muss – was natürlich zu Verzögerungen führt.
Das führt bei den PC-Herstellern zu kuriosen Situationen. Bei der Pressekonferenz von Qualcomm in den Bolle-Festsälen in Berlin-Moabit sitzen Vertreter von Herstellern wie Acer und Asus in der ersten Reihe, kommen auch auf die Bühne und loben die neuen Prozessoren. Aber am späten Nachmittag, als Asus zur eigenen Veranstaltung ins Tec-Innovation-Center nahe dem Siemens-Damm einlädt, kommt Qualcomm mit keinem einzigen Wort vor, die gesamte Veranstaltung findet gemeinsam mit Intel statt.
Auch Intel, der Platzhirsch, hat wie Erzrivale AMD einen neuen Chip vorgestellt. Die Lunar-Lake-Reihe soll Qualcomms Snapdragon-X-Serie Paroli bieten und tut das auch, soweit man das zum jetzigen Zeitpunkt sagen kann. Qualcomm Chef Amon gibt sich dennoch siegessicher und fordert während der Pressekonferenz die Anwesenden auf, doch einfach Vergleichstests anzustellen.
Offen sind noch die KI-Fähigkeiten der Chips
So viel Prognose sei gewagt: Die Unterschiede werden eher messbar als im Arbeitsalltag spürbar sein. Und für die größte angekündigte Veränderung, die KI-Fähigkeiten der Chips, sollen die Anwendungen ja größtenteils noch kommen. Diese Fähigkeit liegt auch in der intelligenten Nutzung verschiedener Bereiche auf dem Chip, also dem zentralen Prozessor (CPU), der Grafikeinheit (GPU) und der KI-Einheit, dem neuronalen Prozessor (NPU). Laptops nutzen diese KI-Fähigkeiten allerdings auch im Hintergrund, um bei hoher Leistung trotzdem energieeffizient zu arbeiten, heißt es beispielsweise beim Hersteller Acer.
Eines aber eint alle in dieser Branche: Sie haben nach Jahren relativer Dürre, unterbrochen nur vom kurzen Run auf Laptops während der Pandemie, jetzt wieder Argumente, mit denen sie Kunden dazu bewegen können, ihre älteren Geräte gegen neue einzutauschen. Microsoft hilft dabei auch auf andere Weise mit. Viele Computer, die unter Windows 10 problemlos laufen und auch unter dem Nachfolger, Version 11, keineswegs zusammengebrochen wären, können Windows 11 nicht ausführen. Das liegt an einer Reihe von Beschränkungen, die Microsoft etwa auf bestimmte Hauptprozessoren oder Sicherheitschips eingeführt hat.
Auch ganz ohne KI-Revolution wird das viele dazu bringen, sich neue Laptops zu kaufen, wenn die alten von Oktober 2025 an keine Sicherheitsupdates mehr für Windows 10 erhalten. Oder aber sie wagen es, einmal mit einem Linux-System wie Mint zu experimentieren, das Windows eigentlich sehr ähnlich ist. Besser als wegwerfen ist das allemal.