Zu aufgebläht, zu bürokratisch – Lip-Bu Tan, ein alter Fahrensmann der Chipbranche, hatte nicht gespart mit Kritik an Intel unter dem damaligen Chef Pat Gelsinger. Tan saß damals im Aufsichtsrat von Intel, den er schließlich aus Protest über die Strategie des kriselnden Konzerns verließ. Nun hat er die Chance, es besser zu machen, vor etwa einem Monat ist er zum Nachfolger Gelsingers ernannt worden. Und wie es scheint, will er seine Kritik nun wieder aufgreifen und das tun, was er damals schon tun wollte. Der einstige Dominator des weltweiten Marktes für Chips will nach Medienberichten etwa 20 Prozent seiner Belegschaft entlassen.
Dabei ist das nicht die erste Runde von Entlassungen. Bereits im August vergangenen Jahres, noch unter Gelsinger, hatte Intel angekündigt, man werde sich von 15 000 Mitarbeitern trennen. Ende 2024 arbeiteten noch knapp 109 000 Menschen für Intel, ein Jahr davor waren es noch knapp 125 000.
Die Schwierigkeiten, denen sich Intel gegenübersieht, sind nicht über Nacht entstanden, sondern haben sich über viele Jahre hinweg allmählich aufgebaut. Schon kurz nach der Jahrtausendwende hatte es Intel versäumt, konkurrenzfähige Chips für den überaus lukrativen Markt der Smartphones und Tablets zu entwickeln. Immerhin beherrschte der Konzern aus Santa Clara im Silicon Valley noch den Markt für PC- und Server-Chips.
Doch auch hier beginnt die Dominanz, in Gefahr zu geraten. Der Konkurrent AMD hat Intel technologisch überholt. Chips mit anderem Aufbau, etwa des US-Konkurrenten Qualcomm, dringen in die Domäne der Server ein, wo bisher Intel geherrscht hatte. Schließlich hatte Intel auch bei Chips für KI-Berechnungen nichts Konkurrenzfähiges zu bieten; so konnte der einstige Nischenanbieter Nvidia vorbeiziehen und zählt nun zu den wertvollsten Unternehmen der Welt.
Intel zählt zwar zu den wenigen Chipherstellern, die ihre Chips noch selbst produzieren. Aber auch hier hat das Unternehmen bei den zunehmend komplexer werdenden Fertigungstechnologien den Anschluss nicht halten können. Aktuelle Hochleistungschips, etwa von Nvidia oder für Apples iPhones, werden bei TSMC in Taiwan gefertigt. Intel ließ dort sogar Teile eines eigenen Chips fertigen, weil man die dafür nötigen Prozesse nicht beherrscht.

Chips:Die wichtigste Maschine der Welt
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Die drei wichtigsten Maßnahmen, um das Ruder herumzureißen, sind nach Tans Auffassung, die Fachkräfte zu ersetzen, die man verloren habe, die Bilanz zu verbessern und die Herstellungsprozesse besser auf die Bedürfnisse potenzieller Kunden einstellen. Das sagte er bei seinem ersten öffentlichen Auftritt bei der Intel-Hausmesse Vision. Auch Tan beabsichtigt also daran festzuhalten, Intel zu einem Auftragsfertiger zu machen. Dieses Ziel war einer der Eckpunkte von Pat Gelsingers Strategie, um es dem Konzern zu ermöglichen, seine teuren Produktionsstätten auszulasten.
Inzwischen ist man Intel zufolge auf einem guten Weg, einen neuen Produktionsprozess einzuführen, im Herbst – genauere Angaben gibt es wohlweislich nicht – soll er in Serie gehen. Damit, so hofft man in Santa Clara, könne man wieder aufschließen zu TSMC. Vor Lip-Bu Tan liegt dennoch noch viel Arbeit. Der warnte auch schon, dass der Turnaround eine Zeit dauern könne. Seinem Vorgänger Gelsinger, den man als Hoffnungsträger zu Intel zurückgeholt hatte, hat man diese Zeit nicht gewährt.