Institut für Internet und Gesellschaft eröffnet:Warum Google deutsche Internet-Erklärer braucht

Lesezeit: 2 Min.

Google geht unter die Stifter: In Berlin weiht der Konzern ein Forschungsinstitut zu den sozialen Auswirkungen des Internets ein. Das Unternehmen betont, die Einrichtung sei unabhängig - doch die Investition in die Internet-Forschung ist nicht ganz uneigennützig.

Varinia Bernau und Johann Osel

Das Smartphone als Stadtplan, als Rabattgutschein für die Pizzeria nebenan und als ein Mosaikstück in dem bunten Bild, das sich Stadtplaner vom Feierabendverkehr machen: Wie verändert sich die Wahrnehmung des Raumes durch die digitalen Helfer?

Das Gründungsteam des "Instituts für Internet & Gesellschaft" (von links):Thomas Schildhauer, Jeanette Hoffmann, Wolfgang Schulz und Ingolf Pernice. (Foto: www.danishpv.com/, CC-BY)   (Foto: Danish Puthan Valiyandi, CC BY)

Dieser Frage geht eines der Projekte nach, das Wissenschaftler am Institut für Internet und Gesellschaft in Berlin eingereicht haben. Die Einrichtung soll eine Art Start-Up für die Wissenschaft werden, in dem Forschung angeschoben und dann für alle zugänglich sein soll.

Initiiert wurde das Institut, das am Dienstag in Berlin eröffnet, vom US-Internetkonzern Google. Doch das Unternehmen legt großen Wert darauf, dass die Einrichtung unabhängig ist: Google habe weder Einfluss auf die Bewilligung von Projekten, noch einen schnellen Zugriff auf Forschungsergebnisse.

4,5 Millionen Euro steckt Google über drei Jahre hinweg in das Institut - nicht viel, denn so viel verdient der Suchmaschinenbetreiber in sechs Stunden. Für Forschungsförderung aber ist dies ein durchaus stattlicher Betrag. Forschungscluster im Rahmen der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern erhalten zwischen drei und sieben Millionen Euro jährlich.

Unternehmen stellen fast die Hälfte der Geldgeber

Hier geht es allerdings oft um medizinische oder astronomische Gebiete mit einem hohen Materialaufwand. Sonst sind Stiftungsprofessuren günstiger: Die Schleswig-Holsteinische Milchwirtschaft fördert eine Professur für Milchökonomie an der Universität Kiel, bis 2014 sollen 1,1 Millionen Euro für Personalkosten und Projekte fließen.

Derzeit gibt es bundesweit etwa 700 laufende Stiftungsprofessuren. Hinzu kommen einige hundert ausgelaufene, die dann teils in den Haushalt der Hochschulen übernommen wurden. Unternehmen stellen dabei fast die Hälfte der Geldgeber; der Rest entfällt auf Stiftungen, Verbände und Vereine, zuweilen auch Einzelpersonen.

Auf den Bereich Naturwissenschaften und Informatik entfallen gut 14 Prozent aller Einrichtungen, hat eine Studie im Auftrag des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft ergeben - weniger als bei den Wirtschafts- oder Ingenieurwissenschaften, allerdings deutlich mehr als in der Medizin oder den Rechtswissenschaften.

Nicht ganz uneigennützig

Die Motivation der Hochschulen ist klar: Sie werden heutzutage vom Staat kurz gehalten und müssen um Drittmittel buhlen - und Geld gibt es längst nicht mehr nur über die staatlichen Fördereinrichtungen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft, sondern eben auch direkt von finanzkräftigen Konzernen.

Neben Grundlagenforschung, wie sie nun Google anschieben will, haben die Firmen noch ein Ziel: Nach ihrem Engagements befragt, nannten in einer Studie des Stifterverbands 56 Prozent der Unternehmen die Nachwuchsrekrutierung.

Immer wieder umstritten ist die Frage, ob es sich dabei um verkappte Auftragsforschung handelt. Ganz uneigennützig ist auch die Initiative von Google nicht - und Berlin hat als Standort des Instituts strategische Bedeutung: Hierzulande werden die Dienste von Google intensiv genutzt, aber auch die Furcht vor der Datenkrake ist hier so groß wie nirgendwo sonst. Google tut also gut daran, sich diese Deutschen etwas genauer anzuschauen - und ihnen auch ihre Ängste zu nehmen.

Lücke in der Forschungslandschaft

Mit dem Forschungsinstitut besetzt der US-Konzern eine Lücke, die in der hiesigen Forschungslandschaft lange brach lag. Jedoch nicht als erster: An der Technischen Universität Dresden wurde kürzlich eine neue Professur für "Emerging Communications and Media" eingerichtet.

Dort sollen Trends im Kommunikationsverhalten aufgespürt und gesellschaftliche Folgen untersucht werden - etwa die Nutzung von Suchmaschinen und Online-Enzyklopädien und deren Einfluss auf die Wissenskultur. Auch diese Professur wurde gestiftet - vom Sächsischen Druck- und Verlagshaus.

© SZ vom 26.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: