Insolvenzverwalter beschuldigt Leo Kirch:Millionenklage gegen den Klagefreudigen

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So kann sich das Blatt wenden: Der klagefreudige Leo Kirch wird auf einmal selbst verklagt. Mehr als neun Millionen Euro verlangt der Münchner Insolvenzverwalter Kurt Bruder von dem einstigen Medienunternehmer und fünf weiteren Beklagten.

Daniela Kuhr

Am 23. April wird die 14. Kammer für Handelssachen über die Zivilklage verhandeln, teilte das Landgericht München am Dienstag mit.

Leo Kirch (links) mit seinem Adlatus Dieter Hahn. Kirchs Vize sieht sich ebenfalls mit Vorwürfen im Zusammenhang mit der Insolvenz der Taurus Holding konfrontiert. (Foto: Foto: ddp)

Bruder ist Insolvenzverwalter der Taurus Holding, der früheren Dachgesellschaft der Kirch-Gruppe, die am 12. Juni 2002 Insolvenzantrag gestellt hatte.

Kirch und die anderen fünf Beklagten, darunter auch der Kirch-Vize Dieter Hahn, waren damals Geschäftsführer der Hauptgesellschafterin der Taurus Holding.

Bruder wirft ihnen vor, die Taurus Holding sei spätestens seit dem 5. Februar 2002 überschuldet und damit insolvenzreif gewesen. Dennoch hätten die Geschäftsführer noch Zahlungen von mehr als neun Millionen Euro veranlasst. Diese müssten sie nun persönlich zurückerstatten.

1000 Einzelzahlungen

Es handele sich um fast 1000 Einzelzahlungen, die meisten davon in geringer Höhe, teilte ein Sprecher des Landgerichts mit.

Den größten Posten dürfte eine Privatentnahme durch Kirch von 2,5 Millionen Euro Ende Februar bilden. Diesen Betrag hatte Bruder bereits Ende 2004 in einer anderen Klage von Kirch zurückverlangt.

Das Verfahren läuft noch vor einer anderen Kammer des Gerichts. Derzeit wird dort ein Gutachten zur angeblichen Zahlungsunfähigkeit der Taurus Holding eingeholt.

Strafrechtliche Konsequenzen nicht ausgeschlossen

Sollten die Vorwürfe von Bruder zutreffen, könnte das für die Beklagten neben den gefordeten Millionenbeträgen auch strafrechtliche Konsequenzen haben.

Bei dem vorgetragenen Sachverhalt kämen Straftatbestände wie Gläubigerbegünstigung oder Insolvenzverschleppung in Betracht.

Trotzdem gibt man sich im Umfeld von Kirch gelassen. "Die Staatsanwaltschaft hat im Zusammenhang mit der Insolvenz bereits jeden Stein mehrmals umgedreht und nichts gefunden", sagte einer der Beklagten auf Anfrage der SZ.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld bestätigte das. "Die Ermittlungen wurden damals schwerpunktmäßig unter dem Aspekt der Untreue geführt." Es seien aber auch andere Vorwürfe wie Bankrott geprüft worden.

Letztlich wurde das Verfahren eingestellt. "Sollte jetzt etwas Neues herauskommen, hätten wir aber durchaus die Möglichkeit, die Ermittlungen wieder aufzunehmen", stellte Schmidt-Sommerfeld klar.

"Wir sehen das Ganze mit allergrößter Gelassenheit"

Im Umfeld des Medienunternehmers bleibt man dabei: "Wir sehen das Ganze mit allergrößter Gelassenheit", sagte ein Sprecher von Kirch.

Es sei allerdings auffällig, "dass Herr Bruder offensichtlich der Ansicht ist, dass die damaligen Geschäftsführer der Taurus nach dem hinreichend bekannten Interview von Herrn Breuer keine Zahlungen mehr hätten leisten dürfen". Damit spielte er auf ein Interview an, das der frühere Vorstandschef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, am 4. Februar 2002 einem Fernsehsender gegeben hatte.

Breuer hatte darin die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt. Zwei Monate später meldete die Kirch Media als erste der Kirch-Gesellschaften Insolvenz an. Weitere Pleiten folgten.

Klagewelle

Seither überzieht der Münchner die Deutsche Bank und ihren früheren Vorstandssprecher persönlich mit Klagen, weil er Breuer für den Untergang seiner Mediengruppe verantwortlich macht.

Seinen bislang größte Erfolg erzielte Kirch im Januar vergangenen Jahres: Damals stellte der Bundesgerichtshof fest, dass Breuer und die Deutsche Bank Kirch alle Schäden ersetzen, die der Kirch-Gesellschaft Printbeteiligungs GmbH aus dem Interview entstanden seien.

Über die Höhe des Schadensersatzes muss in einem weiteren Prozess entschieden werden. Kirch verlangt 1,4 Milliarden Euro, hat aber noch keine Klage eingereicht.

Kirch kann sich bestätigt fühlen

Bei der Deutschen Bank beharrt man darauf, dass die Pleite nicht durch das Interview ausgelöst worden sei. Kirch dagegen kann sich gerade durch die jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe des Insolvenzverwalters bestätigt fühlen.

Nach dem Interview von Breuer sei es der Taurus holding nicht mehr möglich gewesen, "ihre eigenen Kosten zu finanzieren", heißt es in einem Schreiben der Kanzlei von Bruder, das der Süddeutschen Zeitung auszugsweise vorliegt. "Die Taurus Holding war insoweit auf externe Kredite angewiesen. Spätestens mit dem Interview des Dr. Breuer war aber eine Finanzierung der Banken ausgeschlossen."

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