Malchow (dpa/mv) - Die Regenfälle zu Beginn der Rapsblüte Ende April haben nach Einschätzung von Experten den Wassermangel in der Wachstumsphase nicht kompensieren können. Kommen im Mai nicht ergiebige Niederschläge dazu, bleiben die Erträge erneut hinter den Erwartungen der Landwirte zurück. „Die Folgen des Klimawandels sind unübersehbar. Es sind Sorten gefragt, die trockenstresstolerant sind“, sagt Andreas Girke von der Norddeutschen Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG in Malchow auf der Insel Poel (Nordwestmecklenburg).
Damit beschreibt der Wissenschaftler eines der wesentlichen Ziele der Rapszucht, die auf der Ostsee-Insel eine lange Tradition hat. Der Grundstein dafür wurde schon 1897 gelegt. Heute vertreibt das Saatzuchtunternehmen rund 150 eigene Sorten in etwa 30 Ländern.
Auf etwa 70 Hektar baut der Zuchtbetrieb Raps an. Darunter sind etwa 20 000 Kleinstparzellen von jeweils gut vier Quadratmetern Größe. Die Zucht erfolge nach dem klassischen Prinzip der Auslese, wobei heute auch die Vorteile moderner Technik genutzt würden. „Mit Hilfe molekulargenetischer Verfahren können wir im Erbgut bestimmte Eigenschaften erkennen und gezielt für die Nachzucht nutzen“, erklärt Girke. Dies unterscheide sich aber grundlegend von der in der EU nicht erlaubten Gentechnik, die mit Eingriffen in die DNA einhergehe, betont der Wissenschaftler. Zusätzliche Beschränkungen durch die EU etwa zur Punktmutation im Labor erschwerten die Zucht aber.
Nach Girkes Angaben sind die Züchtungsfortschritte beim Raps durch die extreme Trockenheit in den vergangenen Jahren und die Beschränkungen bei der Schädlingsbekämpfung für die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern kaum noch zum Tragen gekommen. Unter normalen Bedingungen wachse der Ertrag durch neue Sorten um durchschnittlich ein Prozent pro Jahr, sagt Girke. Fehlende Niederschläge und Schädlingsbefall hätten aber dazu geführt, dass die Hektarerträge mit teilweise nur noch wenig mehr als drei Tonnen je Hektar um ein Drittel geringer ausgefallen seien als in Spitzenjahren wie 2014 mit damals durchschnittlich vier Tonnen.
Mecklenburg-Vorpommern galt wegen seines Klimas bislang als idealer Standort für den Rapsanbau. Doch das Verbot der Saatbeize mit wirksamen Mitteln gegen Krankheiten und den gefräßigen Erdfloh sowie die enormen Trockenschäden der zurückliegenden Jahre haben nach Angaben des Landesbauernverbandes zu einem spürbaren Rückgang der Anbaufläche geführt. Den Angaben zufolge wächst in diesem Jahr auf rund 173 000 Hektar Winterraps. Das sind trotz eines leichten Anstiegs zum Vorjahr im Vergleich zum langjährigen Mittel 20 Prozent weniger. Zwischen 2014 bis 2019 waren noch durchschnittlich 215 000 Hektar angebaut worden.
Der Rückgang der Anbauflächen und die zuletzt unterdurchschnittlichen Erträge haben laut Girke dazu geführt, dass die in Mecklenburg-Vorpommern errichteten Ölmühlen nicht mehr ausreichend mit heimischem Raps versorgt werden können. So bezögen Ölmühlen im Land Rohstoff aus der Ukraine oder aus Australien. „Profiteure sind damit Länder, die weit weg sind und in denen deutlich weniger Beschränkungen in Anbau und Zucht bestehen“, konstatiert Girke.