Umnutzung:Wohnen im Parkhaus

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Preiswerte Wohnungen mitten in der Hamburger Altstadt? Dafür wurde extra die Genossenschaft Gröninger Hof gegründet. (Foto: Christof Weber)

Bobbycars statt Autos: In einem ehemaligen Hamburger Parkhaus sollen bald Familien einziehen - dank einer Genossenschaft. Über eine Verwandlung mit Vorbildcharakter.

Von Sabine Richter

Autos raus aus der Stadt, Menschen rein - das sind die wichtigsten Zutaten im Rezept zur Wiederbelebung der Innenstädte. Dabei sollen die Menschen hier nicht nur arbeiten, shoppen, essen und sich unterhalten lassen. Sie sollen im Zentrum auch wohnen, und das zu moderaten Mieten. Aber gerade in Innenstädten mangelt es an bezahlbarem Wohnraum.

Ein neuer Weg der Stadtgestaltung und Gebäudenutzung wird daher gerade in Hamburg begangen. Aus einem in die Jahre gekommenen städtischen Parkhaus an der Neuen Gröningerstraße, im Katharinenquartier mitten in der Hamburger Altstadt, sollen preiswerte Wohnungen und Räume für Kleingewerbe werden. Eine bunte Mischung soll hier entstehen, mit viel Kultur, Cafés, Bildungseinrichtungen und sozialen Räumen.

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Das 1963 gebaute Parkhaus wies massive Schäden auf, und da der Bedarf an innerstädtischen Parkplätzen sinkt, hatte sich die Stadt für eine Umnutzung entschieden und eine Konzeptausschreibung ausgerufen. Den Zuschlag für das Parkhaus samt Grundstück hat die Genossenschaft Gröninger Hof bekommen, die eigens für das Bauvorhaben gegründet wurde. Ideengeber war die Initiative "Altstadt für Alle!", die sich für die Belebung der Innenstadt und die Schaffung von Orten einsetzt, die Austausch, Begegnung und Bürgerengagement fördern.

Das Motto der Initiative wird nun mit dem Projekt Gröninger Hof Realität. "Damit werfen wir den ersten Stein ins Wasser für die echte Veränderung der Innenstadt. Wir wollen zeigen, dass urbane Lebensqualität mitten in der Stadt möglich ist", sagt Tina Unruh, Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft.

Wie bringt man Luft und Licht in das alte Parkhaus?

200 Mitglieder zählt die Genossenschaft derzeit, es sollen aber noch mehr werden. "Wir freuen uns über weitere Menschen, die an einem Stückchen Stadtentwicklung teilhaben wollen", sagt Unruh. Die Schwelle dafür ist niedrig: mit fünf Anteilen zu je 200 Euro ist man dabei. Ein Wohnrecht ist damit aber noch nicht verbunden. Mitglieder, die hier leben möchten, erwerben zusätzliche Anteile, je nach der Größe ihrer Wohnung. Bei der Auswahl der Bewohner werden eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt, wie beispielsweise das Einkommen oder wie viele Menschen zum Haushalt gehören.

Hamburgs neue Bodenpolitik sieht nicht nur deutlich mehr Erbbaurechtsvergaben vor, sondern auch mehr Konzeptausschreibungen, die die Grundstückspreise dämpfen. Ziel sind langfristig bezahlbare Mieten und Gestaltungsspielräume für strategische Stadtentwicklung.

Rund 28 Millionen Euro soll der Bau nach der aktuellen Planung kosten. Sechs Architekturbüros haben am Wettbewerb teilgenommen, den die Genossenschaft ausgelobt hatte. Den einstimmigen Zuschlag hat schließlich das deutsch-schweizerische Architekturbüro Duplex Architekten bekommen. Eine der größten Herausforderungen für das Projekt sei, "Licht und Luft in das Gebäude zu bringen", sagt Christof Weber, Geschäftsführer des Hamburger Büros. Das Grundstück ist von drei Seiten umschlossen und liegt zwischen zwei vielbefahrenen Straßen.

"Wir wollen eine Mischung unterschiedlicher sozialer Schichten."

Um Helligkeit in das ehemalige Parkhaus zu bringen, bekommt das Gebäude im Inneren einen Lichthof, der sich aus dem Erdgeschoss bis in die oberen Stockwerke gestaffelt öffnet. Die Terrassen sollen mit kleinen Bäumen bepflanzt werden. "So entsteht ein lebendiger Grünraum, der sich als sorgfältig gestaltete Terrassenlandschaft aus dem Gebäudeinneren entwickelt", erklärt Weber.

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"Dem Bau soll man seine ursprüngliche Nutzung ansehen dürfen, Auf- und Abfahrtsrampen sollen in Teilen erhalten bleiben, nur werden hier künftig statt Autos Kinder mit Bobbycars herumfahren", sagt der Architekt. Auch der Sockel, der Haupteingang vom Parkhaus sowie einige Obergeschosse sollen teilweise erhalten bleiben und um eine mehrgeschossige Aufstockung in Holzbauweise ergänzt werden.

Im ersten Obergeschoss ist eine flexible Bürolandschaft mit Vortrags- und Filmräumen geplant, die sowohl von den Bewohnern als auch extern genutzt werden können. In den oberen Ebenen sollen 78 Wohnungen entstehen, sie werden 30 bis 110 Quadratmeter groß sein und ein bis sechs Zimmer haben. Darunter sind auch Einheiten für vordringlich Wohnungssuchende wie beispielsweise Menschen mit Behinderungen, Studierende mit Kindern oder betreute Jugendliche. "Wir wollen eine Mischung unterschiedlicher sozialer Schichten, ein Haus mit gut durchdachter Gestaltung für viele statt teurem Wohnraum für wenige", sagt Unruh. Mieter mit niedrigem Einkommen erhalten Förderungen und zahlen teilweise weniger als sieben Euro, wirtschaftlich starke Haushalte zahlen bis zu 16 Euro pro Quadratmeter.

Oben gibt es eine Dachterrasse mit Spielplatz und Blick über die Stadt

Geplant sind neben der Wohnnutzung und den Büroflächen auch Gastronomie sowie Kleingewerbe. Sie machen etwa 20 Prozent der Gesamtfläche aus und umfassen beispielsweise auch eine Concierge-Loge, in der Menschen mit Behinderung arbeiten. Hier werden kleine Dienstleistungen und Botengänge für das Haus und das Quartier angeboten und Karten für die Kultureinrichtungen verkauft. Eine besondere Innovation bilden außerdem die rund 15 Prozent Hybridflächen, die gemeinschaftlich genutzt werden, darunter ein Waschsalon für die Hausgemeinschaft, eine Gästewohnung, ein Begegnungsraum oder eine Werkstatt. Dabei sollen viele Räume flexibel und mehrfach genutzt werden, beispielsweise tagsüber als Büro und abends für offene Kurse.

"Die Krönung" des Gröninger Hofs ist aber die Dachterrasse mit einem grünen Garten. Auf 22 Metern Höhe entsteht eine Fläche mit weitem Blick über die Stadt für alle. Es soll einen Spielplatz für Kinder geben, Bereiche zum Gärtnern, einen kleinen Pavillon mit Gemeinschaftsraum, Küche und Geräteschuppen und vielleicht sogar eine Sauna und Fitnessgeräte.

Im Untergeschoss des ehemals siebenstöckigen Parkhauses bleiben 22 der ehemals 550 Stellplätze erhalten. Hier sind Flächen für Carsharing, eine Ladestation für Elektromobilität sowie viel Platz für Fahrräder geplant.

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