Süddeutsche Zeitung

Cyberkriminalität:Vorsicht vor falschen Mahn-Mails

  • Nirgendwo sonst auf der Welt landen derzeit so viele Spam-Mails wie in Deutschland - und immer mehr von ihnen enthalten gefälschte Inkasso-Forderungen.
  • Die Betrugsmaschen lassen sich durchaus erkennen und sogar vorbeugen. Auf keinen Fall sollte man Anhänge öffnen oder Links anklicken.

Von Katharina Prechtl

In deutschen E-Mail-Postfächern landen nach Angaben des Anti-Viren-Software-Spezialisten Kaspersky so viele Spam-E-Mails wie nie zuvor und wie nirgendwo sonst auf der Welt. Doch längst nicht alle diese E-Mails sind harmlose Werbebotschaften. Ins Postfach oder per SMS kommen immer mehr gefälschte Inkasso-Forderungen. Das berichtet Tatjana Helm von der Verbraucherzentrale Bayern. Betrüger senden Schreiben mit Mahngebühren für angeblich nicht bezahlte Rechnungen und bewegen die Empfänger mit Drohungen zum panischen Bezahlen der geforderten Inkasso-Beträge. Sätze wie "Wir haben einen Vollstreckungstitel bei Gericht gegen Sie erwirkt. Aus diesem Grund wird Sie unser Inkasso-Team besuchen, um Ihre Wertgegenstände zu pfänden", bringen immer wieder Menschen dazu, Geld an Betrüger zu überweisen. Die Betrugsmaschen und wie man sie erkennen kann - die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was macht gefälschte Inkasso-Forderungen so gefährlich?

Jeder bekommt Rechnungen per Post und per E-Mail. Inkasso-Forderungen, die sich auf unbezahlte Rechnungen beziehen, dürften für die meisten Leute hingegen eher die Ausnahme sein. Das macht es schwerer zu erkennen, ob die Formalitäten der Forderung stimmen. Bei gefälschten Rechnungen können Empfänger sich noch leicht erinnern, ob sie beim Rechnungssteller bestellt haben. Im Gegensatz dazu können sich Inkasso-Forderungen auf ein schon länger zurückliegendes Zahlungsversäumnis beziehen. Außerdem verwenden Betrüger für ihre Fake-Schreiben oft Namen echter Inkasso-Firmen.

Wie sollten Empfänger von gefälschten Inkasso-Schreiben reagieren?

Zunächst sollte man sich immer fragen, ob die Forderung überhaupt plausibel ist. Gibt es unbezahlte Rechnungen aus den letzten Monaten? Der Sprecher des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) betont, dass seriösen Inkasso-Forderungen immer mindestens zwei Mahnungen vorausgehen: "Eine Inkasso-Forderung kommt nicht völlig aus dem Nichts." Er rät bei extrem kurzen Fristen zur Skepsis. Seriöse Unternehmen setzten üblicherweise Fristen von bis zu 14 Tagen - daher im Zweifelsfall bei nicht nachvollziehbaren Forderungen lieber nachhaken.

Welche Merkmale deuten auf einen Betrugsversuch hin?

Ein seriöses Inkasso-Schreiben muss den Auftraggeber der Forderung, den Forderungsgrund und Angaben zur Höhe der berechneten Inkasso-Kosten enthalten. Fehlt eine dieser Informationen, ist die Forderung möglicherweise ein Betrugsversuch. Jedes Inkasso-Unternehmen muss in Deutschland registriert sein, zu finden unter der Adresse www.rechtsdienstleistungsregister.de. Ein Eintrag im Register ist aber noch keine Garantie für die Echtheit der Forderung. Vorsichtig sollten Empfänger sein, wenn das Unternehmen eine deutsche Adresse verwendet, das Geld aber an eine ausländische Iban überwiesen werden soll. Ein Indiz für eine Fälschung ist die meist unpersönliche Anrede in den gefälschten Schreiben, wie zum Beispiel "Guten Tag, Kunde von XY" und falsch oder als ae, oe und ue dargestellte Umlaute. Der Sprecher des BDIU sagt außerdem: "Ein seriöses Inkasso-Unternehmen wird im ersten Schreiben nie Drohungen aufstellen, wie etwa, dass der Möbelwagen für die Pfändung schon unterwegs ist." Er rät bei Inkasso-Forderungen per E-Mail stets zur Vorsicht. Die meisten Inkasso-Firmen schicken ihre Mahnungen per Post, eventuell ergänzt durch Nachrichten via SMS oder E-Mail.

Was sollten Empfänger von Betrugsschreiben auf keinen Fall tun?

Wie immer bei Spam-E-Mails gilt: Keine Anhänge öffnen oder Links anklicken. Vor allem an eine ausländische Iban sollte man keinesfalls vorschnell Geld für eine angebliche Inkasso-Forderungen überweisen. Laut BDIU sind gefälschte Forderungen aus angeblich abgeschlossenen Gewinnspiel-Abos oder der Buchung von Erotik-Diensten am meisten verbreitet. Lässt sich eine solche E-Mail als Fälschung erkennen, sollten Empfänger sie am besten gleich löschen, auch aus dem Papierkorb. Wer sich unsicher ist, sollte aber bei Forderungen aus angeblich gebuchten Erotik-Diensten nicht aus Scham davon absehen, sich zu beschweren. Dazu sollten Empfänger nicht direkt auf die E-Mail antworten, da man damit die eigene E-Mail-Adresse verifiziert. Stattdessen sollte man das Unternehmen im Rechtsdienstleitungs-Register suchen und telefonisch Kontakt aufnehmen. Alternativ hat der BDIU auf seiner Internetseite eine Beschwerdestelle eingerichtet.

Wie finden Betrüger E-Mail-Adressen?

E-Mail Adressen, an die häufig Spam-Mails gesendet werden, stehen meist öffentlich im Internet. Die dienstliche E-Mail-Adresse auf der Firmenhomepage, die private auf der Homepage des Sportvereins. Spezielle Analyseprogramme durchsuchen automatisiert das Internet nach neuen E-Mail-Adressen. Ratsam ist es daher, die E-Mail-Adresse zu tarnen, zum Beispiel durchs Ersetzen des @-Zeichens durch (at). Dies hilft jedoch nur gegen einfacher gestrickte E-Mail-Sammler. Verbreiteter ist wohl, die Mail-Adresse im Quelltext der Webseite zu verschlüsseln, was bei manchen Content-Management-Systemen mittlerweile automatisch der Fall ist.

Wie lässt sich Betrüger-Mails vorbeugen?

Zum Beispiel indem man zwei E-Mail-Adressen verwendet oder zumindest einen Alias, eine anders lautende E-Mail-Adresse beim selben Mail-Anbieter neben der Hauptadresse anlegt. E-Mails, die an den Alias gesendet werden, landen beim Inhaber der Hauptadresse. Kreditkarten- und Kontodaten werden nur bei Accounts angegeben, bei denen man mit der Haupt-Mail-Adresse angemeldet ist. Auf Seiten, bei denen man nichts bestellen möchte, wird der E-Mail-Alias verwendet. So weiß man bei allen Rechnungen, die an den Alias gesendet werden, dass es sich um Spam handelt.

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SZ vom 29.01.2019/vit/cat
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