Inhaltsstoffe:Süßes ohne Sünde

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Zuckerkristalle unter dem Mikroskop. (Foto: imago/Photocase)

Die Lebensmittelindustrie hat ein dickes Problem. Südzucker und Nestlé wollen Zucker neu erfinden, nur kalorienärmer und gesünder.

Von Silvia Liebrich, München

Süßigkeiten und Kuchen essen, so viel man mag, ohne dick oder krank zu werden. Wer würde sich das nicht wünschen. Auch die Lebensmittelindustrie ist schon lange auf der Suche nach dieser Zauberformel. Erste Erfolge melden nun der Zuckerhersteller Südzucker sowie der Schweizer Konzern Nestlé. Beide Firmen experimentieren unabhängig voneinander mit hohlem Zucker, der den Zuckergehalt in Lebensmitteln deutlich reduzieren könnte, ohne den Geschmack zu beeinträchtigen. Das zumindest versprechen die Hersteller. Südzucker spricht bereits von einer bahnbrechenden Erfindung.

Tatsächlich hat die Lebensmittelindustrie ein dickes Problem. Ein hoher Zuckerkonsum erhöht das Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt daher eine Tagesdosis von maximal 25 Gramm. Eine Menge, die viele Konsumenten überschreiten. Den Lebensmittelherstellern wird nun zunehmend vorgeworfen, dass ihre Produkte nach Ansicht von Experten zu viel Zucker enthalten. Im Fokus steht unter anderem Coca-Cola. Der Konzern hat eine Belohnung für einen Zucker-Ersatzstoff ausgesetzt. Künstliche Süßstoffe oder das pflanzliche Stevia-Kraut kommen wegen ihres Eigengeschmacks bei vielen Konsumenten nicht gut an. Auch hohler Zucker ist für Getränke keine Lösung, weil er in Flüssigkeiten seine Wirkung verliert.

Südzucker arbeitet nach eigenen Angaben an einem Verfahren, bei dem eine kleine Menge des Minerals Siliciumdioxid mit Zuckermolekülen kombiniert wird. Heraus kommt dabei ein Pulver, das wie Zucker schmeckt. Entwickelt wurde das Ganze vom israelischen Start-up Doux Matok, mit dem Südzucker eng zusammenarbeitet. "Die Partnerschaft soll Lebensmittelunternehmen dabei unterstützen, den wachsenden Wunsch der Verbraucher nach einer ausgewogenen Ernährung zu erfüllen", so ein Sprecher. Mit dem Produkt lasse sich der Zuckergehalt in verschiedenen Lebensmitteln um bis zu 40 Prozent reduzieren. Dabei machen sich die Entwickler die Tatsache zunutze, dass nur ein geringer Teil des verzehrten Zuckers von den Geschmackssinnen wahrgenommen wird. Mit hohlem Zucker können Geschmacksnerven quasi ausgetrickst werden. Südzucker will bereits in der zweiten Jahreshälfte in Deutschland mit dem neuen Zucker in Produktion gehen. Ein ähnliches Verfahren hat Nestlé entwickelt, Zucker wird dabei wie bei der Sprühtrocknung von Milchpulver porös gemacht. Erstes Produkt ist ein Schokoriegel, der in Großbritannien bereits auf dem Markt ist. Der Konzern wolle ein Drittel seines Produktportfolios Schritt für Schritt anpassen, heißt es dort.

Armin Valet von der Hamburger Verbraucherzentrale beobachtet die Entwicklung genau. "Prinzipiell ist es schon mal gut, wenn dadurch tatsächlich der Zuckergehalt sinkt", meint er. Gerade bei Nestlé seien etwa Frühstücksflocken oft extreme "Zuckerbomben" mit teilweise fast 30 Prozent Zucker, die sich noch dazu besonders an Kinder richteten. "In solchen Produkten etwas weniger Zucker einzusetzen, würden wir aber noch nicht als einen Erfolg ansehen", so Valet.

© SZ vom 22.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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