Infrastruktrur:Dobrindts flotter Plan

Dobrindt stellt neuen Bundesverkehrswegeplan 2030 vor

Wer kurz einen Wagen mietet, sucht dann meist lange nach einem Parkplatz. Das Gesetz von Minister Dobrindt soll das ändern.

(Foto: Rainer Jensen/dpa)

Der Bundesverkehrsminister will den Verkehr auf den Straßen und der Schiene mehr zum Fließen bringen. Umweltverbände sprechen von einem "Antiklimaschutzplan".

Von Thomas Öchsner, Berlin

Der Plan ist 174 Seiten stark, enthält eine Liste mit mehr als 1000 Projekten und berührt den Alltag von Millionen Bürgern in Deutschland: Wo werden Umgehungsstraßen gebaut? Welche Autobahnen werden erweitert? Auf welchen Bahnstrecken werden Schienentrassen erweitert, die überlastet sind und ständig zu Verspätungen führen?

All das steht im Bundesverkehrswegeplan (BVWP), den das Kabinett am Mittwoch billigte. Der Plan setzt den Rahmen für die wichtigsten Verkehrsinvestitionen bis 2030. Fast 270 Milliarden Euro will Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bis dahin locker machen, um 2000 Kilometer Staustrecken auf Autobahnen zu entschärfen und 800 Kilometer Engstellen auf der Schiene verschwinden zu lassen. Fast die Hälfte des Geldes geht dabei für Straßenbauprojekte drauf. 41 Prozent entfallen auf die Schiene, 9,1 Prozent auf Kanäle und Flüsse.

Für Dobrindt bringt der Plan "Ökonomie und Ökologie zusammen". Der Verkehrsminister nannte dafür am Mittwoch vor allem drei Gründe: 70 Prozent der Gesamtmittel fließen in den Erhalt der Infrastruktur und nicht in den Aus- und Neubau. Berücksichtigt man, dass das 33 000 Kilometer lange Schienennetz deutlich kleiner als das Straßennetz ausfällt, ist pro Kilometer gerechnet mehr Geld (das 1,3 Fache) für die Schiene vorgesehen. Außerdem trügen die Vorhaben dazu bei, ökologisch schädliche Staus aufzulösen. Man könne nicht einfach auf Straßenbauprojekte verzichten. Sonst "laufen wir auf eine große Staurepublik zu", sagte Dobrindt. Den Vorwurf, er nehme keine Rücksicht auf den Klimaschutz, ist für ihn deshalb "völlig abwegig". Auch die Kritik der Grünen, die die Kanzlerin aufgefordert hatten, den BVWP zu stoppen, wies Dobrindt zurück. Als die Grünen selbst in Berlin mitregiert hätten und der Anteil der Mittel für die Schiene viel geringer gewesen sei , hätten sie noch von einer "ausgewogenen Verteilung der Investitionsmittel" gesprochen, heißt es im Verkehrsministerium.

Dobrindts Kritiker sehen dies allerdings ganz anders: Dazu zählt zum Beispiel das "Netzwerk Europäischer Eisenbahnen". Dessen Vorsitzender Ludolf Kerkeling, hält den Nachholbedarf bei der Schiene auf Grund des jahrzehntelangen Desinteresses für so groß, dass die vorgesehenen Ausgaben "zu gering dimensioniert sind". Er empfiehlt wie das Bundesumweltamt die Schweiz als Vorbild. Dort werden 60 Prozent der gesamten Mittel in den Schienenverkehr investiert. "Zur Jahrhundertaufgabe Klimaschutz leistet der BVWP keinen Beitrag", kritisiert Kerkeling.

Noch schärfer fielen die Kommentare der Umweltverbände aus: Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sprach von einem "Anti-Klimaschutzplan". Milliarden Euro sollten in "gefälligkeitsdemokratisch über die Republik verteilte, überflüssige Autobahnprojekte und in städtebaulich fragwürdige Ortsumgehungen fließen", sagte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger. Alternativen seien nicht "ausreichend ermittelt, beschrieben und bewertet" worden. Dobrindts Pläne führten "zu mehr Treibhausgasen, mehr Flächenverbrauch, mehr Zerschneidung". Der Naturschutzbund sprach von einem "Konzept aus den 1970er Jahren". Greenpeace warf Dobrindt vor, er rolle "der Autoindustrie einen roten Teppich in Form von Schnellstraßen in die Landschaft". Die Investitionen "heizen die Erderwärmung an, machen die Menschen durch Abgase krank und zerstören wertvolle Böden".

Früher war der Plan vor allem ein Wunschkonzert. Das soll jetzt anders sein

Noch sind aber die Bagger nicht ausgerollt. Bis dahin vergehen noch Monate und Jahre. Zunächst muss der Bundestag die entsprechenden Ausbaugesetze auf den Weg bringen, wobei die Abgeordneten noch ein Wort mitreden werden. "Es hat noch nie einen Bundesverkehrswegeplan gegeben, der so aus dem Verkehrsausschuss rausgeht, wie er hineingekommen ist", sagte der Minister. Große Änderungen erwartet er aber nicht mehr, da er sich mit den Fraktionen gut abgestimmt habe.

Dobrindt treibt eine andere Sorge um: das Fehlen von Planungsfachleuten in den Verwaltungen der Länder, die zum Teil viel Personal im Öffentlichen Dienst abgebaut haben. Wer dieses Problem nicht in den Griff bekomme, sich nicht um das Baurecht und die Bauplanung kümmere, werde von weniger Projekten profitieren, warnte der CSU-Politiker.

Bleibt die Frage, wie ernst der Bundesverkehrswegeplan wirklich zu nehmen ist. Früher galt der BVWP als Wunschliste. Aus dem Konzept von 2003 wurde etwa die Hälfte nicht umgesetzt. Das will der Minister auf jeden Fall vermeiden. In dem neuen Plan solle diesmal nur das stehen, was sich auch finanzieren lässt. Es solle auch keine Schönwetterpläne geben. Die Kostenschätzungen seien realistisch, sagte Dobrindt. Er wolle keine Luftschlösser bauen, und er gehe davon aus, dass auch der Bundestag keine errichten wolle.

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