Werbung:Frankreich plant Gesetz gegen vergessliche "influenceurs"

Lesezeit: 2 min

Der oberste Polit-Influencer, pardon, der französische Wirtschaftsminister: Bruno Le Maire. (Foto: MARTIN BUREAU/AFP)

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire möchte wirksamer gegen Schleichwerbung im Internet vorgehen - und wird dabei selbst zum Influencer.

Von Felicitas Wilke

Bruno Le Maire, so wirkt es, wäre auch gern ein Influencer - oder, wie man in seiner Muttersprache sagt, ein "influenceur". Zu leichter Fahrstuhlmusik schlendert er in einem am Sonntag auf Twitter veröffentlichten Video in sein lederbestuhltes Amtsbüro, trinkt noch lässig einen Schluck, um dann Platz zu nehmen vor der französischen und der europäischen Flagge. Ein bisschen offiziell darf es dann doch zugehen bei einem der obersten Polit-Influencer, pardon, beim französischen Wirtschaftsminister. Wie seine Vorbilder um Interaktion bemüht, spricht er direkt in die Kamera: "Ich brauche euch."

Gemeinsam mit seinen Followern, pardon, dem französischen Volk, will Le Maire die Arbeit der 150 000 Influencerinnen und Influencer im Nachbarland stärker regulieren. Denn genau wie hierzulande nehmen Influencer auch in Frankreich im Leben vieler Menschen eine Doppelrolle ein: Einerseits geben sie über soziale Netzwerke praktische Tipps, wie man den übrig gebliebenen Raclette-Käse der Silvesterparty verwenden kann, welche Yoga-Übung gegen Nackenschmerzen hilft oder wohin die nächste Reise gehen soll. Andererseits bejubeln einige in ihren Beiträgen dermaßen laut bestimmte Marken, Produkte und Dienstleistungen, dass man auch gleich den Teleshopping-Kanal einschalten könnte. Im besten Fall nervt das nur, im schlimmsten Fall handelt es sich um Schleichwerbung, die insbesondere junge Follower beeinflussen kann.

Wo hört die "Herzensempfehlung" auf, wo beginnt Werbung?

Auch in Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren diverse Gerichte mit der Frage befasst, wo eine, wie Influencer gerne sagen, "echte Herzensempfehlung" aufhört und wo Werbung beginnt. Der Bundesgerichtshof entschied 2021: Wenn eine Influencerin wie Cathy Hummels ein Foto eines Stofftieres mit Knopf im Ohr samt Verlinkung zum Hersteller teilt, dafür aber kein Geld bekommt, handelt es sich nicht um Schleichwerbung. Wird sie dafür bezahlt, muss sie dies kennzeichnen. Ähnliche Regeln sieht auch ein im vergangenen Jahr in Kraft getretenes Gesetz vor, umgangssprachlich Influencer-Gesetz genannt.

Mit ihrem Fall beschäftigte sich vor zwei Jahren bereits der Bundesgerichtshof: Cathy Hummels. (Foto: Lino Mirgeler/picture alliance/dpa)

Auf eine möglichst klare Gesetzgebung dringt nun auch der französische Wirtschaftsminister. Da Millionen von Menschen auf die Empfehlungen der Influencer vertrauten, hätten diese "eine besondere Verantwortung", sagt Le Maire. Bevor der Eindruck entstehen könnte, er gebe jetzt den strengen Polit-Onkel, stellt der Minister klar: "Die überwiegende Mehrheit respektiert ganz offensichtlich die Regeln." Manche versuchten aber, die Öffentlichkeit zu täuschen, oder "sie vergessen zu sagen, dass sie dafür bezahlt worden sind, ein Produkt, eine Website oder Reise zu empfehlen". Vergessliche Influencer will Le Maire künftig in ihrer Verantwortung "begleiten", betrügerische Berufskollegen bestrafen - und Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützen.

Dabei setzt er auf die Community: Bis 31. Januar können die Französinnen und Franzosen auf einer eigens eingerichteten Website ihre Meinung zu den Vorschlägen der Regierung äußern. Dabei geht es auch um die Kennzeichnung bezahlter und unbezahlter Werbung. Analog zu Instagram oder Youtube hat Le Maire für das Feedback der Bürgerinnen und Bürger eine Kommentarspalte eingerichtet. Er meint es offenbar ernst mit seiner Zweitkarriere.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusArbeitszeit
:40 Stunden? Ohne mich!

Immer mehr Angestellte ziehen die Konsequenz aus Überlastung und fehlender Freizeit und reduzieren Stunden. Aber können sie das auch genießen?

Von Helena Ott; Design: Jessy Asmus

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: