Notenbanken:Inflation sinkt leicht - die Geldpolitik bleibt straff

Sitz der EZB in Frankfurt am Main

Zuletzt gab es innerhalb der EZB auch Stimmen, die darauf drängten, das Tempo der Anhebungen des Leitzinses zu drosseln.

(Foto: Markus Mainka /imago images/Aviation-Stock)

Die US-Notenbank erhöht den Leitzins am Mittwoch schwächer als bislang. Auch die EZB dürfte beim Zins draufpacken.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Inflationsrate in der Euro-Zone ist zu Jahresbeginn stärker gefallen, als Volkswirte prognostiziert hatten. Im Januar kletterten die Verbraucherpreise binnen Jahresfrist um 8,5 Prozent, teilte das Statistikamt Eurostat am Mittwoch in einer ersten Schätzung mit. Im Dezember hatte die Inflation noch bei 9,2 Prozent gelegen und im November bei 10,1 Prozent. Der dritte Monatsrückgang in Folge sei auf rückläufige Energiepreise zurückzuführen.

Die überraschend niedrige Inflationsrate dürfte die Diskussionen im EZB-Rat über die weitere Zinspolitik verschärfen. Zuletzt gab es im Gremium auch Stimmen, die darauf drängten, das Tempo der Anhebungen zu drosseln. Die EZB wird am Donnerstag über den Leitzins entscheiden. Nach vier zum Teil rekordhohen Zinserhöhungen liegt der Leitzins seit Dezember bei 2,5 Prozent. Experten rechnen damit, dass die Notenbank bei ihrer nächsten Sitzung erneut 0,5 Prozentpunkte draufpackt. Die Frage ist, wie es dann weitergeht. An den Finanzmärkten wurde bereits darüber spekuliert, die Währungshüter könnten sogar noch 2023 Zinssenkungen beschließen - eine Spekulation, die von den EZB-Granden sofort zurückgewiesen wurde.

Das Ziel: zwei Prozent Inflationsrate

Die Euro-Zone steht vor einem ähnlichen Dilemma wie die USA. Auch dort sinken die Inflationsraten. Allerdings möchten die Währungshüter Entschlossenheit in ihrem Kampf gegen den Preisauftrieb signalisieren. Zur Erinnerung: Beide Notenbanken streben eine maximale Teuerungsrate von zwei Prozent an. Gleichzeitig steht die Befürchtung im Raum, weiter steigende Zinsen könnten die Wirtschaftsentwicklung bremsen. Es ist eine Gratwanderung.

Im Dezember sank der amerikanische Verbraucherpreisindex auf 6,5 Prozent. Damit betrug die Teuerung deutlich weniger als im November mit 7,1 Prozent und als im Juni 2022 zum Höchststand von 9,1 Prozent. Die Federal Reserve hat angesichts der abnehmenden Preisdynamik das Tempo ihrer Zinserhöhungen reduziert. Die Notenbank beschloss am Mittwochabend, den Leitzins nur noch um 0,25 Prozentpunkte anzuheben. Nun liegt der Zins in der Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent. Es war die achte Anhebung in Folge und zugleich der kleinste Schritt seit vergangenem März. Zuletzt hatte die Fed mehrfach den Leitzins um beachtliche 0,75 Prozentpunkte angehoben - Ende des vergangenen Jahres das Tempo aber mit einem Zinsschritt von 0,5 Prozentpunkten erstmals wieder verlangsamt. "Wir wollen die Inflation auf zwei Prozent drücken und haben noch viel Arbeit vor uns", sagte Fed-Präsident Jerome Powell nach der Entscheidung. "Weitere Zinserhöhungen sind daher angezeigt." Die US-Notenbank hatte bereits vorher angedeutet, sie wolle die Zinsen 2023 auf rund fünf Prozent anheben.

In der Euro-Zone haben sich die Preise für Energie zwar auch im Januar deutlich um 17,2 Prozent verteuert, doch die Dynamik hat nachgelassen. Zum Vergleich: Im Dezember waren es noch 25,5 Prozent. Die sogenannte Kerninflation, in der die schwankungsanfälligen Energie-, Lebensmittel-, Alkohol- und Tabakpreise herausgerechnet werden, blieb allerdings auf dem hohen Vormonatswert von 5,2 Prozent. "Die Kerninflation ist nur deshalb nicht weiter auf 5,3 Prozent gestiegen, weil Eurostat den Warenkorb aktualisiert hat, weshalb der im Januar üblich starke Rückgang der Preise für Pauschalreisen mit dem doppelten Gewicht in die Berechnung einging", twitterte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. "Es gibt noch keine Entwarnung für die EZB."

Ökonomen schauen auf die Kerninflation, weil sie zeigt, inwieweit Unternehmen die Teuerung an die Verbraucher weitergeben. Auch der Internationale Währungsfonds hatte in seiner jüngsten Konjunkturprognose betont, dass die Zentralbanken trotz erster Erfolge in ihrem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise nicht nachlassen dürften. Die Schlacht sei noch nicht gewonnen.

Eurostat musste bei den Verbraucherpreisdaten für Deutschland allerdings auf eine eigene Schätzung zurückgreifen, da das Statistische Bundesamt wegen technischer Probleme die für Dienstag geplante Veröffentlichung verschoben hat. Im Zusammenhang mit der Revision der Berechnung des Verbraucherpreisindexes, die alle fünf Jahre vorgenommen wird, sei das System zusammengebrochen, teilte das Statistische Bundesamt mit. "Es könnte daher bei den endgültigen Inflationswerten zu ungewöhnlich hohem Revisionsbedarf kommen", warnte Helaba-Experte Ralf Umlauf. Eine solche Panne gab es wohl noch nie. "Ich analysiere seit 30 Jahren Konjunkturdaten, ich kann mich nicht erinnern, dass eine angekündigte Inflationsveröffentlichung verschoben werden musste", so Chefvolkswirt Krämer.

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