Inflation:Preisanstieg in Europa setzt sich fort

Tankstelle

Höhere Kosten: Vor allem die Energiepreise haben im Jahresvergleich zugelegt.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Im Juni betrug das Plus in der Euro-Zone im Vergleich zum Vorjahr 1,9 Prozent. Damit verfestigt sich ein Trend.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Inflation in der Euro-Zone ist im Juni um 1,9 Prozent gestiegen, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat in ihrer vorläufigen Schnellschätzung am Mittwoch mitteilte. Vor allem die Energiepreise haben im Jahresvergleich zugelegt. Damit setzt sich der markante Preisschub der vergangenen Monate fort. Im Mai notierte die Inflationsrate bei zwei Prozent, aber noch im Dezember waren die Preise in der Währungsunion im Durchschnitt gefallen.

Für die Europäische Zentralbank ist der Preisanstieg eine gute Nachricht, denn die Währungshüter haben fast ein Jahrzehnt lang vergeblich versucht, ihr Inflationsziel von nahe zwei Prozent zu erreichen. Inzwischen denken die Notenbanker über einen Strategiewechsel nach.

Dem Vorbild der amerikanischen Notenbank folgend, könnte Europas Zentralbank künftig Inflationsraten von mehr als zwei Prozent tolerieren. Damit würde man die neue Realität akzeptieren, nämlich dass die Teuerungsraten in nächster Zeit höher ausfallen könnten als früher.

Ein globaler Trend

Steigende Inflationsraten sind ein globaler Trend. In den USA waren die Preise zuletzt um fünf Prozent geklettert, in Deutschland um 2,3 Prozent. Ein Teil des Anstiegs ist auf Basiseffekte zurückzuführen. Weil Inflationsraten auf Jahresbasis verglichen werden, schlägt der massive Preisverfall des Vorjahres, ausgelöst durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, rechnerisch jetzt stark durch, da sich Wirtschaft und Preise wieder erholen. Zudem gibt es Produktionsengpässe in einigen Sektoren. Diese Knappheit, beispielsweise beim Holz, führt zu höheren Preisen.

In Europa wächst bei vielen Verbrauchern der Unmut, weil sich die offiziellen Inflationsmessungen durch Eurostat zu oft nicht mit den persönlichen Erfahrungen des Menschen decken. Das betrifft vor allem die Wohnkosten. Die Häuserpreise sind zwischen 2015 und 2020 in den europäischen Großstädten um bis zu 50 Prozent gestiegen, und sie steigen weiter, mittlerweile auch in Kleinstädten. Wer umzieht, merkt sofort, wie stark die Mieten angezogen haben.

Große Teile der Bevölkerung müssen fast die Hälfte ihres verfügbaren Einkommens für Wohnkosten aufbringen, stellte das Statistische Bundesamt fest. Nach Ansicht von Experten sind im Inflationswarenkorb vor allem die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum zu gering gewichtet. Dieses Problem soll in nächster Zeit von den Statistikern gelöst werden.

Im europäischen Vergleich steigen die Preise in Deutschland stärker als anderswo. Im Juni lag die Rate bei 2,3 Prozent, im Mai bei 2,5 Prozent. Experten rechnen damit, dass die Inflationsrate in diesem Jahr sogar bis auf vier Prozent zulegen könnte. Ursächlich hierfür sind einige Sonderfaktoren: In Deutschland sind die Mehrwertsteuersätze zum Jahreswechsel wieder auf das übliche Niveau angehoben worden, nachdem sie im Vorjahr wegen der Corona-Pandemie gesenkt worden waren. Zudem wird seit Anfang 2021 eine CO₂-Abgabe von 25 Euro je Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid fällig. Das treibt die Preise fürs Heizen und Tanken nach oben. Die Energiepreise sind laut Statistischem Bundesamt im Juni um knapp zehn Prozent gestiegen.

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