Infineon:Wenn das Chip-Qi stockt

Streit um Infineons Strategie: Die Zahlen der kriselnden Speichersparte Qimonda sind desaströs, der Verkauf steht still. Die Hauptversammlung an diesem Donnerstag verspricht spannend zu werden.

Markus Balser

In der Welt der Nanometer und Bits bleibt selten Raum für Philosophie. Doch als der Chiphersteller Infineon vor zwei Jahren seine kriselnde Speichersparte Qimonda abspaltete, wurden die sonst so sachlichen Konzernstrategen zu wortmalerischen Poeten. Der Name der neuen Tochter stehe im Westen für den Schlüssel zur Welt, in Asien für fließende Energie. Doch inzwischen kann von positivem Chip-Qi bei dem Münchner Duo keine Rede mehr sein. Denn der Verkauf des angeschlagenen Geschäftsfeldes stockt und hinter den Kulissen ist wegen der desaströsen Qimonda-Zahlen Streit entbrannt. Allein im vergangenen Quartal verbuchte Qimonda fast 600 Millionen Euro Verlust.

Infineon: Bei Infineon gibt es wegen Schwierigkeiten bei der Abspaltung der defizitären Tochter Qimonda Streit.

Bei Infineon gibt es wegen Schwierigkeiten bei der Abspaltung der defizitären Tochter Qimonda Streit.

(Foto: Foto: AP)

Aufsichtsräte reagierten nach Informationen der Süddeutschen Zeitung entsetzt, als sich die Probleme bei der Tochter anbahnten. Bereits bei einer Sitzung des Kontrollgremiums im November sei deswegen Streit entbrannt, sagen Teilnehmer. Ein führender Kontrolleur habe Konzernchef Wolfgang Ziebart lautstark vorgeworfen, sich nicht genug um die Tochter gekümmert zu haben. Die Kontrolleure hätten schließlich selbst die Initiative ergriffen und die Bildung eines Krisenstabs beschlossen.

Seit Ende November durchforstet eine Task-Force Qimonda auf Schwachstellen. Infineon bestätigte die Maßnahme am Mittwoch "in Anbetracht des erneuten Ergebniseinbruchs im vierten Quartal und der schlechten Prognose für den DRAM-Preis Ende November". Allerdings sei sie von Vorstand und Aufsichtsrat eingesetzt worden. Ziel: "Die Beurteilung der Gesamtsituation von Qimonda und die Ausarbeitung eines geeigneten Maßnahmenkatalogs zu den Aspekten Unternehmensstrategie, Finanzen, Technologie und Optimierungsmaßnahmen in allen Fertigungsstätten." Warum der Infineon-Vorstand nicht direkt eingriff? Qimonda sei eine eigenständige börsennotierte Gesellschaft. Wegen gesetzlicher Rahmenbedingungen könne ein Gesellschafter nicht in operative Aufgaben von Qimonda einwirken, so der Konzern.

Gewaltige Qualitätsprobleme

"Es gibt gewaltige Qualitätsprobleme", klagt ein Manager. Vor allem im US-Werk in Richmond habe der Konzern mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Zudem seien Entscheidungen für das Umrüsten der Produktion auf modernere Technologien viel zu spät gefallen. Nun wird auf den Infineon-Fluren bereits darüber diskutiert, wie lange sich Konzernchef Ziebart wohl noch an der Spitze von Infineon halten kann.

Der Rückhalt im Aufsichtsrat bröckelt scheinbar. Ob das Gremium den 2009 auslaufenden Vertrag Ziebarts verlängere, sei offen, heißt es in Teilen des Aufsichtsrats. Die Stimmung zwischen Kontrolleuren und Vorständen sei seit Monaten angespannt. Im Frühjahr sei das Management im Kontrollgremium aufgelaufen. Der Vorstand habe der Arbeitgeberseite im Aufsichtsrat die Abspaltung des Kommunikationsgeschäfts in ein Joint-Venture vorgeschlagen, sei aber auf Widerstand gestoßen. Der Arbeitnehmerseite habe man das Vorhaben dann erst gar nicht mehr präsentiert. Doch der Plan sickerte durch. Nun sei auch noch der Betriebsrat verärgert, heißt es. Infineon bestätigt nur: "Wir haben in der Tat im vergangenen Jahr eine Reihe von strategischen Optionen für das Com-Geschäft geprüft." Von Streit aber könne keine Rede sein. Einhellig habe man sich nach Analyse aller Szenarien gegen das Joint-Venture und für einen Ausbau der Sparte entschieden. Besorgt fragt sich ein Aufsichtsrat, was bei einer Abspaltung noch von Infineon übrig geblieben wäre.

Für den Standort gehe es um mehr als die Zukunft zweier Unternehmen, warnt ein Kontrolleur. Viele Firmen verkaufen sich gerne als High-Tech-Schmieden. Infineon und Qimonda sind es wirklich. Sie geben 15 respektive elf Prozent ihres Umsatzes für Forschung aus. Zum Vergleich: Bei Siemens sind es etwa fünf Prozent. "Ohne uns", sagt Vorstandschef Ziebart, "würden Schlüsselbranchen wie Auto und Automatisierungstechnik an Innovationskraft verlieren".

Ziebart selbst brach zu Wochenbeginn mit Vertrauten nach Barcelona auf, um bei der weltweit wichtigsten Mobilfunkmesse neue Kunden zu werben. Im Gepäck: unerschütterliches Selbstbewusstsein. "Die Aktionäre werden natürlich in erster Linie ungeduldig nach der weiteren Trennung von Qimonda fragen", schwant Ziebart vor dem mit Spannung erwarteten Aktionärstreffen an diesem Donnerstag. Die jüngsten Geschäftszahlen seien zwar in Ordnung gewesen, aber vom verhaltenen Ausblick mehr als überschattet worden, sagt Ziebart der SZ. Der Krisensparte Kommunikation drohe erneut ein Minus. "Aber wir erwarten im laufenden Jahr für COM trotzdem einen kräftigen Umsatzsprung und deutlich reduzierte Verluste".

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