Es ist wohl eine gute Woche, um jahrelang schwelende Rechtsstreitigkeiten beizulegen. Erst hat sich die Deutsche Bank mit vielen Klägern wegen der Postbank-Übernahme geeinigt, die Auseinandersetzung geht zurück bis ins Jahr 2010. Jetzt hat auch der Münchner Chipkonzern Infineon einen Rechtsstreit um seine frühere Tochterfirma Qimonda beigelegt – nach immerhin 14 Jahren.
Dabei wird es für Infineon – ähnlich wie für die Deutsche Bank – ziemlich teuer, teurer als gedacht. Der Halbleiterhersteller muss nämlich weitere rund 750 Millionen Euro an den Qimonda-Insolvenzverwalter Michael Jaffé zahlen. Nur rund 220 Millionen Euro hatte Infineon für den Streit bislang zurückgelegt. Die Gewinnrechnung des laufenden Geschäftsjahres, das im September endet, wird nun mit weiteren 660 Millionen Euro belastet, denn es gibt auch noch Zinseffekte.
„Ein teureres Ende, aber zumindest ein Ende.“
Es seien genügend liquide Mittel vorhanden, um die Summe auszuzahlen, sagte ein Sprecher. „Schmerzhaft, aber verkraftbar“, sagte ein Analyst zu Reuters. Ein anderer teilte mit, die Summe sei überraschend hoch: „Unter dem Strich ein teureres Ende für Infineon, aber zumindest ein Ende.“
Der Fall ist jedenfalls kompliziert. Vor 18 Jahren, 2006, hatte Infineon das gesamte Geschäft mit Speicherchips ausgegliedert. Das war damals sehr volatil, machte hohe Verluste und drohte, den Konzern in die Insolvenz zu ziehen. Deshalb sollte es schnell weg. Die neue Tochterfirma bekam den Namen Qimonda, hatte 13 500 Mitarbeiter und war damals einer der größten Hersteller von Speicherchips auf der Welt. Die Firma ging schließlich an die Börse in New York, Infineon verkaufte seine Anteile. Doch Gewinne wurden nie erwirtschaftet, die erwünschte Staatshilfe kam nicht, im Januar 2009 war Qimonda dann pleite. Infineon immerhin war nicht betroffen, spezialisierte sich seitdem auf intelligente Halbleiter und ist nun eine der zehn größten Chipfirmen der Welt, die einzige mit Sitz in Europa.
Doch die Qimonda-Pleite hatte ein Nachspiel. Der Münchner Insolvenzverwalter Jaffé, der auch schon den Kirch-Konzern abgewickelt hatte und derzeit Insolvenzverwalter von Wirecard ist, ging seit 2010 gegen Infineon vor. Der Vorwurf: Damals sei in Wirklichkeit ein Geschäft ausgegliedert worden, das nicht werthaltig war. Dafür sollte Infineon zahlen. Infineon hatte den Wert der Speicherchip-Sparte bei der Ausgliederung auf 600 Millionen Euro taxiert, ein vom Landgericht München I bestellter Gutachter kam dagegen zuletzt auf einen negativen Wert in Milliardenhöhe. Jaffés erste Forderung belief sich auf 3,4 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen.
Nun haben sich beide Seiten geeinigt. Es seien alle Rechtsstreitigkeiten und Ansprüche des Insolvenzverwalters gegen Infineon vom Tisch, teilte Infineon mit. Insgesamt hat Jaffé inzwischen 1,2 Milliarden Euro erstritten, das Geld bekommen die Qimonda-Gläubiger. Jaffé stellte ihnen jetzt eine „substanzielle“ Insolvenzquote in Aussicht, die relativ bald ausgezahlt werden könne. Auch staatliche Fördergelder an Qimonda können jetzt zurückgezahlt werden.