Industrieversicherung:Allianz sucht den Befreiungsschlag

Allianz Sitz in München Blick von außen auf den Hauptsitz in der Königinstraße 28 in München von de

Der Hauptsitz der Allianz in München: Künftig steuert die Welt-Holding Allianz SE die drei großen Versicherer und die Vertriebsgesellschaft im Heimatmarkt direkt.

(Foto: imago)

Der neue Chef Joachim Müller baut die Spitze der Allianz-Tochter um.

Von Herbert Fromme, Köln

Lange galt der Industrieversicherer Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) als Vorzeigeunternehmen im globalen Dax-Konzern. Doch seit zwei Jahren schwächelt das Unternehmen, das immerhin 9,1 Milliarden Euro zum weltweiten Allianz-Umsatz von 142,4 Milliarden Euro beiträgt.

Im November vergangenen Jahres reichte es Konzernchef Oliver Bäte: Er feuerte den damaligen AGCS-Chef Chris Fischer Hirs und machte Joachim Müller zum Chef. Müller war vorher im Vorstand der Allianz Deutschland. Für ihn spricht, dass er schon einmal einen Problemfall im Konzern lösen konnte - die Allianz Versicherung, der Sachversicherer in Deutschland, gewinnt nach Müllers Eingreifen wieder Marktanteile. Gegen ihn spricht, dass er das Geschäft mit globalen Konzernen, von dem die AGCS lebt, bis dahin kaum kannte.

Nach knapp sieben Monaten hat Müller jetzt einen Plan - zumindest was das Spitzenpersonal betrifft. Die Vorstände Hartmut Mai, 54, und Sinéad Browne, 47, müssen das Unternehmen sofort verlassen.

Neu kommen Renate Strasser, 46, die bislang in Zürich den Rückversicherer New Re leitete, eine Tochter der Munich Re, und Tony Buckle, 51, der beim Rivalen Axa XL arbeitete.

Seit dem 1. März hat der Dax nach heftigem Auf und Ab 2,45 Prozent zugelegt, die Allianz-Aktie aber 6,5 Prozent verloren. Dass die Industrieversicherung, die Königsklasse der Branche, bei der Allianz schwächelt, hilft dem Kurs nicht - auch deshalb, weil sich Bäte und Finanzchef Giulio Terzariol persönlich stark engagieren.

Die AGCS versichert vor allem Konzerne mit mehr als 500 Millionen Euro Jahresumsatz. Die Allianz gründete den Spezialversicherer 2006, als sie gerade heftige Verluste aus der Versicherung von Ölplattformen erlitten hatte. Die AGCS fasste das gesamte Geschäft mit der großen Industrie zusammen - und war unglaublich erfolgreich. Das positive Gesamtbild änderte sich 2015. Damals musste die AGCS auf Geheiß der Konzernführung einen alten Versicherungsbestand in den USA übernehmen, der zur inzwischen aufgelösten Allianz-Tochter Fireman's Fund gehörte. Das führte zu hohen Belastungen. 2019 musste der Konzern die AGCS-Reserven um 600 Millionen Euro stärken.

Aber inzwischen reicht es für die AGCS-Führung nicht mehr, auf die unfreiwillig übernommenen US-Risiken zu verweisen. Die Rating-Agentur Standard & Poor's hat Anfang dieser Woche den Ausblick der AGCS von stabil auf negativ gesenkt. Dabei betonte die Agentur, dass nicht nur das US-Geschäft Probleme macht, sondern auch andere Bereiche - zum Beispiel die Haftpflichtversicherung für deutsche Konzerne. Die hatte unter anderem Vorstand Hartmut Mai verantwortet, der jetzt gehen muss.

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