Süddeutsche Zeitung

Online-Handel:Wie Rechtsextreme von Amazon und Paypal profitieren

Lesezeit: 2 min

Von Pia Ratzesberger

Die Gegenwart ist ein dunkles Zeitalter, zumindest wenn es nach Greg Johnson geht. Der Betreiber der Internetseite counter-currents.com macht aus seiner Ideologie keinen Hehl - sie richtet sich gegen Multikulturalismus, gegen Gleichheit, gegen vermeintlich gefährliche liberale Strömungen. Auf der Webseite werden unter anderem Bücher rechter Schriftsteller vertrieben und Johnson beschreibt eindringlich, wie die Welt seinen Vorstellungen nach geordnet sein müsste. "Weiße sind eine eigenständige ethnische Gruppe mit eigenen Interessen". Das Ziel sei "die kulturelle Hegemonie des Multikulturalismus zu zerstören" und durch eine "kulturelle Hegemonie der Weißen" zu ersetzen, heißt es dort.

Trotz dieses rechten Gedankenguts allerdings, bedient sich die Webseite der indirekten Unterstützung großer Konzerne. Zum Beispiel der von Amazon und Paypal. Auch wenn beide Unternehmen sich selbst einer Politik gegen Diskriminierung verschrieben haben, ist counter-currents seit mehreren Jahren Partner des Amazon Affiliate Programms. Von der Webseite aus führen somit Links direkt zum Amazon-Online-Shop. Nutzen Besucher diese Links und kaufen anschließend bei Amazon, registriert das Unternehmen, woher die Kunden kamen - und zahlt der Webseite eine Provision anteilig am Einkaufspreis.

Rechte Gruppen profitieren, lautet der Vorwurf

In einem Eintrag aus dem Jahr 2012 gibt Johnson an, dass durch das Partnerprogramm jeden Monat etwa 200 Dollar zusammenkommen, das heißt auf ein Jahr hochgerechnet mehr als 2000 Dollar. Zum Zeitpunkt des Eintrags profitierte seine Seite allerdings lediglich von Besuchen auf den amerikanischen Internetauftritt von Amazon. Mittlerweile sind jedoch auch die Auftritte neun weiterer Länder dabei, darunter Amazon Österreich und Deutschland - der Betrag dürfte heute also um ein Vielfaches höher liegen.

Dem amerikanischen Southern Poverty Law Center (SPLC) zufolge, einer gemeinnützigen Organisation gegen Rassismus, ist counter-currents nur eine von vielen rechten Gruppen, die durch das Affiliate Programm Geld einnehmen. Amazon Deutschland gab auf Nachfrage an, dass die Teilnahme über einen Selbstregistrierungsprozess erfolge. Die Grundlage für die Zusammenarbeit seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen festgehalten ist, dass "Werbung für diskriminierende Produkte" oder die "Anwendung diskriminierender Praktiken in Bezug auf die Rasse" nicht erlaubt seien. "Wenn wir über Teilnehmer am Partnerprogramm informiert werden, die möglicherweise nicht im Einklang mit diesen AGBs sind, so überprüfen wir dies umgehend und leiten gegebenenfalls entsprechenden Maßnahmen ein", hieß es von Seiten des Konzerns.

Neben Amazon hat die Anti-Rassismus-Organisation SPLC zudem auch den Bezahldienst Paypal im Visier. Sie wirft ihm vor, als "Bank der Rassenhass-Bewegung" zu fungieren. Rechte Webseiten sammeln über den Bezahldienst Spenden ein - von denen Paypal wiederum profitiert, da bei jeder Überweisung ein gewisser Prozentsatz des Betrags als Gebühr an das Unternehmen geht. Etwa 70 rassistische Gruppen nutzen Paypal für ihre Finanzen, schreibt das SPLC in einem Report aus dem vergangenen Jahr.

NPD-nahes Warenhaus verkauft via Paypal

Solche Vorwürfe kennt man auch in Deutschland: Jugendschutz.net, ein von den Bundesländern gegründetes Portal, gibt auf Nachfrage an, dass Internetseiten Paypal regelmäßig nutzen um "Spenden für den politischen Kampf" zu sammeln. Auch eng mit der Szene verflochtene Online-Shops, wie zum Beispiel das NPD-nahe Warenhaus der Deutschen Stimme, würden ihren Warenverkauf mit Hilfe des Bezahldienstes regeln. Paypal gab genau wie Amazon bisher keine Stellungnahme ab.

Mehrfach sei Jugendschutz.net nach eingegangenen Beschwerden auch bereits gegen solche Webseiten vorgegangen, heißt es von Seiten des Portals - nicht nur gegen kleine Shops, sondern ebenfalls gegen große Händler wie Amazon, wenn dort rechtsextreme Händler ihre Produkte feilboten. Nach Informationen von Jugendschutz.net seien die unzulässigen Inhalte dann gelöscht worden. Denn im Gegensatz zu den USA können in Deutschland im Zweifelsfall rechtliche Konsequenzen drohen - da hierzulande die Verbreitung von verfassungswidrigen Symbolen strafrechtlich verfolgt wird.

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