Süddeutsche Zeitung

Imtech:Zeit ist Geld

Das Insolvenzverfahren über den Baukonzern ist eröffnet. Die Gläubiger aber brauchen Geduld.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Man kann nicht sagen, dass Peter-Alexander Borchardt nicht ordentlich Tempo gemacht hätte, im Gegenteil. Borchardt ist als Insolvenzverwalter zuständig für den Baukonzern Imtech. Nachdem das Unternehmen im Sommer Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt hatte, dauerte es nur wenige Wochen, bis Borchardt die ersten Tochterbetriebe veräußert und sogar einen Käufer für das Kerngeschäft von Imtech gefunden hatte: Die Bremer Zech-Gruppe übernimmt Imtech und einen Großteil der Mitarbeiter. Gerade bei Insolvenzen von Baufirmen sei Zeit "ein knappes Gut", sagte Borchardt damals. Während der Phase der Unsicherheit blieben neue Aufträge meist aus, würden alte gekündigt und Mitarbeiter von der Konkurrenz abgeworben. Deshalb seien rasche Lösungen wichtig. Doch trotz aller Bemühungen um Schnelligkeit: Den Imtech-Gläubigern wird all das nichts nützen. Sie werden noch viel Geduld aufbringen müssen, bevor sie wenigstens einen kleinen Teil ihres Geldes wiedersehen könnten.

Borchardt sagte am Montag, er wolle zwar schnellstmöglich eine Abschlagsverteilung vornehmen. "Dies wird aufgrund der zahlreichen noch ungeklärten Forderungen jedoch keinesfalls vor Ende 2017 möglich sein." Insgesamt werde sich das Insolvenzverfahren mindestens sechs Jahre hinziehen, weil das Unternehmen für diesen Zeitraum Garantien bei einigen Bauprojekten übernommen habe. Imtech Deutschland habe rund 150 Millionen Euro Schulden. Die Übertragung des Kerngeschäfts von Imtech an die Zech-Gruppe soll in wenigen Tagen abgeschlossen sein. Zech übernimmt etwa 500 Baustellen und plant offenbar, die Arbeiten fortzusetzen, meist mit den gleichen Mitarbeitern wie bislang. Das gilt auch für die Arbeiten am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER). Das Bauprojekt ist seit Jahren von immer neuen Pannen geprägt. Zuletzt wurde darüber spekuliert, die Pleite von Imtech könnte den Eröffnungstermin des Flughafens weiter verzögern. Derzeit gilt Herbst 2017 als angestrebter Termin.

Zudem wird der Imtech-Geschäftsbereich Automotive Testing Solutions an den Umwelttechnikkonzern Weiss verkauft. Über den Kaufpreis gibt es keine Auskunft. Bereits zuvor war unter anderem die Imtech-Tochter Imtech Contracting an das Magdeburger Unternehmen Getech veräußert worden. Alle 130 Mitarbeiter würden weiterbeschäftigt, hieß es. Der Anlagenbauer Max Straube, der ebenfalls zur Imtech-Gruppe gehörte, wird vom österreichischen Konkurrenten Kremsmüller übernommen. Und die Konzerntochter Imtech Brandschutz ging an die Are-Gruppe und soll unter dem Namen Systeex Brandschutzsysteme weitergeführt werden. Von den 476 Arbeitsplätzen sollen 418 erhalten bleiben.

Insgesamt scheint ein großer Teil der Imtech-Mitarbeiter zumindest mittelfristig ihre Jobs behalten zu können: 3000 der ursprünglich 3600 Arbeitsplätze in der Unternehmensgruppe seien gerettet, heißt es beim Insolvenzverwalter. 400 Angestellte sollen aus eigener Initiative das Unternehmen verlassen haben. Imtech ist bei zahlreichen Bauprojekten in Deutschland beteiligt, die Mitarbeiter des Unternehmens genießen in der Branche einen guten Ruf. Dass das Unternehmen überhaupt in eine finanzielle Schieflage geriet, lag offenbar maßgeblich an schlechter Kalkulation: Die Arbeiten an gut 200 Baustellen wurden vom Insolvenzverwalter gestoppt, weil sich die Projekte für Imtech überhaupt nicht rechneten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2718649
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.11.2015
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.