Import-Service im Internet:Bring es mit!

Passengers watch a China Southern Airlines plane take-off as they wait to board their plane at Shanghai's Hongqiao International Airport

Pfefferminz-Kekse aus Australien oder Hinano-Bier aus Französisch-Polynesien: Etwa ein Drittel der Wunschartikel sind Nahrungsmittel

(Foto: REUTERS)

Käse aus Kanada, Shampoo aus den USA, Bier aus Polynesien: Viele Deutsche wollen Produkte, die es hierzulande nicht gibt. Ein Start-up-Unternehmen vermittelt Boten, die die Wunschartikel von ihren Reisen mitbringen.

Von Kristina Läsker

Begonnen hat alles mit dem Nuss-Shampoo. Jennifer Schietzel machte Urlaub in Amerika und kaufte dort ein Pflegemittel, gewonnen aus Palmnüssen von Ojon-Bäumen. "Das war so toll", schwärmt die 27-Jährige mit den langen blonden Haaren. Zurück in Wismar suchte sie dieses Shampoo vergeblich in Drogerien oder im Internet. Es war in Deutschland einfach nicht aufzutreiben. Also bat sie Freunde, ihr das Mittel aus den USA mitzubringen. Das war mühsam, aber es half.

Das Ganze ist mehr als zwei Jahre her, und es hat Schietzels Leben geprägt. Sie wollte sich nicht damit abfinden, dass in einer vernetzten Welt die Produkte anderer Länder nicht zu bekommen sind. Ihre vergebliche Suche inspirierte sie zuerst zu ihrer Abschlussarbeit an der Hochschule. Jetzt bekämpft sie den Mangel mit einem Start-up im Internet - einem Import-Service der anderen Art.

Gemeinsam mit vier Hochschulabsolventen hat die Betriebswirtin die Internet-Plattform www.bringwasmit.de gegründet. Ihre Firma macht Reisende zu Boten. Auf der Website können sich Suchende ein Produkt aus dem Ausland wünschen, und Reisende können Ziele angeben. Wenn sich zwei Partner finden, handeln sie den Kauf eines Artikels und eine Belohnung für den Botendienst aus. In Deutschland gelangt das Mitbringsel dann persönlich oder per Post zum Besteller. "Viele Boten wollen daran gar nicht viel verdienen", so Schietzel, "die finden das eher cool und wollen eine Freude machen."

"Wir möchten bis Jahresende zehnmal so viele erreichen"

Mehr als 290 Wünsche sind auf der Webseite eingestellt. Nutzerin Mona-Swaha sucht rote Unterwäsche von Victoria's Secret aus den USA für 66 Euro - die heißen Dessous kosten hier weit mehr. Burgy will einen Yotsuba aus Japan. Das ist eine Plastikfigur, die einem Miniroboter ähnelt. Vanessa möchte Fromage en grains aus Kanada. Mit diesen Schnitzeln aus Cheddar-Käse will sie nämlich Poutine kochen, ein Kultgericht aus Quebec.

Anfragen nach Essen sind häufig, etwa nach Pfefferminz-Keksen aus Australien oder Hinano-Bier aus Französisch-Polynesien: "Etwa ein Drittel der Wunschartikel sind Nahrungsmittel", sagt Schietzel. Ihre Firma "BoxInTheBag" verdient an jedem Botengang mit: Als Provision fließen zehn Prozent des Preises an die Gesellschaft in Mecklenburg. Doch da die Produkte meist günstig sind, wünschen sich die Gründer weit mehr Nutzer. Bislang sind 5000 Menschen angemeldet. Die meisten sind jünger, zwischen 18 und 35 Jahre. Auf jeden Fall sind es noch nicht genug: "Wir möchten bis Jahresende zehnmal so viele erreichen."

Karrierepläne über den Haufen geworfen

Noch müssen sich die Gründer nicht allein finanzieren, ihr Lebensunterhalt wird mit Geld aus zwei Stipendien unterstützt. Schietzel und ihr Team - eine Juristin und mehrere Entwickler - haben für ihre Ideen das Bundesstipendium Exist und ein Gründerstipendium des Landes Mecklenburg-Vorpommern erhalten, insgesamt 70.000 Euro. Davon haben sie ein Büro im Wismarer Hafen bezogen. Sie seien finanziert bis Mitte des Jahres. Schietzel: "Wir sind auf Investorensuche."

Sie hat die Stipendien auch deswegen erhalten, weil sie ihre Idee wissenschaftlich untersucht und begründet hat. Für ihre Abschlussarbeit an der Hochschule Wismar habe sie mehrere Hundert Menschen befragt, ob und wie sie solche Botendienste nutzen würden. "Viele fanden das gut." Dann ließ sie prüfen, ob die Transporte auch legal sind. Für Reisemitbringsel gelte ein Freibetrag von 430 Euro, erklärt sie. Bisher habe es keine Probleme mit dem Zoll gegeben.

Als vieles geklärt war, warf Schietzel ihre Karrierepläne über den Haufen. Die junge Frau hatte nach der Schule eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau bei Aldi gemacht und im Rahmen eines dualen Studiums studiert. Eigentlich stelle Aldi solche wie sie gerne als Bezirksleiterin ein, erzählt Schietzel. Doch sie hat sich lieber selbständig gemacht. Auch, weil es eben vieles von dem, was sich normale Menschen wünschen, nicht bei Aldi und Co. im Regal gibt.

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