Die Mieten steigen und steigen - aber wo sind sie eigentlich am stärksten gestiegen? Bei der Antwort auf diese Frage denkt man zu Recht an München und Berlin. Doch nicht nur in deutschen Metropolen sind die Mieten deutlich teurer geworden. Außerordentlich stark war der Anstieg auch in kleineren Großstädten, die weniger im Blickpunkt stehen. Dies geht aus dem neuen Jahresgutachten der "Immobilienweisen" von Forschungsinstituten und Verbänden hervor, das der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) vorgelegt hat.
Demnach sind zwischen 2005 und 2018 die Mieten für die Neuanmietung einer Wohnung in neun Städten um mehr als 50 Prozent gestiegen. Zu ihnen zählen neben München, Berlin und Stuttgart auch Ingolstadt, Würzburg, Augsburg, Nürnberg, Osnabrück und Heilbronn. Am unteren Ende finden sich vor allem altindustrielle Städte in Nordrhein-Westfalen wie Mülheim, Solingen, Oberhausen oder Wuppertal sowie Kommunen im Osten des Landes wie Chemnitz oder Halle. In allen diesen Städten sei das Mietniveau real, also unter Berücksichtigung der Teuerungsrate, "niedriger als noch 2005", heißt es in dem Gutachten.
Die Gutachter fürchten keine Immobilienblase in Deutschland
Auch bei den Kaufpreisen für Immobilien ist das Land gespalten. Im Durchschnitt stiegen sie in allen Großstädten in den vergangenen 13 Jahren um knapp 70 Prozent. Es gibt aber auch eine Reihe von Großstädten, in denen die Kaufpreise trotz der historisch niedrigen Bauzinsen kaum gestiegen sind. Auch hier trifft dies vor allem auf alte Industriestädte in NRW zu, die in den vergangen Jahren kaum Einwohner hinzugewonnen oder sogar verloren haben. "Diesen Städten sollte mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden", sagte Harald Simons, Vorstandsmitglied des Berliner Empirica-Instituts und einer der Gutachter.
Für Investoren könnten wegen der niedrigen Kaufpreise die hohen Renditen interessant sein, die sich mit der Vermietung in diesen Städten erzielen ließen. Bürger könnten "von den niedrigen Wohnkosten profitieren, und die Politik sollte sich stärker mit diesen Städten befassen, um hierdurch die angespannten Märkte anderswo zu entlasten", forderte Simons.
Noch zieht es die Menschen aber vor allem in die sogenannten A-Städte und deren Umland, das sind Berlin, Hamburg, München, Köln, Stuttgart, Frankfurt am Main, Düsseldorf. Diese Städte verzeichneten weiter steigende Einwohnerzahlen. "Binnenwanderungsverluste wurden über den Zuzug aus dem Ausland mehr als ausgeglichen", sagte Carolin Wandzik, Geschäftsführerin des Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung.
Die Gutachter rechnen nicht damit, dass es in diesem Jahr zu einer Trendwende am Immobilienmarkt kommt. Besonders in den städtischen Regionen sei von weiter deutlich steigenden Kaufpreisen auszugehen, stellen die Experten fest. Zugleich warnen sie wie Anfang der Woche die Bundesbank vor "Preisübertreibungen", also vor riskanten Kaufpreisen, die wieder fallen könnten. Eine Immobilienblase sehen sie aber nicht, weil weder die Banken leichtfertig viele Baukredite herausgeben noch wie vor Jahren in Spanien zu viel gebaut wird.
Eher wird zu wenig gebaut. Diese Sorge treibt ein Bündnis von 34 Organisationen und Verbänden um - vom Deutschen Mieterbund, der IG BAU bis zum Zentralverband des Deutschen Baugewerbes -, die sich am Dienstag zu Wort meldeten. Sie fürchten, dass Bund, Länder und Kommunen fünf Monate nach dem Wohngipfel im Kanzleramt "die Dringlichkeit, den Neubau von Wohnungen politisch voranzutreiben, erneut aus den Augen verlieren". Im vergangenen Jahr seien nicht einmal 300 000 Wohnungen gebaut worden. Nötig seien aber jährlich 400 000. Das Bündnis forderte die Koalition auf, mehr Geld für Sozialwohnungen auszugeben. Allein 2017 seien 45 000 Sozialwohnungen aus der Mietbindung gefallen und vom Markt verschwunden.