GeldanlageErfolg für Anleger von offenen Immobilienfonds

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Offene Immobilienfonds wurden und werden nicht nur von Volks- und Raiffeisenbanken vertrieben, sondern auch von Sparkassen und Privatbanken.
Offene Immobilienfonds wurden und werden nicht nur von Volks- und Raiffeisenbanken vertrieben, sondern auch von Sparkassen und Privatbanken. (Foto: Marijan Murat)

Das Landgericht Stuttgart gibt einer Sparerin recht: Sie sei falsch beraten worden, als sie in einen verlustreichen Immobilienfonds investierte – und soll ihr Geld zurückbekommen. Das Urteil könnte Signalwirkung haben für die milliardenschwere Branche.

Von Stephan Radomsky

Niemand verliert gern Geld, das gilt für den ruchlosen Zocker genauso wie für den redlichen Sparer. Aber wer ins Casino geht, muss eben damit rechnen, ärmer herauszukommen. Wer auf die Bank geht und nach einer möglichst wenig riskanten Geldanlage fragt, eigentlich nicht.

Trotzdem erging es einer Sparerin aus Schwaben genau so: Als sie Anfang 2023 insgesamt 20 000 Euro anlegen wollte, verkaufte man ihr in der Volksbank Böblingen unter anderem für 5000 Euro Anteile des offenen Immobilienfonds Uni Immo Wohnen ZBI. Solche Fonds sammeln das Geld vieler Privatanleger ein und investieren es in große Einzelimmobilien und ganze Portfolios, in diesem Fall Wohnungen. Vermeintlich eine sichere Sache: Der Fonds wurde in der niedrigsten Risikoklasse 1 vertrieben, vergleichbar mit Bundesanleihen oder Sparguthaben. Tatsächlich aber kam es anders: Der Uni Immo Wohnen ZBI verlor im vergangenen Sommer plötzlich drastisch an Wert, statt der Sicherheit gab es: Verluste.

Die Sparerin klagte deshalb – und bekam nun vom Landgericht Stuttgart recht (Az. 12 O 287/24): Die Volksbank, die ihr den Fonds verkauft hatte, müsse ihr die ursprünglichen gut 5000 Euro aus ihrem Investment zurückzahlen, urteilten die Richter. Die Frau sei nämlich falsch beraten worden. Demnach „war die Empfehlung eines offenen Immobilienfonds ungeeignet“, heißt es im Urteil, „denn ein offener Immobilienfonds ist im Werterhalt nicht so sicher wie ein Festgeld“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Trotzdem könnte die Frau aus Baden-Württemberg damit zum Vorbild für potenziell Hunderttausende Anleger werden, die zuletzt Verluste mit offenen Immobilienfonds erlitten – und zum echten Problem für Banken und Fondsgesellschaften. Denn offene Immobilienfonds wurden und werden nicht nur von Volks- und Raiffeisenbanken vertrieben, sondern auch von Sparkassen und Privatbanken – und das dank der vermeintlichen Sicherheit seit Jahren mit großem Erfolg. Allein der Uni Immo Wohnen ZBI verwaltete so zuletzt nach eigenen Angaben immer noch ein Vermögen von mehr als 3,5 Milliarden Euro. Insgesamt hielten offene Immobilienfonds in Deutschland nach Daten des Branchenverbands BVI zum Ende des vergangenen Jahres sogar Gebäude im Wert von weit mehr als 100 Milliarden Euro.

Allerdings steht die Branche unter enormem Druck: Das Ende der Nullzins-Phase, fallende Immobilienpreise und steigende Renditen bei anderen Anlagen lockten immer mehr Sparer in andere Geldanlagen. Sie zogen in den vergangenen knapp zwei Jahren unter dem Strich fast neun Milliarden Euro aus den Fonds ab, wie eine Auswertung des Analysehauses Barkow Consulting zeigt. Hinzu kamen fallende Immobilienpreise und ein Markt, an dem sich zeitweise kaum noch Käufer für Großobjekte fanden und es deshalb schwer wurde, an liquide Mittel zu kommen. Für offene Immobilienfonds, die ihre Anleger auf Wunsch nach einem Jahr auszahlen müssen, ein massives Risiko.

Die Entwicklung am Markt war auch dem Uni Immo Wohnen ZBI vor knapp einem Jahr zum Verhängnis geworden: Ohne Vorwarnung wertete der Fonds um knapp 17 Prozent ab, weil seine Immobilien nicht mehr so wertvoll schienen wie einst veranschlagt. Die Anleger verloren insgesamt fast 800 Millionen Euro. Und das bei einer Geldanlage, die bis dahin als wenig riskant und geeignet für konservative Kunden vertrieben wurde.

Dass diese Einstufung grundsätzlich falsch war und gegen die EU-Vorgaben für den Vertrieb von Finanzprodukten verstieß, hatte im Februar bereits das Landgericht Nürnberg-Fürth in erster Instanz entschieden (Az. 4 HK 5879/24). Die Risikoeinstufung des Uni Immo Wohnen ZBI „entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben“, hielten die Richter fest.

Und das könnte nach Einschätzung von Experten nicht nur für diesen Fonds gelten: In einem Gutachten im Auftrag des bankenkritischen Vereins Finanzwende kam etwa der Fondsanalyst Stefan Loipfinger im vergangenen November zu einem vernichtenden Urteil. Demnach hätten Banken und Sparkassen ihre Kunden bei den größten offenen Immobilienfonds systematisch falsch beraten. Die Fonds seien fälschlicherweise mit einer „Sicherheitsillusion“ verkauft worden, die Risikoeinstufung könne sogar als „Umgehung der EU-Vorschriften“ gewertet werden. Teilen Gerichte diese Einschätzung, könnte das Urteil aus Stuttgart nur der Anfang gewesen sein.

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