Geldanlage:Offene Immobilienfonds wissen nicht, wohin mit dem Geld

Lesezeit: 3 min

Immobilienfonds finden derzeit gar nicht genug Gebäude, um das viele Geld anzulegen. Im Bild: Ein Gebäudekomplex am Münchner Arabellapark. (Foto: Robert Haas)
  • Wegen der niedrigen Sparzinsen sind offene Immobilienfonds bei Anlegern derzeit sehr beliebt - sie legen so viel darin an wie seit Jahren nicht mehr.
  • Für die Fonds wird es immer schwieriger, das viele Geld anzulegen. Die ersten Banken nehmen deshalb keine neuen Einzahlungen mehr an.

Von Benedikt Müller

Wer gerne in Immobilien investieren will, sich aber kein ganzes Haus leisten kann, dem bleibt eine Alternative: der offene Immobilienfonds. Der sammelt das Geld vieler Sparer und kauft davon Bürohäuser, Einkaufszentren oder Hotelgebäude. Wenn die Mieten steigen und die Gebäude an Wert gewinnen, profitiert der Anleger. Denn dann wird auch sein Fonds-Anteil wertvoller. Nach den Beben der Finanzkrise von 2008 funktioniert das wieder: Offene Immobilienfonds werfen zwei bis drei Prozent Rendite pro Jahr ab. Da gleichzeitig Sparzinsen gen null gehen und Aktienkurse stark schwanken, werden die Fonds bei Anlegern wieder beliebter.

Alleine im ersten Quartal 2016 haben Sparer in Deutschland 2,3 Milliarden Euro neu in offene Immobilienfonds angelegt, so viel wie seit sechs Jahren nicht mehr, berichtet der Bundesverband Investment und Asset Management.

Doch für die Fonds wird es schwieriger, das viele Geld anzulegen. Denn in Zeiten niedriger Zinsen konkurrieren Investoren weltweit um Immobilien in guten Lagen. Kaufpreise steigen vielerorts schneller als Mieten. Für Investoren bedeutet das: Die Renditen gehen zurück. "Die Fondsmanager wissen derzeit einfach nicht, wohin mit all dem Geld", sagt Sonja Knorr von der Ratingagentur Scope. Finden sie keine Kaufobjekte, dürfen sie das Geld zwar zum Teil in Tagesgeld oder sichere Anleihen anlegen. Doch dabei können sie Negativzinsen kaum entgehen.

Finanzberatung
:Worauf Sie beim nächsten Gespräch mit Ihrem Bankberater achten sollten

Sparern werden häufig Produkte verkauft, die nicht zu ihren Wünschen passen. Verhindern können das nur die Kunden selbst.

Von Benedikt Müller

Immer mehr offene Immobilienfonds lehnen neue Einmal-Anlagen ab

Erste Anbieter haben deshalb einen "Cash-Stopp" verhängt. Bei der Volksbank können Kunden ihr Erspartes zurzeit nicht in Immobilienfonds anlegen. Denn das Fondshaus Union Investment nimmt "bis auf Weiteres" keine Einmal-Anlagen mehr an. Wann die Immobilienfonds wieder öffnen, ist unklar. "Das Geld muss erst mal wieder angelegt werden", heißt es. Nur wer einen Sparplan abgeschlossen hat, also jeden Monat einen kleinen Betrag in einen Immobilienfonds einzahlt, darf bei Union Investment noch einzahlen.

Ob man bei der Sparkasse in einen offenen Immobilienfonds einsteigen kann, kommt darauf an, in welcher Filiale man fragt. Das Fondshaus Deka vergibt Jahr für Jahr Kontingente, welche regionale Sparkasse wie viele neue Fonds-Anteile verkaufen darf. Bei Immobilienfonds sei man noch nicht komplett ausverkauft, heißt es bei Deka. Man werde die Nachfrage in diesem Jahr aber nicht komplett befriedigen können.

Verbraucherschützer empfehlen offene Immobilienfonds als zusätzliche Investition, wenn man bereits Anleihen- oder Aktienanlagen besitzt. "Sie sind weder eine hochriskante noch eine sehr sichere Geldanlage", sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Zwar schwanken Immobilienpreise stets. Ein Fonds streut das Risiko aber breiter als es beim Kauf einer einzelnen Immobilie der Fall ist. Sie kann schnell an Wert verlieren, wenn etwa in der Nähe ein Flughafen ausgebaut wird oder lokale Arbeitgeber eine Krise erleben. "Man sollte aber nicht nur in einen, sondern in mehrere verschiedene offene Immobilienfonds anlegen", rät Nauhauser. Dabei sollten Anleger auf möglichst niedrige Gebühren und ein möglichst großes Fonds-Volumen achten. Denn je mehr verschiedene Objekte im Portfolio liegen, desto unwahrscheinlicher ist, dass alle gleichzeitig an Wert verlieren.

Während Deka und Union Investment kein neues Geld annehmen, berichtet die Commerzbank, Anleger investierten "massiv" in ihren Hausinvest-Fonds. Alleine in den ersten vier Monaten dieses Jahres habe der Fonds so viel neues Geld angenommen wie im ganzen Jahr 2015. Ein Vertriebsstopp sei nicht geplant, schließlich könne der Fonds auch in den Ausbau bestehender Immobilien investieren. Bei der Deutschen Bank sollen die beiden großen Immobilienfonds Grundbesitz Europa und Grundbesitz Global ebenfalls für neue Anlagen geöffnet bleiben.

Analystin Knorr beobachtet, dass immer mehr Fonds Immobilien kaufen, die noch nicht fertiggebaut sind, erst noch modernisiert werden müssen oder abseits der Zentren liegen. Dabei kann aber viel mehr schiefgehen, als wenn man ein bereits vermietetes Objekt in guter Lage kauft. "Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass Fonds Zuflüsse stoppen, statt ständig wachsende Risiken einzugehen", sagt Knorr.

Die traditionelle Schwäche offener Immobilienfonds liegt allerdings woanders: Wenn zu viele Anleger gleichzeitig ihr Geld abziehen wollen, muss der Fonds schnell Immobilien verkaufen - das geht selten zum besten Preis. So geschah es während der Finanzkrise im Jahr 2008. Viele Fonds mussten abgewickelt werden; Anleger warten zum Teil bis heute auf ihr Geld.

2013 hat der Gesetzgeber reagiert. Wer seitdem einen Fonds-Anteil gekauft hat, muss ihn mindestens zwei Jahre halten. Zudem müssen Anleger, die ihren Anteil kündigen wollen, dies ein Jahr vorher ankündigen. "Dennoch ist die Gefahr eines Ausverkaufs nicht gebannt, wenn die Stimmung eines Tages kippt", sagt Knorr. Denn der Großteil der heutigen Anleger habe seinen Anteil vor der Neuregelung gekauft.

© SZ vom 18.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: