Immobilienfinanzierung:Das Häuschen wird teurer

Wohnhaus mit Thuja-Hecke, 2012

Immer noch der Traum vieler: ein Haus für die Familie.

(Foto: Johannes Simon)

Wer jetzt ein Darlehen will, muss etwas mehr bezahlen. Die Konditionen sind aber immer noch gut. Die Geldinstitute drängen ihre Kunden zu hohen Tilgungsraten - nicht ganz uneigennützig.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Seit im April die deutschen Staatsanleihen überraschend eingebrochen sind, kursieren unter Volkswirten und Kapitalmarktexperten Erklärungen, was den kleinen Crash ausgelöst hat. Eines ist inzwischen aber klar: Der Kursrutsch hat handfeste Auswirkungen auf Häuslebauer. Denn: Wer gerade eine Immobilie finanzieren will, muss für seinen Kredit nun plötzlich deutlich mehr bezahlen als noch vor wenigen Wochen.

Da mit dem Kursrutsch die Zinsen auf Staatsanleihen stiegen, endete vorerst auch die monatelange Talfahrt der Immobilienzinsen. Kreditnehmer, die Mitte April ein Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit abgeschlossen haben, mussten bei entsprechend hohem Eigenkapitaleinsatz nur 0,8 Prozent Zinsen pro Jahr zahlen, Ende vergangener Woche waren es plötzlich gut 1,3 Prozent - ein Anstieg von mehr als 50 Prozent. Bei einem Kredit von 150 000 Euro verteuert sich die monatliche Zinsbelastung damit immerhin von 100 auf gut 160 Euro.

Trotz der Mini-Zinsen verdienen die Banken erstaunlich viel am Immobilienkredit

Der Hintergrund: Die Zinsen für Immobilienkredite orientieren sich stets an jenen von Pfandbriefen, welche die Banken begeben, um ihre Darlehen zu refinanzieren. Verteuern sich diese, erhöhen die Banken im Gleichschritt auch die Zinsen für Immobilienkredite. Und Pfandbriefe wiederum folgen in der Regel dem Kursverlauf von Bundesanleihen.

Häuslebauer, die das Tief im April verpasst haben, sollten sich jedoch nicht grämen. Denn trotz des Zinsanstiegs bleiben die Finanzierungsbedingungen für Wohneigentum in Deutschland gut, zumindest, wenn man seine Immobilie nicht überteuert kauft. Denn vor etwa zehn Jahren mussten Immobilienkäufer noch Zinssätze von mehr als vier Prozent bezahlen. Wie sich die Zinsen weiter entwickeln, kann naturgemäß niemand wissen. Die meisten Beobachter rechnen allerdings damit, dass sie erst wieder deutlich steigen, wenn sich die Konjunktur stabilisiert und die Inflation anzieht.

Bis dahin werden die immer noch vergleichsweise niedrigen Zinsen den Trend zum Eigenheim wohl weiter befeuern. In den Bankbilanzen jedenfalls hat dieser schon deutlich sichtbare Spuren hinterlassen. Wie die Finanzierungsberatung Barkow Consulting auf Basis bundesdeutscher Banken für die Süddeutsche Zeitung ausgewertet hat, haben die deutschen Banken derzeit so viele Häuslebauerkredite ausstehen wie seit 2003 nicht mehr. Insgesamt sind es gut eine Billion Euro, vor mehr als zehn Jahren waren es nur 900 Milliarden Euro. Während dieses Geschäft in den vergangenen Jahren aber nur langsam wuchs, legte es zuletzt immerhin um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu - das sind Wachstumsraten, wie sie die Institute seit der Vorkrisenzeit nicht mehr gesehen haben.

Bemerkenswert zudem: Trotz der Mini-Zinsen verdienen die Banken noch erstaunlich gut am Immobilienkredit. Von einer "gigantischen Sonderkonjunktur" sprach vergangene Woche Theodor Weimer, Chef der Unicredit-Tochter Hypo-Vereinsbank. Im ersten Quartal 2015 habe das Geschäft mit der Baufinanzierung regelrecht "gebrummt", die Abschlüsse seien 150 Prozent über Plan gelegen. Barkow Consulting schätzt, dass die deutschen Banken im vergangenen Jahr grob gesagt allein 8,3 Milliarden Euro Nettozinsertrag mit Krediten an Hausbauer erwirtschaftet haben und damit etwa zwölf Prozent ihrer gesamten Nettozinserträge. Der Analyse zufolge stieg zudem die Marge, die Deutschlands Banken mit Immobilienkrediten verdienen, seit Herbst 2013 kontinuierlich an. Mit durchschnittlich 1,25 Prozentpunkten liegt diese Marge für neu ausgereichte Kredite jetzt erstmals seit langem wieder über dem Vorkrisenniveau von 2003. Dabei geht es um das, was die Banken auf ihre eigenen - derzeit sehr niedrigen -Refinanzierungskosten draufschlagen. Davon abgezogen werden zwar noch ein Risikopuffer für mögliche Ausfälle sowie die Kosten des operativen Geschäfts, aber unter dem Strich bleibt noch einiges hängen. "Die Zinsen sind gefallen, aber die Banken haben das nicht komplett weitergegeben", sagt Peter Barkow, Gründer der gleichnamigen Beratungsgesellschaft.

Das ist auch insofern erstaunlich, als dass der Markt für Immobiliendarlehen hart umkämpft ist, spätestens seit die Kunden mit Hilfe von Vermittlungsplattformen wie Interhyp und Dr. Klein & Co die Konditionen leichter vergleichen und die Banken gegeneinander ausspielen können. Aber noch vermitteln diese Anbieter nur rund 13 Prozent aller neu vergebenen Kredite, wie Barkow schätzt. Dies könnte damit zusammenhängen, dass viele Kunden bei einer Anschlussfinanzierung den Bankwechsel scheuen und die Konditionen ihrer Hausbank akzeptieren.

Daher können es sich die Banken inzwischen auch leisten, die Kunden zu einer hohen Tilgungsrate ihrer Darlehen zu drängen. Vordergründig entgeht den Banken dadurch zwar Zinsertrag, weil die Kunden den Kredit mit einer hohen Tilgungsrate schneller abbezahlen. Und womöglich springt auch der ein oder andere Kunde ab, der es auf eine niedrige monatliche Belastung abgesehen hat. Aber: Auf diese Weise schützen die Banken sich und die Kreditnehmer vor dem Risiko, dass sie nach Ablauf der Zinsbindungsfrist noch einen Großteil des Kredites abbezahlen müssen. Sollten dann die Zinsen doch deutlich gestiegen sein, kann das plötzlich zu einer großen Belastung werden.

So erwarten zumindest die Sparkassen nach Aussage ihres Dachverbandes, dass Hausbauer ihren Immobilienkredit in Zeiten niedriger Zinsen höher tilgen, nicht mehr nur mit einem Prozent, sondern standardgemäß mit zwei bis drei Prozent pro Jahr. "Wir wollen damit sicherstellen, dass die Kreditbelastung für unsere Kunden auch nach Ablauf der Zinsbindung tragbar bleibt, sollten die Zinsen dann deutlich höher sein", sagte unlängst DSGV-Präsident Georg Fahrenschon. Auch die Berater von Dr. Klein & Co empfehlen "den Kunden derzeit eine möglichst hohe Tilgung, um das Zinsänderungsrisiko nach Ablauf der Zinsbindung zu begrenzen".

Denn eines bleibt wohl sicher: Irgendwann kommt sie, die große Zinswende, die Frage ist nur, wann.

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