Preisblasen:Wirtschaftsforscher warnen vor überteuerten Immobilien

Immobilien: Hochhaus in München

Für Deutschland zeichnen die Forscher kein einheitliches Bild: Preisübertreibungen bei Immobilien gebe es in einigen großen Städten (im Bild: ein Neubaugebiet im Münchner Westend).

(Foto: Johannes Simon)
  • Immer wieder haben zuletzt Experten vor Preisblasen am Immobilienmarkt gewarnt - jetzt legt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung nach.
  • Anzeichen für "spekulative Überbewertungen" sieht das Institut vor allem in den Metropolen.

Von Thomas Öchsner

Die Kaufpreise für Wohnungen steigen und steigen, seit 2009 ist das so. Zugleich werden die Mieten immer teurer, vor allem in den Städten. Doch wie lange hält dieser Trend noch an? Wann geht die Party für Immobilien-Investoren zu Ende? Die Bundesbank hat erst im Februar in ihrem Monatsbericht gewarnt: "In den Städten liegen die Preise von Wohneigentum weiterhin deutlich über dem Niveau, das durch die längerfristigen wirtschaftlichen und demografischen Einflussfaktoren gerechtfertigt erscheint." Sie spricht von "Preisübertreibungen". In den Großstädten seien Wohnimmobilien bereits um bis zu 35 Prozent überteuert.

Die Debatte um eine solche Preisblase schwelt schon seit längerem. Das Analysehaus Empirica hatte sogar vor einem "Rückgang der Kaufpreise insbesondere in München und Berlin und möglicherweise in Stuttgart um real ein Viertel bis ein Drittel" gewarnt. Nun legt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nach. "Anzeichen für spekulative Überbewertungen gibt es auch in Deutschland, allerdings in erster Linie in den Metropolen", heißt es in einer Studie des DIW, die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird. Die Gefahr einer landesweiten Immobilienblase sei jedoch "wegen der deutlich niedrigeren Verschuldung der Privathaushalte hierzulande geringer einzustufen".

Daten aus 20 Ländern wurden ausgewertet

Forscher haben verschiedene Möglichkeiten, um herauszufinden, ob sich die Preise für Wohnimmobilien von der allgemeinen Preis- und wirtschaftlichen Entwicklung im Land abgekoppelt haben. Dazu zählt vor allem, wie das Verhältnis von Mieten und Preisen ist. Steigt die Zahl der Jahresmieten, die ein Investor für einen Kaufpreis aufbringen muss, sehr stark, kann das darauf hindeuten, dass sich eine "Blase" gebildet hat. Die Investoren zahlen immer höhere Preise, weil sie erwarten, dass diese weiter steigen, ohne dass sich an den sonstigen Rahmenbedingungen etwas geändert hätte. Erfüllt sich ihre Erwartung nicht, platzt die Spekulationsblase. Ob es eine Blase gibt, hängt aber auch von den "Zutaten" ab, wie der Entwicklung der Zinsen, der Frage, wie hoch Privathaushalte und der Staat verschuldet, wie stark Bevölkerung und Wirtschaft gewachsen sind und wie die Preise zugelegt haben.

Zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise, die ihren Ursprung auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt hatte, hat das DIW nun die Daten von 20 Ländern im Staatenbund OECD ausgewertet. Das Ergebnis: In acht Ländern sieht das Institut Anzeichen für eine Spekulationsblase. Dazu zählen die USA, Schweden, Großbritannien, Australien, Belgien, Portugal, Italien und Deutschland.

Für Deutschland ergibt sich aber kein einheitliches Bild: "Symptome spekulativer Übertreibungen" sehen die DIW-Forscher vor allem bei mehrstöckigen Wohnungsneubauten in den sieben größten Städten Deutschlands, also in Berlin, München, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart, Hamburg und Köln. "Mit Blick auf die bundesweite Entwicklung ist die Lage jedoch entspannter. Gegen eine landesweite spekulative Entwicklung spricht vor allem, dass die Verschuldung der Haushalte in Deutschland noch relativ gering ist", sagt der DIW-Immobilienexperte und Mitautor der Studie, Claus Michelsen.

In Deutschland, so heißt es in der Studie, spreche vieles für eine "solide Finanzierung" von Wohnimmobilien. Darauf hatte ebenfalls die Bundesbank hingewiesen. Weder sei die Vergabe von Baukrediten gefährlich schnell gestiegen. Noch gebe es Hinweise, dass die Banken leichtfertig Darlehen an Kunden herausgeben, deren Bonität für einen Baukredit nicht reicht.

DIW-Forscher Michelsen hält es jedoch für möglich, dass in einem der anderen Länder eine Immobilien-Preisblase wie vor zehn Jahren in den USA erneut zu einer weltweiten Krise führt. "Die Gefahr ist real, denn die Regulierung der Finanzmärkte ist nicht so weit vorangeschritten, wie man sich das wünschen würde und wie man es sich nach der großen Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008 gegenseitig versprochen hat", sagt er. Das Bewusstsein für die Gefahren sei aber deutlich größer geworden. Michelsen rechnet deshalb damit, "dass man beim nächsten Mal wahrscheinlich sehr viel früher reagieren würde als 2007 und 2008, als es eigentlich schon zu spät war."

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