Immobilienbranche:Ihnen blüht was

Vonovia Bilanz

Eine aufgemalte Wiese ist besser als nackter Beton, aber eben doch keine echte Wiese.

(Foto: Ina Fassbender/dpa)

Deutschlands größter Vermieter Vonovia entdeckt den Schrebergarten - als zusätzliches Geschäft.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Als Beate Wohlgemuth im Juni zurück in ihre Heimatstadt Essen zog, wollte sie unbedingt eine Wohnung mit Garten. "Das ist ein Stück Freiheit, gerade in diesen Zeiten", erzählt die Hundebesitzerin. Deutschlands größten Vermieter Vonovia hatte Wohlgemuth dabei eigentlich nicht auf dem Zettel. Die frühere Deutsche Annington besitzt zwar Tausende Mietshäuser mit gemeinschaftlichen Grünflächen vor dem Haus und - vielerorts nachgerüsteten - Balkonen. Doch für private Schrebergärten ist der Dax-Konzern nun wirklich nicht bekannt. Bislang zumindest nicht.

Doch das soll sich ändern. "Schon vor der Corona-Krise hatten wir einige Mietergärten in unserem Bestand", sagt Vonovia-Chef Rolf Buch. Mittlerweile zählt der Konzern etwa 125 abgetrennte Rasenflächen samt Gartenzaun und Törchen, die an Erdgeschoss-Wohnungen anschließen oder gerade dort entstehen. "Wir möchten dieses Angebot nun gerne ausweiten", sagt Buch. "Auch, weil die Nachfrage nach Gärten und Balkonen während der Corona-Pandemie gestiegen ist." Das überrascht nicht in Zeiten dauernder Reisewarnungen, Ansteckungen in Innenräumen oder gar Ausgangsbeschränkungen.

Ein Hinweis in der Annonce machte Beate Wohlgemuth auf das neue Angebot aufmerksam. Also ließ sich die Essenerin 90 Quadratmeter vor ihrer Parterrewohnung einzäunen, mit Hainbuchen verkleiden, Rollrasen verlegen. Dafür schlägt Vonovia 85 Euro auf die Monatsmiete auf. In Wohlgemuths Siedlung am Nordrand der Ruhr-Metropole haben sich gleich mehrere Erdgeschoss-Mieter für das Upgrade entschieden.

Hinter der Gartenhecke lauert also durchaus kaufmännisches Kalkül: Vonovia erschließt sich zusätzliche Interessenten, die man bislang nicht erreicht hätte. Und der Konzern generiert aus Grünflächen, die er bislang mühsam für alle beackerte, nun zusätzliche Einnahmen. Ganz schön ausgeheckt.

Nicht zufällig begann der Konzern damit im Ruhrgebiet

Freilich kennt die Schreber-Offensive Grenzen. "Wir können Mietergärten nur anbieten, wenn noch genug Grünfläche für andere Mieter vorhanden ist", sagt Vorstandschef Buch. Auch Flächen, auf denen Vonovia noch anbauen oder ein zusätzliches Mietshaus bauen könnte, kommen nicht für Gärten infrage. "Wir schauen also von Quartier zu Quartier, was möglich ist", so der 55-Jährige.

Vonovia will nun in ganz Deutschland den Bedarf eruieren. Gerade in Regionen mit ausgeprägter "Schrebergarten-Kultur" dürfte das Angebot gut ankommen, vermutet der Konzern, daher hat er im Ruhrgebiet begonnen, den Rasen auszurollen. "Wir beschäftigen uns auch mit Schrebergärten in großen Anlagen, die nicht direkt am Haus liegen", teilt Vonovia mit, "sondern dann auf großen Freiflachen des Quartieres."

Der Konzern vermietet gut 410 000 Wohnungen in hiesigen Ballungsräumen sowie neuerdings auch in Schweden und Österreich. Er stößt vielerorts auf Kritik, da er Mieten regelmäßig erhöht, wo es Gesetze und die Nachfrage erlauben. Zudem versucht Vonovia, den Mietern allerlei Zusatzleistungen anzubieten: von Carsharing über Sicherheitstechnik bis zum barrierefreien Bad. Und neuerdings wird im Konzern auch noch gegärtnert.

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