Immobilien:Vonovia sammelt eine Milliarde ein

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Vonovia-Siedlung in München: Der Immobilienkonzern steigt bald in Europas führenden Aktienindex auf. Die Corona-Krise setzt ihm kaum zu. (Foto: Catherina Hess)

Deutschlands Großvermieter ist an der Börse so wertvoll wie nie. Das nutzt er nun aus.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Deutschlands größter Vermieter Vonovia hat über Nacht etwa eine Milliarde Euro am Kapitalmarkt eingesammelt. Der Konzern habe neue Aktien ausgegeben, um bald fällige Schulden zurückzuzahlen, teilte Vonovia mit. Was dann noch übrig bleibt, "soll für künftige Wachstumschancen verwendet werden". Das Bochumer Unternehmen besitzt etwa 415 000 Mietwohnungen, vor allem in Ballungsräumen in Deutschland, und hat in den vergangenen Jahren dank mehrerer Übernahmen stark expandiert. Für Investoren mag die Aussicht auf weitere "Wachstumschancen" zwar verheißungsvoll klingen. Doch bringen Kapitalerhöhungen mit sich, dass sich bestehende Aktionäre die Werte und Gewinnausschüttungen künftig mit mehr Anteilseignern teilen müssen. Das ist zunächst keine gute Nachricht; Vonovia-Aktien schlossen am Freitag 6,4 Prozent im Minus.

Allerdings hat der Immobilienkonzern den Zeitpunkt geschickt gewählt. Eine Vonovia-Aktie war in dieser Woche erstmals mehr als 62 Euro wert. Zum Vergleich: Als die Firma 2013 an die Börse ging, damals noch unter dem Namen Deutsche Annington, kostete ein Anteilsschein gerade mal gut 17 Euro. Die Bochumer sind an der Börse derart erfolgreich, dass sie Mitte dieses Monats in den Euro Stoxx 50 aufsteigen werden, den Index der wertvollsten börsennotierten Konzerne Europas. Derlei Mitgliedschaften kommen Unternehmen grundsätzlich zugute, weil Anleger immer mehr Geld in Fonds investieren, die Indizes wie den Euro Stoxx nachbilden. Solche Fonds werden bald Vonovia-Aktien kaufen müssen.

Der Großvermieter profitiert seit Jahren von mehreren Trends: Seitdem viele, vor allem junge Menschen, aus dem In- und Ausland in hiesige Städte gezogen sind, stehen dort kaum noch Wohnungen leer. Vonovia kann Mieten vielerorts erhöhen, etwa wenn der Konzern Häuser modernisiert. Seine Immobilien haben mehrere Milliarden Euro an Wert gewonnen - nicht zuletzt dank der niedrigen Zinsen, die andere Geldanlagen weniger attraktiv erscheinen lassen. Und Vonovia nutzt die günstigen Konditionen, um Konkurrenten zu übernehmen, zuletzt etwa den schwedischen Großvermieter Hembla.

Dieser Aufstieg ruft zwar auch Kritik von Mietervereinen und Politikern hervor. Allerdings profitiert der Konzern davon, dass er in vielen Bundesländern mit unterschiedlicher Regulierung Wohnungen besitzt - neuerdings zudem in Staaten wie Schweden oder Österreich. In der ersten Hälfte dieses Jahres lagen Mieteinnahmen und Betriebsgewinn jeweils elf Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Die Folgen der Corona-Pandemie treffen Wohnungsunternehmen - anders als viele andere Firmen - kaum. Dies lässt die Aktien von Konzernen wie Vonovia zusätzlich attraktiv erscheinen.

© SZ vom 05.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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