Eigentlich wollten sie sich bei Vonovia ja Zeit lassen. 18 Monate sollte das 250-Millionen-Euro-Darlehen laufen, erst dann wollte man beim Dax-Konzern entscheiden, wie man weitermacht mit dem deutlich kleineren und schwer angeschlagenen Rivalen Adler. Nun aber geht alles doch viel schneller: Vonovia übernimmt 20,5 Prozent an der Adler Group vom bisher größten Aktionär, der Investmentgesellschaft Aggregate des österreichischen Investors Günther Walcher. Das teilte der Konzern am Dienstag noch vor Börsenstart mit. Hintergrund sei, dass Aggregate eine vereinbarte Sicherheit in bar nicht gezahlt habe.
Noch muss das Kartellamt das Geschäft genehmigen - gibt es grünes Licht, steigt Vonovia schlagartig zum größten Anteilseigner des S-Dax-Konzerns mit zuletzt etwa 40 000 Wohnungen auf. Die Adler-Aktie reagierte darauf am Dienstagmorgen mit einem Kurssprung: In einem durch die Ukraine-Krise belasteten Umfeld legte sie um mehr als 5,5 Prozent zu. Bis zum Nachmittag baute sie das Plus sogar auf mehr als elf Prozent aus. Auch die Vonovia-Aktie verteuerte sich gegen den Trend leicht.
Und es ist gut möglich, dass mit dem 20-Prozent-Anteil noch nicht Schluss ist. Bereits kurz nachdem Vonovia das Darlehen gewährt hatte, war Konzernchef Rolf Buch deutlich geworden: "Wir werden nicht nur ein paar Adler-Aktien kaufen", sagte er Anfang November vor Analysten. "Wenn wir die Option ziehen, werden wir versuchen, Adler unter Kontrolle zu bringen." Es wäre, nach der Übernahme der Deutschen Wohnen, der zweite große Zukauf binnen weniger Monate für Vonovia. Am Dienstag hieß es allerdings nur, Vonovia behalte sich sämtliche Handlungsoptionen vor, "einschließlich eines vollständigen oder teilweisen Verkaufs der Aktien".
Schwere Vorwürfe gegen Adler
Wie es nun weitergeht, dürfte auch davon abhängen, was zwei laufende Untersuchungen bei Adler ergeben: eine durch die Finanzaufsicht Bafin, die andere durch die Wirtschaftsprüfer von KPMG. Adler steht heftig unter Druck, seit im Herbst der berüchtigte Shortseller und Spekulant Fraser Perring schwere Vorwürfe gegen das Unternehmen erhoben hatte: Das Management von Adler, so sein Vorwurf, habe die Bilanz des verschachtelten Konzerns aufgebläht, außerdem sei im Schutz des unübersichtlichen Konstrukts Geld aus übernommenen Firmen abgezogen worden. Adler widersprach heftig und beauftragte KPMG mit einer externen Prüfung. Wann die beendet sein wird, ist allerdings unklar. Zuletzt hatte Adler deshalb bereits vorsorglich die für Ende März geplante Vorlage der Jahresbilanz auf unbestimmte Zeit verschoben - und damit die Aktie auf ein Rekordtief einbrechen lassen.
Sobald der Bericht fertig sei, werde man die Ergebnisse "selbstverständlich" auch veröffentlichen, hatte der neue Adler-Verwaltungsratschef Stefan Kirsten vergangene Woche angekündigt. Wie sich er und sein neuer Großaktionär verstehen, dürfte nun interessant werden. Man kennt sich schließlich: Kirsten, 61, war lange Jahre Finanzvorstand unter Buch und formte mit ihm aus der damaligen Deutschen Annington den Dax-Konzern Vonovia. 2018 schied Kirsten dann aus, auf eigenen Wunsch, wie es damals hieß. Später machten allerdings auch Berichte die Runde, wonach das Verhältnis zwischen beiden schwierig war: Buch habe Kirsten hinausgedrängt, hieß es, er sei zu selbstbewusst geworden.