Immobilien:In Berlin haben es Mieter noch schwerer als in München

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Selbst in vielen Teilen Berlins heißt es inzwischen: Hier können nur noch Besserverdiener leben. (Foto: Bildgehege/imago images)

Für Normalverdiener wird der Wohnungsmarkt in den Großstädten immer ungemütlicher, zeigt eine neue Auswertung. Wo die Preise besonders hoch sind - und wo es Mieter leichter haben.

Von Stephan Radomsky

Kaufen oder mieten? Für viele ist das höchstens noch eine rhetorische Frage, ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung sind gerade in den großen Städten und ihrem Umland meist längst zu teuer. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für neue Eigentumswohnungen in München zum Beispiel sei von 9950 auf nun 11 100 Euro gestiegen, meldete jüngst der Immobilienverband Süd - und das allein innerhalb der vergangenen sechs Monate.

Bleibt meist also nur mieten.

Nur sieht es da auch nicht viel besser aus, wie eine neue Auswertung des Makler-Portals Homeday für kleinere und größere Miet- sowie Eigentumswohnungen zeigt. Dafür wurden nicht nur die Angebotspreise in einzelnen Städten und Stadtteilen verglichen, sie wurden auch ins Verhältnis zum Einkommen gesetzt. Zugrunde gelegt wurde dafür das jeweilige Median-Einkommen vor Ort, also der Wert, der genau in der Mitte liegt, wenn alle Einkommen in der Stadt der Höhe nach geordnet werden. Durch diese Betrachtung wirken Ausreißer nach oben wie nach unten weniger verzerrend.

Das Ergebnis ist, zumindest auf dem Mietmarkt, durchaus überraschend: Von den zehn am wenigsten erschwinglichen Stadtteilen für Familien auf Mietwohnungssuche liegen sieben in Berlin, nur zwei in München und einer in Hamburg. Der Grund: In der Hauptstadt liegt das monatliche Nettoeinkommen einer Familie mit zwei Median-Verdienern mit 4377 Euro fast 1000 Euro niedriger als in München. Egal ob in gefragten Berliner Gegenden wie Mitte, Prenzlauer Berg und Kreuzberg, oder in eher ruhigen Vierteln wie Wilmersdorf und dem Westend: Überall seien für die Median-Familie die angebotenen Mietwohnungen nicht erschwinglich. Wenige Tage vor dem Volksentscheid über die Enteignung von Großvermietern in der Stadt ist das ein Befund mit Brisanz.

Was aber nicht heißt, dass es in München, Hamburg, Frankfurt oder Stuttgart gemütlich wäre für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen. Auch zwischen Hafencity und Haidhausen, Ottensen und Obergiesing sind bei der Median-Familie oft 40 Prozent und mehr vom Monats-Netto für die Kaltmiete fällig, ergeben die Daten. Und bei Singles werden ebenfalls Werte von deutlich über 50 Prozent erreicht. Als wirtschaftlich vernünftig gelten aber höchstens 30 Prozent, ein Wert, der in der Liste erst ab Platz 77 unterschritten wird. Dort finden sich unter anderem Stadtteile von Köln und Düsseldorf sowie Randbezirke von Hamburg.

Wirklich günstig wird es aber erst woanders. Für deutlich weniger als 20 Prozent des lokalen Median-Einkommens können sowohl Singles wie auch Familien eher im Osten oder im Ruhrgebiet mieten, zum Beispiel in Leipzig, Magdeburg und Chemnitz oder in Dortmund, Essen und Duisburg.

Das Geschäft mit Wohnraum läuft wie noch nie

Freilich kann auch diese Auswertung nicht das gesamte Bild zeigen. So wurden für den Vergleich die Angebote auf Immobilienportalen im Internet im zweiten Quartal betrachtet, für Familien beispielsweise für Mietwohnungen zwischen 48 und 143 Quadratmetern. Dabei reichte es, wenn pro Stadtteil im Untersuchungszeitraum mindestens fünf verschiedene, auswertbare Inserate auftauchten. Insgesamt flossen so nach Angaben der Autoren rund 30 000 Annoncen in den Vergleich ein. Was damit nicht auftaucht, sind etwa Wohnungen, die direkt einen Nachmieter finden oder von Genossenschaften an ihre Mitglieder vergeben werden, oft zu deutlich günstigeren Preisen als auf dem freien Markt. Dennoch fügt sich das Ergebnis in einen Trend: Corona hat das Wohnen nicht billiger gemacht - im Gegenteil.

So habe die Pandemie die Steigerung bei Neumieten in Groß- und Mittelstädten zwar leicht gedämpft, ergab eine Untersuchung von Immobilienökonomen der Universität Regensburg im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Dafür aber seien die Angebotspreise in ländlicheren Regionen zusätzlich nach oben gegangen - auch weil viele Menschen in Zeiten von Lockdown und Home-Office aus den Städten fortzogen. Bundesweit stiegen die Angebotsmieten demnach immer noch um fünf Prozent, so die Forscher, weshalb die Mieter-Haushalte einen immer größeren Teil ihres Budgets fürs Wohnen aufbringen müssten.

Und ein Ende der Entwicklung ist nicht in Sicht - denn das Geschäft mit Wohnraum läuft wie noch nie. So werden im laufenden Jahr wohl Häuser und Wohnungen für fast 238 Milliarden Euro verkauft und gekauft werden, erwartet das Hamburger Gewos-Instituts. Das wären 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei werde die Zahl der Transaktionen aber nur leicht steigen, um voraussichtlich 1,4 Prozent. Für Menschen auf Wohnungssuche bedeutet das vor allem, dass es noch teurer wird - beim Kauf und in der Folge wohl auch zur Miete.

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